Entwicklerkonferenz mit Pixel Fold, Tablet und 7a-Handy
11.05.2023, 10:44 Uhr
Google I/O: alles auf Künstliche Intelligenz
Google hat auf seiner Entwicklerkonferenz, der Google I/O, einen Einblick auf anstehende Apps, KI-Entwicklungen, aber auch neue Hardwareprodukte gewährt. Computerworld nennt die wegweisenden Neuerungen für die Schweiz. Plus: unsere Einschätzungen mit Kommentar.
Wer im Vorfeld der Google I/O 2023, dem Event, das neben der «Pixel» im Oktober das ausschlaggebende Grossereignis ist, Zweifel hatte, dass der Suchmaschinen-Gigant die KI-Entwicklung verschläft hat, wurde eines Besseren belehrt. Die Konferenz stand klar im Zeichen von AI (Kürzel für Arteficial Intelligence, zu deutsch: Künstliche Intelligenz). Das machte ihr Chef, Sundar Pichai, in seinen Eröffnungsworten, bereits wenige Sekunden nach Beginn der Konferenz klar. Konkret: Google will sich ein AI-Universum schaffen, und eine neue Ära einläuten. Damit dieses Unterfangen gelingt, werden ausnahmslos alle (!) Softwaredienste, Applikationen und entsprechende Hardware, die das Ganze trägt, mit AI verzahnt – oder sind es sogar bereits. Hier kann Google, das hat die Konferenz gezeigt, aus dem Vollen schöpfen. Der Reihe nach.
«AI»: wie ein Roter Faden
Google selbst sieht AI als «Riesenchance den Lebensstandard des gesamten Planeten zu verbessern», so Pichai. Und der CEO weiter: «Google habe die optimalen Werkzeuge, um dies auch schnell umzusetzen.» Konkret: Der E-Mail-Dienst «Gmail» bekommt mit der «Help-me-write» eine Funktion, mit der sich Antworten automatisch generieren lassen. «Maps» soll, und das ist ebenso für die Schweiz geplant, per «Immersive View» ausgestattet werden. Damit ist eine vollständige 3D-Ansicht, inklusive Vogelperspektive, der zuvor vom Anwender ausgesuchten Route gemeint. Im ersten Schub wird der Service allerdings «nur» für 15 Grossstädte (London, New York etc.) zur Verfügung gestellt. Drittens hat Google den «Magic Editor» vorgestellt. Dahinter verbirgt sich die Möglichkeit, Personen bis hin zu Gegenständen auf Fotos hinzuzufügen, zu entfernen usw., und so das Originalbild zu verändern. Und das mit nur wenigen Fingertipps, wie es in der Live-Demo auf dem Event gezeigt wurde. Wichtig: Solche per AI veränderten Bilder sollen mit einem Wasserzeichen kenntlich gemacht werden (können), um einem sogenannten «Deep Fake»-Bild vorzubeugen.
Viele Live-Demos
Und dauch das wohl mächtigste Google-Tool, die Suchmaschine selbst, kommt in den Genuss von AI: Auf der Google-I/O-Konferenz wurden diverse praktische Anwendungsfälle gezeigt. Zum einen wie man ein geeignetes, individuelles Reiseziel findet und bucht, Dann half die Suche, sich beim Shopping sein passendes Velo aus dem riesigen Fundus an Rädern herauspicken. Und drittens: Wurde den Anwendern gezeigt, wie man bei einem Flugzeugausfall eine Rückerstattung beantragt. Dazu schlug die Suchmaschine nicht nur die passende Anlaufstelle vor, sondern generierte auch gleich den passenden Text zur Beanstandung und versandt das Schreiben abschliessend - und das alles innert Sekunden und direkt auf die entsprechende Fluggesellschaft zugschnitten.
Eher aufs Office und Business zugeschnitten waren hingegen Googles Workspace-Tools wie Docs und Sheets. Auch diese bekommen ebenfalls ein «intelligentes» KI-Upgrade: Hier wurde in einer Demo gezeigt, wie sich aus ein paar Wortschnipsel ein Text vervollständigen, eine Tabelle aus wenigen Vorgaben erstellen lässt oder auch, wie sich bei einem vorhandenen Text passende Bild automatisch hinzufügen lassen.
