Interview mit Greens Cloud-Architekt
17.09.2019, 06:07 Uhr
«Wir stossen in neue Dimensionen vor»
Zusammen mit seinem Team und externen Partnern hat Reto Meier das Data Center Zürich-West 3 für den Anbieter Green gebaut. Computerworld konnte sich im Vorfeld mit dem RZ-Architekten über das Megaprojekt unterhalten.
Data-Center-Architekt Reto Meier ist Designer und Projektleiter des Rechenzentrums Zürich-West 3
(Quelle: Werner Rolli)
Unter den Hyperscalern ist ein Wettstreit entbrannt. Sie drängen auf den Schweizer Markt, um Anwenderunternehmen ihre Services direkt anbieten zu können. Das erfordert völlig neue Rechenzentren (RZ). Wer diese bauen kann, wird in eine neue Liga am Markt für Data Center katapultiert.
Dadurch werden auch die Karten im heimischen Colocation neu gemischt. Neben Equinix, E-Shelter und Interxion steht ein weiterer Gewinner fest: Green Datacenter. Der Colocation-Spezialist hat mit Zürich-West 3 ein Megaprojekt für die Cloud-Anbieter dieser Welt realisiert.
Verantwortlich dafür war der Data-Center-Architekt Reto Meier. Im Interview spricht er über die Besonderheiten des Projekts, erläutert, wohin sich der Colocation-Markt entwickelt und wie das Data Center der Zukunft aussehen könnte.
Computerworld: Mit Zürich-West 3 hat Green Datacenter ein High-Density-Rechenzentrum gebaut. Weshalb? Welche Kundengruppen benötigen solche Infrastrukturen?
Reto Meier: Wir haben das Rechenzentrum Zürich-West 3 für die internationalen Cloud-Anbieter gebaut, die sogenannten Hyperscaler wie beispielsweise Amazon Web Services oder Microsoft Azure. Unsere Anlage ist in erster Linie auf deren Bedürfnisse ausgerichtet. Die Cloud-Dienstleister bieten ihre Services über verschiedene Standorte für Versorgungsregionen an. Diese können ein Raum wie die EU sein oder auch ein Land. Die Nachfrage nach Cloud-Services wächst, weshalb die Anbieter ihre Netze verfeinern. Nun kommen sie auch zu uns und bauen eine Region Schweiz auf. Diese Kunden haben spezielle Anforderungen. Sie suchen Data Center, die auf kleinem Raum hohe Energielasten abführen können, die modular und skalierbar aufgebaut sind und mit denen sie ihren Wachstumspfad abbilden können.
CW: Wie sieht dieser Wachstumspfad aus?
Meier: Normalerweise wächst das Geschäft in den Regionen exponentiell. Entsprechend steigt in den RZs der Bedarf an Leistung. Typischerweise steigt diese bei der Energieversorgung über die Jahre zwischen 1 und 2 Megawatt. Die Hyperscaler planen hingegen in grösseren Dimensionen. Sie rechnen für die nächsten fünf bis zehn Jahre mit einem Wachstum zwischen 15 und 20 Megawatt (MW). Sie beginnen mit Anlagen mit einem Leistungsverbrauch von 2 MW, dann geht es weiter mit 4, 6, 15 MW und mehr über die nächste Dekade.
CW: Was bedeutet das für die Bauweise Ihres Data Centers? Worauf mussten Sie achten?
Meier: Wir arbeiten modulweise. Das heisst, dass wir im Stromversorgungsbereich Module mit einer Leistung von 2 MW und in der Kühlung Komponenten mit 4 MW Leistung nutzen. Die einzelnen Module kombinieren wir nach den Wünschen der Kunden. Benötigt etwa jemand 10 MW Strom, stecken wir vereinfacht gesagt fünf Module zusammen oder bei einem Strombedarf von 20 MW eben zehn Stück. Dafür ist die Struktur unseres Gebäudes ausgelegt. Das ist einzigartig in der Schweiz. Das kennen unsere Kunden sonst nur aus dem Ausland.
Zur Person
Reto Meier
ist Data-Center-Architekt. Er gestaltet und betreut den Bau neuer Rechenzentren. Seit letztem Jahr ist er Designer und Projektleiter von Zürich-West 3 bei der Green Datacenter AG. Zuvor betreute er auf internationaler Ebene verschiedene Bauprojekte für Hyperscale-Data-Center. Neben seiner anspruchsvollen Aufgabe hält er sich mit dem Rennvelo und mit Wandern fit. Bauhelm und Pläne legt der 42-Jährige auch mal über Mittag beiseite und tankt auf dem Bike Energie.
