Red Hat Schweiz
29.01.2024, 10:32 Uhr
Richard Zobrist: «Ich sehe mich als Gestalter und Netzwerker»
Seit 2022 leitet Richard Zobrist die Geschicke der Schweizer Niederlassung von Red Hat. Zuvor war er zuständig für die Partner. Die offene Kultur prägt nach wie vor das Unternehmen, sagt er im Interview. Dies beflügle ihn, Dinge anzupacken und zu gestalten.
Richard Zobrist blickt optimistisch in die Zukunft von Red Hat. Seit 2022 leitet er als Country Manager die Schweizer Niederlassung.
(Quelle: Red Hat)
Computerworld (CW): Seit ziemlich genau zwei Jahren leiten Sie als Country Manager die Schweizer Niederlassung von Red Hat. Eigentlich eine kurze Zeit, wenn da nicht einschneidende Ereignisse wie Corona und die Etablierung von künstlicher Intelligenz gewesen wären. Wie haben Sie das alles verkraftet?
Richard Zobrist: Stimmt, es war eine kurze, aber sehr intensive Zeit. Es hat sich vieles verändert, und zwar grundlegend. Was Red Hat betrifft: Ich kenne das Unternehmen sehr gut, da ich zuvor über Jahre das Partnergeschäft geführt habe und interimsmässig ein Jahr lang für Österreich zuständig war. Auch wenn sich das gesellschaftliche und technologische Umfeld in den letzten zwei Jahren deutlich verändert hat, hat der Red Hat «Spirit» zum Glück überlebt.
CW: Interessant. Wie äussert sich denn dieser Spirit?
Zobrist: Wir pflegen eine offene Kultur und diskutieren Dinge gerne im Team. Unser Motto lautet «Die beste Idee gewinnt». Offenheit bedeutet auch, dass wir uns gerne mit Kunden und Partnern austauschen. Dazu gehören insbesondere auch unsere Technologiepartner. Als Schweizer liegt mir dieser offene Austausch im Blut. Schliesslich leben wir in einem Land, wo Beziehungspflege seit Jahrhunderten eine Tradition ist. Natürlich gibt es vom Konzern her einige Auflagen, aber für mich als Country Manager ist es wichtig, die lokalen Gegebenheiten zu repräsentieren. Mein Kernimpuls war und ist es noch heute: Was ist relevant für die Schweiz? In diesem Themenkreis sehe ich mich als Gestalter und Netzwerker. Dazu habe ich einen eigenen «Swiss Plan» ausgearbeitet, den ich seither akribisch mit meinem Team verfolge.
CW: Ein «Swiss Plan»? Wie sieht der aus?
Zobrist: Auf den ersten Blick sehen Schweizer Firmen wie viele andere Unternehmen in der Welt aus. Im Detail unterscheiden sie sich aber hinsichtlich Kultur, Strategie und Voraussetzungen deutlich von allen anderen. Mein Ziel ist es, für diese «Swissness» einzustehen – einerseits auf nationaler Ebene, andererseits aber auch auf internationaler Konzernebene. Unter uns gesagt, die Schweiz muss sich dabei nicht verstecken.
CW: Was interessiert Schweizer Kunden am meisten?
Zobrist: Es gibt einen enorm wichtigen Themenkreis, bestehend aus Kostendruck, Digitalisierung, Prozessoptimierung und IT-Automatisierung. Je nach Branche interpretieren unsere Kunden diese Ausgangslage anders. Die Notwendigkeit, hier neue Wege zu gehen, verbindet aber alle. Red Hat bietet mit Lösungen und Beratung dafür ausgezeichnete Ansätze.
CW: Ist der Schweizer Markt für Red Hat überhaupt relevant?
Zobrist: Absolut. Unser erster Kunde weltweit für den neuen Red Hat Developer Hub kommt zum Beispiel aus der Schweiz. Unser Land bietet hinsichtlich Innovation und Potenzial enorme Möglichkeiten. Das beweisen nicht zuletzt auch die Niederlassungen verschiedener Global Player in diesem Bereich. Die Schweiz hat einen exzellenten Markt und ist gleichzeitig das Nonplusultra, um globale Lösungen zu testen und zu etablieren. Wir haben hochqualifizierte Mitarbeitende in der Schweiz, welche einen hohen Anteil an der Entwicklung und der Beratung von Red Hat beisteuern.