Hardware als Zünglein an der Waage
Nach AI-getriebener Software und Serviceleistungen, kamen anschliessend Hardware-Fans voll auf ihre Kosten. Google kündigte offiziell mit dem Pixel 7a nicht nur das neue Mittelklasse-Smartphone an. Zudem gab es detaillierte Infos inklusive Verkaufsstart und Preis zum brandneuen Pixel-Tablet respektive dem Falthandy «Pixel Fold». Wichtig: Google wird die Hardware, wie bisher, nicht direkt verkaufen, sondern über seine Handelspartner, zu denen u.a. Brack.ch, Microspot, Melectronics, Interdiscount oder auch Steg Electronics zählt.
Pixel 7a: starkes Mittelklasse-Phone
Das Mittelklasse-Handy Pixel 7a mit Android 13 wird ab sofort in den USA für 499 US-Dollar verkauft. Zu den Spezifikationen des 6,1 Zoll grossen Pixel 7a gehört der Tensor-G2-Chip als Rechenzentrale. Ihm steht eine Arbeitsspeicherkapazität von 8 Gigabyte zur Seite, die Auflösung des OLED-Displays liegt bei 2400 x 1080 Bildpunkten (90 Hz Wiederholfrequenz). Angeboten wird das Handy mit einem Nutzspeicher, der 128 GB gross ist. Der Akku kommt auf eine Kapazität von 4385 mAh Zudem gibts eine Schnellladefunktion und auch kabelloses Laden gehört zur Grundausstattung. Das rückseitige Kamerasystem umfasst ein 64 Mpx grosse Weitwinkel- respektive 13 Mpx grosse Ultra-Weitwinkel-Cam. Schön: Updates für das Betriebssystem und Sicherheitsfunktionen gibts laut Google für insgesamt 5 Jahre. Vorbestellen lässt sich das Pixel 7a bereits auch hier, und zwar zu einem Verkaufspreis von Fr. 499.-. Verkaufsstart ist der 31. Mai 2023.
Pixel Tablet: ein neues Google-Tablet
Das mit Spannung erwartete Gerät kommt auf eine Spannweite von 11 Zoll. Dank des recht leichten Aluminiumgehäuse wiegt das Tafelsilber gerademal 493 Gramm. Erhältlich sein wird das Pixel Table in den USA an Juni 2023 sein. Der Verkaufsstart für die Schweiz soll «schnellstmöglich» erfolgen, so eine in der Sache vertraute Person. Zu den weiteren Spezifikationen gehören der Tensor G2-Chip, insgesamt vier Lautsprecher, 8 GB an RAM. Des Weiteren zu kaufen gibt es das erste Google-Tablet entweder als 128- oder 256 GB-Variante. Ausserdem gehört noch ein Fingerprint-Sensor wie auch eine Chrome-Built-In-Funktion zur Ausstattung des 499 Franken teuren Android Tablet. Und: Das Tablet wird zusammen mit der Charging-Dock gebundelt ausgeliefert. Ein echter Mehrwert. Die Serviceleistungen für Betriebssystem-Upgrades und Sicherheits-Updates sind von Google ebenfalls auf 5 Jahre ausgelegt.
Pixel Fold: mit Spannung erwartet
Das Pixel Fold ist zusammengeklappt 5,8 Zoll gross (Auflösung: 2092 x 1080 Bildpunkten), ausgeklappt misst es 7,6 Zoll, wobei das OLED-Display dann auf eine Auflösung von 2208 x 1840 Bildpunkten kommt. Es wird ab 1800 US-Dollar angeboten. Wann dies in den USA der Fall sein wird, und wann es danach in die Schweiz kommt, steht noch in den Sternen. Brancheninsider halten allerdings das Weihnachtsgeschäft (ab ca. Ende Oktober 2023) für ein sehr wahrscheinliches Szenario. Bei der Live-Präsentation wurde ein Video im zugeklappten Modus abgespielt, danach das Fold aufgeklappt. Daraufhin wechselte das Video, nahezu ohne Verzögerung, auf den «inneren» Doppelbildschirm. Zudem liess sich das Gerät während der Vorführung auch im geteilten Splitscreen, oder auch erweiterten Multitasking-Modus (Video plus Anwendung(en) auf den beiden inneren Displayhälften) betreiben. Eine weitere Besonderheit ist der halbaufgeklappte Tablet-Modus, bei dem auf der oberen Hälfte ein Video abläuft, und unten «frei» navigiert werden kann. Als Taktgeber arbeitet auch hier der G2-Tensor-Chip. Hinten befinden sich eine 48-Mpx-Hauptkamera, respektive zwei Linsen für die Ultra-Weitwinkel- und Telefotografie. Letzteres hat sogar einen 5-fachen optischen Zoom zu bieten. Ausserdem ist das Fold nach IPX8-Standard wasserdicht. Das gezeigte Modell hatte eine Kapazität von 256 GB. Ausserdem wird noch eine identische Variante mit 512 GB für eine Preis von 2099 Dollar angeboten.