«Die Cloud ist zum Greifen nah»
CW: Was ist mit einheimischen Colocation-Kunden? Bieten Sie denen auch Raum oder bauen Sie das neue Data Center explizit für die Hyperscaler?
Meier: Ein Stockwerk ist ausschliesslich für die Grosskunden, also Hyperscaler, mit ihren Cloud-Services vorgesehen. Zusätzlich offerieren wir bestehenden und neuen Kunden einen eigenen Colocation-Bereich. Dieser ist aber abgetrennt von der Cloud-Zone. Auf diese Weise können Anwenderunternehmen die Cloud-Services nutzen und nebenan in der Colocation-Zone ihre IT betreiben. Bei uns ist die Cloud zum Greifen nah.
CW: Wie meinen Sie das?
Meier: Die Kunden wissen, wo ihre Server stehen, auf denen ihre Daten nach Schweizer Recht vorgehalten werden. Räumlich darüber laufen die Cloud-Angebote, die man nutzen kann, mit extrem kurzen Latenzzeiten. Das ist auch die Richtung, in die sich der Markt bewegt. Firmen nutzen verschiedene Cloud-Modelle, betreiben aber auch eine Restmenge an eigener IT in einer Colocation-Umgebung.
CW: Wie haben Sie das Data Center designt?
Meier: Wir stiessen hier in bisher ungekannte Dimensionen vor. Angefangen bei den Finanzen, beim Zeitdruck, der Menge an Kunden, die auf uns zukommen, über die Installationen und damit einhergehende Aufträge, die wir vergeben haben, und die Anzahl Menschen, die involviert waren. Wir nutzten für die Gebäudeentwicklung die Methode des Building Information Modeling (BIM). In einem digitalen 3D-Modell sind Informationen über das Gebäude enthalten. Alle Stromleitungen, Lichtschalter, Röhren für die Kältezuführung, Brandmeldeanlagen etc. sind darin erfasst. Alle am Bau beteiligten Partner konnten darauf zugreifen. Auf diese Weise konnten wir das Gebäude rasch realisieren. Wir hatten einen betonierten Kern für die Statik des Gebäudes. Zusätzlich nutzten wir vorgefertigte Bauelemente. Das sparte zusätzlich Zeit. Es gab Tage, an denen konnten wir ein gesamtes Stockwerk fertigstellen und während wir oben noch betonierten, installierten wir unten bereits die Infrastruktur. Das parallele Arbeiten war herausfordernd, aber handelbar. Die grössten Hürden kamen aber gegen Ende des Projekts.
CW: Was kam in den letzten Wochen auf Sie zu?
Meier: In den finalen acht Wochen überprüften wir verschiedene Funktionen der Anlage, die integrierten Systeme, fuhren Lasttests und verifizierten sämtliche Redundanzen. Zusätzlich machten wir die Einregulierungen und Optimierungen für den Betrieb. Der Ablauf des Tests war in fünf Stufen gegliedert. Erst nach Erreichen aller Ziele einer Stufe begannen wir mit der darauffolgenden. Der Zeitplan war eng, aber wir haben uns entsprechend vorbereitet und unsere Spezialisten mit internationalen Fachleuten ergänzt, um diese Szenarien durchzuspielen und Tests durchzuführen.
Auf engstem Raum
CW: Mit welchen Herausforderungen hatten Sie zu kämpfen und wie sind Sie diese angegangen?
Meier: Bei uns entspricht ein Stockwerk einem grossen Modul. Wir können ein Stockwerk komplett versorgen, und zwar gradlinig, sodass wir die ganze Power und Kühlung auf den Punkt hinleiten können. Das war eine grosse Herausforderung. Auch wird die Technik immer mehr verdichtet. Die Zeiten sind vorbei, als eine Technikerin oder ein Techniker noch zehn Meter Platz rund um die Anlage hatte.
In den heutigen Räumen gibt es noch Platz für Fluchtwege, den Ein- und Ausbau der Geräte und den nötigsten Platz für das technische Personal. Annehmlichkeiten mussten gestrichen werden. Dafür gab es schlicht keinen Raum mehr. Wir haben zudem während der Planung viel in den Aufbau der Struktur des Gebäudes investiert. Wir orientieren uns an geografischen Achsen. Bei der Stromzulieferung orientieren wir uns an der Ost-West-Achse. An der Nord-Süd-Achse haben wir den Data-Center-Bereich für die Cloud-Kunden auf der Nordseite eingerichtet, während wir auf der Südseite unsere Haustechnik betreiben.