CW: Red Hat und Linux – eine ewige Liebe. Aktueller Stand?
Zobrist: Wir leben und lieben Linux. Noch heute ist der Linux-Anteil am Unternehmenserfolg signifikant. Linux ist und bleibt eine Konstante bei Red Hat.
CW: Somit sind wir beim Stichwort Open Source. Offen gesagt, war ich sehr überrascht als beim diesjährigen Red Hat Summit über 800 Leute im Publikum sassen. Mehr noch: Ein grosser Teil kommt von richtig grossen Unternehmen. Ist Open Source jetzt «en vogue»?
Zobrist: Ich erinnere mich auch noch gut an die Zeiten, in denen man mit Open Source als Softwarepirat galt. Niemand konnte sich vorstellen, dass man damit die grossen Player bedrängen könnte. Heute sieht das anders aus. Cloud-Computing in allen Facetten wäre ohne Open-Source-Software undenkbar. Grosse Unternehmen könnten ohne die Flexibilität und Offenheit dieser Art von Software ihre individuellen IT-Systeme nicht betreiben. Die Idee hat sich etabliert und ist heute selbstverständlich geworden. Oder um im Bild zu bleiben, die Piraten von gestern sind die Commander von heute.
CW: Also verändert sich Red Hat in eine neue Richtung?
Zobrist: Ja und nein. Wie zuvor erwähnt, der Linux-Anteil ist nach wie vor sehr hoch. Wir fokussieren uns heute auf drei Plattformen: Automatisierung mit Red Hat Ansible Automation Platform, Digitalisierung mit Red Hat OpenShift und eben Linux mit Red Hat Enterprise Linux. Wir konzentrieren uns dabei auf den Enterprise-Bereich. Trotzdem gehen wir auch mit der Zeit und es kommen neue Lösungen wie Red Hat OpenShift AI und Red Hat Developer Hub - eine Entwicklungsumgebung für Software - an nächster Stelle. Wir wollen Softwareentwicklern helfen, schneller und einfacher neue Lösungen zu kreieren. Das geht allerdings nicht ohne die Zusammenarbeit mit anderen IT-Anbietern.
CW: Welche wären das?
Zobrist: Wir sind unter anderem intensiv mit Intel daran, das Zusammenspiel von Hardware und Betriebssystem zu optimieren. Aus dieser «Ehe» sind schon einige hübsche Kinder entstanden. Eine «Ich-mach-alles-allein»-Strategie kann man für die digitale Zukunft vergessen. Entweder man arbeitet mit Kunden und Partnern zusammen oder man landet in der Sackgasse. Dies sieht man ganz besonders bei den Container-Lösungen wo wir sehr aktiv mit unserem gesamten Ecosystem inkl. vieler unterschiedlicher Partner im Austausch und in der Zusammenarbeit sind.
CW: Naheliegend wäre auch, dass Red Hat künftig nicht nur Software, sondern gleich auch die gesamte Infrastruktur wie zum Beispiel Rechenzentren anbietet. Gibt es solche Überlegungen?
Zobrist: Ein ganz klares Nein. Red Hat ist eine Software Platform Company. Wir liefern quasi die Grundlage und arbeiten mit Partnern zusammen, damit diese entsprechende Lösungen realisieren können. Was wir noch anbieten können, sind Consulting-Services, damit die Lösungen über eine optimale Basis verfügen.
CW: Stichwort Partner. Red Hat einen bunten Strauss an illustren Partnern wie IBM, Microsoft, AWS, Intel und viele mehr. Kreuzt man da nicht immer mehr die Klingen?
Zobrist: Ist es nicht Realität, dass man mit mehreren Anbietern zusammenarbeitet, auch wenn diese Mitbewerber sind? Die Kunst besteht darin, dass man abgrenzen muss. Kooperation kann hier Sinn machen, aber dort unnötig sein. Momentan sehen wir wenige Überschneidungen zu anderen Anbietern. Im Gegenteil, die Synergien überwiegen deutlich. Deshalb schätzen wir unsere Partner sehr, denn sie beflügeln unsere Visionen für die Anwenderkunden.
CW: Was fasziniert Sie eigentlich an Red Hat?
