28.01.2010, 11:45 Uhr

Apples iPad und die Handschrifterkennung

Mit dem iPad will Apple dem seit Jahren lahmenden Markt für Tablet-Computer auf die Sprünge helfen. Jedoch ist das Apple-Modell nicht 1:1 mit Windows-Tablets vergleichbar.
Das iPad ist da. Mit dem Tablet will Apple die Lücke zwischen Mobiltelefon und tragbarem Computer schliessen. Aus technischer Sicht ist das iPad aber nichts anderes als ein grosses iPhone - mit einem Handy-Betriebssystem, einem eigens entwickelten System-on-a-Chip-Prozessor und einer Mobilfunkoption. Bedient wird das Tablet über einen berührungsempfindlichen Bildschirm - wie das iPhone.
Das kapazitive Display besitzt ein elektrisches Feld, das sich verändert, wenn es von einem Finger unterbrochen wird. Apple und auch andere Hersteller nutzen diese Feldänderungen, um Benutzereingaben zu registrieren. Ein Stift oder Stylus, der bei anderen Telefonen und Windows-Tablets für die Eingabe verwendet wird, funktioniert auf kapazitiven Displays nicht. Damit besitzt das iPad eine technische Hürde, hätte Apple eine Handschrifterkennung auf dem Tablet realisieren wollen - denn niemand schreibt mit dem blossen Finger.
Computerworld-Kommentar:
Apple vergibt beim iPad die Chance, seine für den Handheld «Newton» entwickelte Handschrifterkennung wiederzubeleben. Die Technik nennt sich mittlerweile «Inkwell» oder schlicht «Ink» und ist seit einigen Jahren Bestandteil des Mac OS X. Mit der Implementierung in das Desktop-Betriebssystem hat Apple bewiesen, dass Ink auch auf anderen Geräten als dem Newton funktioniert. Der Aufwand für das iPad war aber offenbar zu hoch oder die Handschrifterkennungsfunktion nicht attraktiv genug für das Tablet. Stattdessen wird dem Benutzer ausschliesslich eine Bildschirmtastatur für die Texteingabe angeboten - auf einem Gerät, das ansonsten intuitiv bedienbar sein will.
Apples Ink-Funktion lässt sich also auch weiterhin nur mithilfe eines Grafiktabletts am Mac-Rechner nutzen. Die Technik unterstützt Gesten für die Computernavigation und kann laut Apple Worte in den Sprachen Deutsch, Englisch sowie Französisch als Text interpretieren. Das funktionierte schon auf dem Newton, eine Weiterentwicklung hat offenbar nicht stattgefunden. Mac-Benutzer mit Newton-Erfahrung berichten sogar, dass die PDA-Handschrifterkennung besser funktionierte als Ink heute. Der Grund dürfte aber die heute schlechtere Abstimmung zwischen den Hardware-Komponenten sein, waren doch der Stift und der Bildschirm des Newton ausschliesslich für die Handschrifteingabe konzipiert.
Tablets mit Handschrifterkennung
Die zweite Firma, die eine Handschrifterkennung entwickelt hat, ist Microsoft. Die Technik wurde zusammen mit Windows XP im Jahr 2001 vorgestellt - acht Jahre nach Apple. Microsoft entwickelte seine Handschrifterkennung seitdem kontinuierlich weiter. Sie ist seit Windows Vista fester Bestandteil des Betriebssystems und lernt selbständig während des Schreibens die individuellen Charakteristika einer Handschrift. Trotzdem funktioniert die Erkennung weiterhin Schreiber-unabhängig.
In Windows 7 addierte Microsoft nochmals 14 Sprachen mit lateinischen Buchstaben. Zuvor wurden acht lateinische und vier asiatische Schriften unterstützt. Zudem hat Microsoft die handschriftliche Eingabe von Formeln verbessert. Der Texterkennungsalgorithmus von Windows 7 schlägt dem Benutzer nun auch nach wenigen geschriebenen Buchstaben vor, welches Wort er wahrscheinlich schreiben will.
Der Entwicklungsaufwand für eine Handschrifterkennung ist immens, wenn man den Microsoft-Ingenieuren glauben darf. Da Apple eine solche Technik nicht einmal mehr vollkommen neu programmieren müsste, ist es unverständlich, warum das iPad nicht mit Handschrifterkennung aufgewertet wurde.

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