CW: Wo haben Sie die Räumlichkeiten für die Technikerinnen und Techniker untergebracht?
Meier: Die technischen Spezialisten der Cloud-Anbieter wollen Büroarbeitsplätze innerhalb des gleichen Sicherheitsperimeters. Sodass sie nicht mehrmals pro Tag eine Personenschleuse durchschreiten müssen. Deshalb haben wir eine Bürozone angebaut, die im gleichen Perimeter liegt. Auch die Logistik haben wir auf Abläufe der Cloud-Kunden ausgelegt. Die Waren aus dem Lastwagen gelangen über zwei Anlieferrampen ins Gebäude. Im Innern verfügen wir über mehrere Zonen, in denen das Material kontrolliert, ausgepackt und bei Bedarf gelagert werden kann. Nur die Technikerinnen und Techniker des Kunden können danach die geprüfte Ware aus dem Lager abrufen.
CW: Wie muss man sich den Warentransport vorstellen, von welchen Mengen an IT-Technik sprechen wir hier?
Meier: Die Cloud-Kunden haben zu Beginn mehrere Wochen für die Anlieferung ihrer IT reserviert. Sie fahren dann mehrmals täglich mit 40-Tonnern vor. Statt mit einzelnen Servern kommen die Kunden mit vorgefertigten Racks. In diesen ist bereits die komplette Technik montiert, verkabelt und kann direkt bei uns angeschlossen werden. Die Racks sind 2,90 Meter hoch, entsprechend haben wir 3,10 Meter hohe Türen. Die Racks und andere Waren werden von rund 50 Logistikspezialisten entladen, geprüft und verräumt. Das sind alles hoch spezialisierte Abläufe mit Teams, die weltweite Logistikerfahrung und die nötige Routine mitbringen. Anschliessend kommen die Techniker, nehmen die Geräte und schieben sie in ihren Bereich. Im laufenden Betrieb werden dann nicht mehr einzelne Komponenten, sondern komplette Racks ausgewechselt. Das ist einfacher und spart Zeit.
CW: Welche weiteren Schwierigkeiten galt es, bei der Planung und beim Bau zu meistern?
Meier: Auch beim Löschsystem mussten wir uns etwas einfallen lassen. Die internationalen Kunden kennen verschiedene Arten von Löschsystemen, die bei uns kaum verbreitet sind. Darauf mussten wir uns einstellen und das Gebäude entsprechend planen. In der Regel nutzen wir Stickstofflöschsysteme für unsere eigenen Zonen.
Das Projekt
Zürich-West 3
Das Data Center zählt zu einer in der Schweiz neuen Klasse von Rechenzentren (RZ), zu den High-Density-RZs. Hauptkunden sind globale Cloud-Anbieter, sogenannte Hyperscaler. Diese betreiben auf engstem Raum möglichst viele Racks, was enorm hohe Leistungsdichten erfordert. Im neuen RZ von Green Datacenter können bis zu 25 Kilowatt pro Rack erzielt werden, was einer dreieinhalbmal höheren Leistungsdichte entspricht, als derzeit in Schweizer RZs üblich ist. Dennoch beträgt laut Architekt Reto Meier der PUE-Wert 1,19 und liegt damit nah am theoretischen Idealwert von 1,0. Auch sonst kann das 70-Millionen-Franken-Projekt mit einigen Superlativen aufwarten. Um Aufbau und Unterhalt der Infrastruktur zu vereinfachen, können zwei 40-Tonnen-Lastwagen zugleich Equipment ins Gebäude liefern. Das Rechenzentrum soll im September seinen Betrieb aufnehmen.
Milder Winter hilft beim Baufortschritt
CW: Inwieweit verfügen Sie über genügend Fachkräfte für dieses Megaprojekt?