Zobrist: Ich liebe es, zu gestalten. Red Hat bietet mir diese Möglichkeit. Noch besser: Diese Gestaltungsmöglichkeit lässt sich auch in die Software übertragen. Es ist also ein «Perfect Match» zwischen mir und Red Hat. Ich hätte nie gedacht, wie wichtig das Thema Open Source zum Beispiel für Cloud-Computing, für IT-Security und für Softwareentwicklung ist. Ich persönlich bin ein sehr offener Mensch, welcher den Austausch mit anderen geniesst und Spass hat, neue Wege zu gehen. All dies habe ich in der Red Hat-Kultur gefunden. Die Leute hier sind etwas verrückt, aber einfach genial.
CW: Wie erleben Sie persönlich die Red Hat-Kultur?
Zobrist (lacht): Das ist nicht leicht, in Worte zu fassen. Unsere Kultur basiert auf totaler Offenheit und Kooperation. Wir wollen die IT-Welt besser machen, arbeiten mit Partnern und Kunden zusammen und haben Spass dabei. Dass dies kein Geschwurbel ist, habe ich kürzlich an unserem Schweizer Summit erlebt. Unser zentrales Thema war «Connect» und das hat auch stattgefunden. Vom Entwickler über die Kunden zum Beratungsunternehmen – wir haben alle erreicht und begeistert.
CW: … und auch weitergebracht?
Zobrist: Ich denke schon. Red Hat ist heute mehr als nur Linux oder Open Source. Wir leisten einen substanziellen Beitrag zur Digitalisierung von Unternehmen. Nehmen wir etwa das Thema Cloud-Computing als zentrales Element. Das wäre nicht möglich, ohne zuverlässige, bezahlbare Technologie von uns. Inzwischen arbeiten bei uns rund 19'000 Leute weltweit. Wir selbst sind eingebunden in eine weltweite Community aus Anwendern, Beratern und Partner, welche die Software von Red Hat nutzt, um laufend neue, individuelle Lösungen zu entwickeln. Das war auch bei unserem kürzlichen Schweizer Event deutlich spürbar. Ja, ich denke schon, dass wir die Menschen weiterbringen.
CW: Zurück zur Schweiz. Sie fokussieren auf die Enterprise-Kunden. Ist dieser Markt hierzulande nicht langsam abgegrast?
Zobrist: Ich denke nicht. Einerseits gibt es in der ganzen Schweiz zahlreiche Unternehmen, welche in die Kategorie Enterprise passen. Andererseits sind alle Enterprise-Firmen laufend und massiv in einem Digitalisierungsprozess, welche sich noch über viele Jahre erstreckt. Mit den Lösungen von Red Hat und unseren Partnern bieten wir passende Ansätze für Unternehmen in allen Branchen. Dazu gehört die Automatisierung von Systemumgebungen und Netzwerken genauso wie die Entwicklung individueller Lösungen. Hinzu kommt, dass es in der Schweiz zahlreiche Domizile internationaler Organisationen und Konzerne gibt.
CW: Einige davon befinden sich in der Romandie. Sprechen Sie französisch?
Zobrist: Mais oui. Red Hat ist ein multinationales Unternehmen. Wenn wir von der Schweiz sprechen, sind alle Landesteile inkludiert. Die Romandie ist eine faszinierende Wirtschaftsregion. Ich selbst spreche auch die französische Sprache und bin sehr gerne am Genfersee. Der Röstigraben existiert für mich, für uns nicht. Wussten Sie übrigens, dass der offizielle Firmensitz von Red Hat in der Schweiz in Neuchâtel ist? Das hat historische Gründe, ist für uns aber immer noch aktuell und wichtig.
CW: War das der Grund, warum man beim Red Hat Summit 2024 in Zürich Englisch gesprochen hat?
Zobrist: Genau. Wir wollten keiner Sprachregion den Vorzug geben oder Teilnehmende ausschliessen. So haben wir uns auf Englisch geeinigt. Das war auch für unsere Mitarbeitende aus dem Ausland von Vorteil. Ich glaube, die Schweiz ist international genug, um diese Wahl zu verkraften. Umgekehrt wollen wir die Schweiz auch in unsere globale Gemeinschaft holen. Die Mitarbeitenden, die Partner und die Kunden hier leisten sehr viel für das gesamte Unternehmen. Und das wird auch so wahrgenommen. Die Schweiz ist wichtig für Red Hat und für die Welt.
