Schweizer Gesundheitssystem in der Digitalisierungskrise
Der Wille fehlt
«Streng wissenschaftlich» sei es schwierig, den Nutzen der Digitalisierung für die Gesundheitsversorgung im Einzelnen abzuschätzen, sagt Wicht. Sicher sei jedoch, dass in einer nicht-digitalisierten Welt Fehler und Missstände oftmals schlicht unbemerkt blieben.
Und in einer Pandemie erscheine es ihm logisch, dass die Wahrscheinlichkeit für bessere Entscheidungen steige, je besser die Datenlage sei. Vor allem aber müssten die Probleme in einer pandemischen Lage auf nationaler Ebene gelöst werden.
Die Schuld für das Scheitern der Digitalisierung im Gesundheitswesen sieht Angerer beim fehlenden Willen aller Beteiligten. Es gebe bei den Akteuren und in der Politik zu viele Partikularinteressen und keinen Konsens für einen einheitlichen Fluss von Daten und einen Informationsaustausch.
Auch die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger vor dem gläsernen Patienten und die Angst vor Datenmissbrauch seien am digitalen Rückstand nicht unschuldig. Und schliesslich hapere es bei der Kommunikation der Vorteile, also wie die Menschen von einer Digitalisierung profitieren könnten.
Dieser Punkt sei das grosse Dilemma der Prävention im Allgemeinen: «Heute die Kosten für eine Organisation, morgen der Nutzen für alle». Daran scheitere auch der Föderalismus. Und deshalb liege es allein am Bund, die Digitalisierung voranzutreiben, wenn nötig auch mit ein bisschen Zwang, meint Angerer.
Autor: Benno Lichtsteiner, Keystone-SDA