Meier: Derzeit arbeiten über 200 Personen an unserem neuen Rechenzentrum mit. Die Kernkompetenzen für Design und Aufbau der Prozesssysteme wie Strom, Kühlung, Connectivity und Sicherheit haben wir inhouse. Bei der Realisierung hat auch immer jemand aus dem Team das Sagen. Das gesamte Basis-Design, die Strukturen, was diese leisten und wie diese gebaut werden müssen, beherrschen wir. Zusätzlich haben wir internationale Experten hinzugezogen. Für den Aufbau haben wir aber bewusst keine Generalunternehmung beauftragt. Wir können nicht ein Jahr lang aufschreiben, was wir wollen, und anschliessend zwei Jahre lang bauen. Unser Business funktioniert anders. Wir haben klare Vorstellungen davon, wie die Prozesssysteme gestaltet sein müssen aufgrund der Wünsche unserer Kunden. Alles darum herum wird von Partnern realisiert.
CW: Wer baute alles mit?
Meier: Es sind relativ viele Firmen in das Projekt involviert. Bei der Infrastruktur sind es die grossen bekannten Anbieter, die es hierzulande gibt wie ABB, Schneider Electric, Siemens oder Engie. Die greifen wiederum auf ihre internationalen Fachkräfte zurück. Wir haben ergänzend verschiedene Planer aus der Branche an Bord, sei es für Tests, das Commissioning, Modellierungen, Berechnungen etc. So ein Projekt stemmt man nicht alle Tage in der Schweiz. Es ist für unsere Partner attraktiv und spannend, daran beteiligt zu sein und zu dieser Erfolgsgeschichte beizutragen. Das ist natürlich ein Vorteil für uns.
CW: Wo stehen Sie derzeit?
Meier: Wir sind gut unterwegs, in einigen Bereichen, wie dem Erstellen des Gebäudes, liegen wir aufgrund des milden Winters zeitlich sogar etwas vor dem Plan. Nur an zwei von geplanten 14 Tagen mussten wir die Arbeiten einstellen. Das bringt zusätzlichen Schwung in die Arbeiten und zieht andere Bereiche nach.
“Wir arbeiten mit einem digitalen 3D-Modell, in dem alle Informationen über das Gebäude enthalten sind„
Reto Meier
CW: Die Anforderungen an Data Center haben sich in den letzten Jahren verändert. Welche architektonischen Trends prägen momentan den Data-Center-Bau?
Meier: Server, Storage, aber auch die versorgende Infrastruktur werden kompakter und effizienter. Dadurch kann man mehr IT-Leistung auf kleineren Flächen anbieten. Für Kunden ist das gut, da sie weniger Fläche mieten müssen. Das wirkt sich aber auf die Preismodelle aus. Die sind heute nicht mehr ausschliesslich flächenbasiert. Früher kostete mich ein Quadratmeter die Summe X. Heute geht es um die Leistungsdichte. Je höher diese sein soll, desto kompakter und leistungsfähiger muss man die Anlage bauen und desto höher fallen die entsprechenden Kosten aus. Das Cloud-Geschäft ist ein finanzielles Business, vergleichbar mit dem Aktienmarkt. Da wird alles hoch optimiert und ausgelastet, denn nur dann rentiert sich das Geschäft. An diese Entwicklung müssen wir unsere Infrastruktur laufend anpassen. Wir müssen zudem flexibel sein und etwa in
kurzer Zeit ausbauen können und immer effizienter werden. Wir können nicht mehr Generatoren mit nur 20 Prozent Last betreiben. Je besser wir heute die Systeme unter Beibehaltung der Redundanz auslasten, desto mehr hilft uns das, Platz zu sparen und zu wirtschaften.
kurzer Zeit ausbauen können und immer effizienter werden. Wir können nicht mehr Generatoren mit nur 20 Prozent Last betreiben. Je besser wir heute die Systeme unter Beibehaltung der Redundanz auslasten, desto mehr hilft uns das, Platz zu sparen und zu wirtschaften.
CW: Wie sieht es mit technischen Trends aus, etwa bei der Stromversorgung?
Meier: Hier gibt es Entwicklungen, die in Wellen immer wieder aufkommen. Es gab etwa den Trend zur Versorgung mit Gleichstrom, was wir mit ABB umgesetzt haben. Allerdings ist das abhängig von der Infrastruktur des Kunden. Wenn dieser Hunderte Server oder mehr betreibt, wird er nicht einfach seine IT austauschen, nur um mit dem Trend mitzugehen. Er wird seine Hardware bis zum Ende des Lebenszyklus beibehalten und danach weitersehen. Ein weiterer Trend war die Versorgung mit Mittelspannung. Das war allerdings komplex und überdies fehlten die Fachleute dafür.