Fazit: Nicht alles eitler Sonnenschein
Rollen wir das Feld für einmal von hinten auf. Die gezeigten Hardwareprodukte sind spannend. Das Mittelklasse-Phone Pixel 7a ist ein würdige Nachfolger der 6a-Variante. Es ist grösser und mit mehr Power ausgestattet. Und vor allem ist es aber kein Papiertiger, sondern auch tatsächlich sofort erhältlich. Auch das Pixel Tablet kann unterm Strich noch überzeugen. Es ist handlich, baut innen drin auf G2-Tensor-Power und ist, zumindest als 256 GB-Variante konzipiert, mit einer genügend grossen Kapazität ausgestattet. Mit der grösste Pluspunkt aus unserer Sicht ist allerdings das zumindest in Deutschland gratis mitgelieferte Charging-Speaker-Dock, die dem Gerät eine echten Mehrwert gibt. Aber genau das ist auch der Knackpunkt. Oder andersrum: Wird das Gerät in der Schweiz mit dem Add-on mitgeliefert, finden wir es eine prima Sache. Wenn nicht, muss man nochmals über den Preis reden.
Das wohl mit Abstand interessanteste Gerät ist das Pixel Fold. Es komplettiert die Hardware-Infrastruktur zusammen mit dem Pixel Tablet und 7a. Der Formfaktor ist spannend, Das Design ansprechend, der Nutzwert hoch. Und dennoch sind wir nicht ganz zufrieden: Da ist zum einen der Preis von stolzen 1800 Dollar, die bereits für die 256-GB-Variante fällig werden. Klar ist Google da mit seinem Preis in guter Gesellschaft, bedenkt man die anderen Foldables, die es mittlerweile auf dem Markt gibt. Dennoch liegen hier Nutzwert und die notwendige monetäre Investition zu weit auseinander. Oder ums es klipp und klar zu sagen: Das Gerät ist einfach zu teuer. Und zweitens sah man in der Präsentation, dass der Falz (also der Knickpunk der beiden Displayhälften) sichtbar zum Vorschein kam. Das ist ein ausgemachter Schachpunkt der Foldables, muss aber auch bei dieser Variante wohl noch genauer untersucht werden.
Fluch und Segen
«KI» oder eben «AI» mag schön und gut sein. Und klar ist auch, dass KI der Treiber für IT in naher Zukunft sein wird. Der damit einhergehende Fortschritt macht immer dann Sinn, wenn es dem Menschen direkt hilft, und seine eigene Kreativität nicht fördert und eben nicht stutzt. Vieles, was gut erscheint, kann aber auch die eigene Triebfeder bremsen oder begradigen. Zum andern sind es auch Sicherheitsaspekte, die unbedingt beachtet werden müssen: Gerade Deep-Fakes (= Falschnachrichten, gefälschte Bilder usw.), lassen sich kaum mehr als solches zu erkennen.
Konkret betrachtet stehen dabei Googles Software, damit verzahnte Dienstleistungen wie auch handfeste Hardware-Produkte im Fokus. Ob ihr Anspruch, damit ein neues KI-Universum aufzubauen, sich tatsächlich auch in der Praxis bewerkstelligen lässt, steht aber auf einem anderen Blatt. Zum einen gibt es da die Konkurrenz namentlich Apple, Amazon, Microsoft und vor allem auch Nvidia, die alle etwas vom lukrativen KI-Kuchen abhaben wollen.
Zum anderen bestimmt auch immer das «schwächste», aber wohl matchentscheidende Glied in der Kette, nämlich der Mensch als Konsument selbst, wann und in wieweit er die KI-Innovationen mittragen (will). Und das ist auch gut so. Denn es ist beileibe nicht alles Gold, was in der schönen, neuen KI-Welt vor sich hin glänzt und uns schmackhaft gemacht wird.