Ausgeklügelte Kühlung
CW: Das stellt auch hohe Anforderungen an die Kühlsysteme. Was kommt hier auf uns zu?
Meier: Da gibt es viele Möglichkeiten. Diese sind aber stets ortsabhängig. Wir können in der Schweiz beispielsweise nicht mit Meerwasser oder Schmelzwasser grosser Gletscher kühlen. Wir können auch nicht mit Abwasser die Temperatur senken, so wie man das etwa in Singapur macht. Dafür fehlen uns die Mengen an Abwasser.
Ein weiterer Faktor ist das Klima. Wir haben kalte Winter und heisse Sommer und können also nicht permanent mit Aussenluft kühlen. Hinzu kommen unsere heimischen Umweltschutzbestimmungen. Wir haben die weltweit restriktivsten Vorschriften bezüglich Kältemittel und Klimaanlagen. Das bedeutet, dass die Hersteller grossartige Konzepte für verschiedenartige Kühlungen haben, diese aber in der Schweiz nicht immer einsetzen dürfen. Das schränkt die Angebotspalette für Schweizer Erbauer von Rechenzentren derzeit ein. Das wird sich wohl ändern, sobald auch die EU und die USA ihre Vorschriften weiterentwickeln und die Hersteller ihre Produktpaletten um entsprechende Alternativen erweitern.
CW: Wie kühlen Sie?
Meier: Wir setzen auf integriertes Free Cooling. Im Sommer kühlen wir ab einer bestimmten Temperatur mit einer strombetriebenen Anlage. Ist es kalt genug, nutzen wir die Aussenluft. Die Kühlung haben wir im Vorfeld berechnet auf Basis stündlich gemessener Temperaturwerte während der letzten zwei Jahre. Von 8760 Stunden im Jahr müssen wir nur 1900 Stunden mit elektrisch erzeugter Kühlung arbeiten. Leider fehlen uns hier in der Umgebung die Abnehmer, sonst könnten wir die Abwärme als Fernwärme weiterleiten.
Zur Firma
Green Datacenter
ist eine Schwestergesellschaft des Service Providers green.ch, das 2002 in das Geschäft mit Rechenzentren einstieg. Heute verfügt Green Datacenter über vier untereinander vernetzte Data Center und mit Zürich-West 3 bald über eine weitere Anlage. Damit zählt Green Datacenter zu den grössten Colocation-Anbietern des Landes mit Kunden aus den unterschiedlichsten Branchen. Der Hauptsitz beider Gesellschaften ist in Lupfig. Geleitet werden die beiden rund 140 Mitarbeitende zählenden Unternehmen von Frank Boller.
Einstieg der Hyperscaler und der Schweizer Markt
CW: Inwieweit spüren Sie eine stärkere Nachfrage vonseiten der Unternehmenskunden durch den Einstieg der Hyperscaler in den Schweizer ICT-Markt?
Meier: Aufseiten der Anwenderunternehmen ist die Nachfrage da, insbesondere im Segment der mittleren und grossen Unternehmen. Das sehen wir bei unseren Verkaufsprozessen. Insbesondere bei Flächen über 100 Quadratmetern wird heute oft zweigleisig geplant. Die Kunden streben eine hybride IT-Architektur an, bei der sie die eigene IT möglichst effizient mit den grossen oder auch den lokalen Cloud-Anbietern vernetzen können.
CW: Was bedeutet diese Entwicklung für mittlere und kleine Anbieter am Colocation-Markt? Für die dürfte es künftig eng werden, wenn Green Datacenter, Equinix, E-Shelter und Interxion die Hyperscaler abholen.
Meier: Die Karten am Markt für Rechenzentren werden durch den Eintritt der Hyperscaler neu gemischt. Sind die Infrastrukturen erst einmal aufgebaut, sind die Spieler gesetzt. Wer hier nicht dabei ist, wird es anschliessend schwer haben, noch mitzumachen. Ob die Entwicklung die Angebotspalette komplett aufspalten wird, kann ich nicht vorhersagen. Mit dem Boom im Cloud-Geschäft sehen sich die Betreiber von Data Centern jedenfalls mit völlig neuen Aufgaben konfrontiert. Das wird dazu führen, dass künftig die Grossen die Cloud-Anbieter bedienen können und zusätzlich viele Unternehmenskunden erhalten werden, die auf die angebotenen Clouds zugreifen wollen. Hinzu kommt, dass nur die grossen RZ-Anbieter über umfangreiches Bauland und Kapital verfügen, um derartige Hochleistungsrechenzentren aus dem Boden stampfen zu können. Wenn ein Kunde heute mal eben für sein Data Center bei einem Colocation-Anbieter 15 MW benötigt, können das kleinere Provider oft schon gar nicht mehr stemmen.
“Die Karten werden durch den Eintritt der Hyperscaler neu gemischt„
Reto Meier
CW: Was bedeutet das für diese Anbieter? Die werden ja dann nur noch in einer Art zweiten Liga spielen.
Meier: Auch für diese Provider wird es einen Markt geben. Es ist ja nicht so, dass wir zu viele Rechenzentren hätten, im Gegenteil. Es gibt zudem nach wie vor Kunden, die für ihre IT lediglich Cages in der Grössenordnung zwischen 10 und 20 Quadratmetern benötigen. Wir erleben aber eine Verlagerung von flächenbasierten Vermietungssystemen, dem Kern des Colocation-Business, zu High-Density-Modellen mit angeschlossener Colocation für die Kunden der Cloud-Anbieter. Und wer keine Landreserven hat, nicht über das nötige Kapital verfügt und das Fachwissen nicht besitzt, wird irgendwann mit dem reinen Colocation-Geschäft nicht mehr erfolgreich wirtschaften können. Denn dieses wird kleiner werden.
CW: Laufen Sie bei dem Geschäft nicht Gefahr, sich in die Abhängigkeit der Cloud-Provider zu begeben?
CW: Laufen Sie bei dem Geschäft nicht Gefahr, sich in die Abhängigkeit der Cloud-Provider zu begeben?
Meier: Wir betreiben die Data Center Zürich-West 1 und 2, daneben ein Finanzrechenzentrum in Schlieren sowie eines in Glattbrugg. Die bestehenden Data Center bieten noch Fläche, sind insgesamt aber bereits gut ausgelastet – mit einem breiten Spektrum an Kunden. Diese stammen aus verschiedenen Branchen, sind unterschiedlich gross und betreiben ihre primären oder ihre Back-up-Data-Center. Hinzu kommen jetzt die grossen Cloud-Anbieter. Mit ihnen sind wir langfristige Verträge eingegangen, mit vereinbarten Wachstumsphasen. Unter dem Strich ergibt sich daraus ein bunter Mix an Kunden, auf den wir uns stützen und weiter wachsen können.
Blick in die RZ-Zukunft
Im Rohbau hängen die Baupläne dicht an dicht und bilden lange Reihen. Die Leitungen für Lüftung, Strom etc. sind darauf farblich codiert. So können sich Monteure rasch an den Zeichnungen orientieren
Quelle: Werner Rolli
CW: Lassen Sie uns in die Zukunft blicken: Wie skizzieren Sie Ihre Vision für das Data Center der Zukunft?
Meier: Das Rechenzentrum der Zukunft ist der Data Hub. Ein Unternehmen wird einen grossen Teil seiner Anwendungen in verschiedenen Clouds betreiben, die sich idealerweise in unmittelbarer Nähe zu seinem IT-Equipment befinden, in der Colocation-Zone. Auf diese Weise wird das externe Rechenzentrum zur Schaltzentrale, zur Datendrehscheibe des Unternehmens.
“Das Rechenzentrum der Zukunft ist der Data Hub„
Reto Meier
CW: Wie meinen Sie das?
Meier: Heute muss man komplette Webshops oder Marketingkampagnen umgehend aufbauen können. Skalieren diese, muss man sie unmittelbar hochskalieren oder bei Nichterfolg sofort wieder beenden können. Nur mit einem Data Hub wird man künftig noch die nötige Time-to-Market gewährleisten können. Hinzu kommen Megatrends wie das Internet of Things. Die hierbei erzeugten Daten müssen irgendwo gelagert und verarbeitet werden. Hier wird das Edge-Data-Center quasi zum Datenverarbeiter am Rand des Netzwerks, während die Schaltzentrale der IT im Data Hub liegt. Wir arbeiten an verschiedenen Konzepten. Gemeinsam ergeben sie das Abbild einer Zukunft, in der Unternehmen all die anfallenden Daten von Kunden, Sensoren, Maschinen und was vielleicht sonst noch auf uns zukommen wird, sammeln und in den Data Hub weiterleiten.