CW: Wobei die Schweiz bezüglich Digitalisierung nicht unbedingt Spitzenreiter ist.
Zobrist: Das ist eben die Schweizer Mentalität. Man schaut erst mal, was die anderen machen und ob das funktioniert. Wenn es klappt, zieht man nach. Und zwar richtig. Wenn der Zug erst einmal aufgegleist ist, läuft es schnell, zuverlässig und durchdacht. Das entspricht auch dem «Swiss Plan», den ich bereits erwähnt habe. Wir Schweizerinnen und Schweizer ticken vielleicht etwas anders, sind aber starke Partner.
CW: Eine letzte Frage an Sie persönlich. Wie lebt es sich bei Red Hat?
Zobrist: Sehr gut. Man ist Teil eines globalen Unternehmens auf Augenhöhe. Ich habe schon einige grosse Firmen erlebt. Bei Red Hat treffe ich auf eine offene Kultur und kann mich unabhängig von Hierarchiestufen mit meinen Kolleginnen und Kollegen austauschen. Ich habe einen grossen Handlungsspielraum, welcher aber auch Verantwortung mit sich bringt. Aber ich stehe nicht alleine da. Wir sind eine grosse Gemeinschaft an Kunden, Partnern und Mitarbeitenden. Dieses «Connect», welches Thema des diesjährigen Schweizer Summits war, erlebe ich jeden Tag. Das motiviert und prägt.
Richard Zobrist: Stimmt, es war eine kurze, aber sehr intensive Zeit. Es hat sich vieles verändert, und zwar grundlegend. Was Red Hat betrifft: Ich kenne das Unternehmen sehr gut, da ich zuvor über Jahre das Partnergeschäft geführt habe und interimsmässig ein Jahr lang für Österreich zuständig war. Auch wenn sich das gesellschaftliche und technologische Umfeld in den letzten zwei Jahren deutlich verändert hat, hat der Red Hat «Spirit» zum Glück überlebt.
CW: Interessant. Wie äussert sich denn dieser Spirit?
Zobrist: Wir pflegen eine offene Kultur und diskutieren Dinge gerne im Team. Unser Motto lautet «Die beste Idee gewinnt». Offenheit bedeutet auch, dass wir uns gerne mit Kunden und Partnern austauschen. Dazu gehören insbesondere auch unsere Technologiepartner. Als Schweizer liegt mir dieser offene Austausch im Blut. Schliesslich leben wir in einem Land, wo Beziehungspflege seit Jahrhunderten eine Tradition ist. Natürlich gibt es vom Konzern her einige Auflagen, aber für mich als Country Manager ist es wichtig, die lokalen Gegebenheiten zu repräsentieren. Mein Kernimpuls war und ist es noch heute: Was ist relevant für die Schweiz? In diesem Themenkreis sehe ich mich als Gestalter und Netzwerker. Dazu habe ich einen eigenen «Swiss Plan» ausgearbeitet, den ich seither akribisch mit meinem Team verfolge.
CW: Ein «Swiss Plan»? Wie sieht der aus?
Zobrist: Auf den ersten Blick sehen Schweizer Firmen wie viele andere Unternehmen in der Welt aus. Im Detail unterscheiden sie sich aber hinsichtlich Kultur, Strategie und Voraussetzungen deutlich von allen anderen. Mein Ziel ist es, für diese «Swissness» einzustehen – einerseits auf nationaler Ebene, andererseits aber auch auf internationaler Konzernebene. Unter uns gesagt, die Schweiz muss sich dabei nicht verstecken.
CW: Was interessiert Schweizer Kunden am meisten?
Zobrist: Es gibt einen enorm wichtigen Themenkreis, bestehend aus Kostendruck, Digitalisierung, Prozessoptimierung und IT-Automatisierung. Je nach Branche interpretieren unsere Kunden diese Ausgangslage anders. Die Notwendigkeit, hier neue Wege zu gehen, verbindet aber alle. Red Hat bietet mit Lösungen und Beratung dafür ausgezeichnete Ansätze.
CW: Ist der Schweizer Markt für Red Hat überhaupt relevant?
Zobrist: Absolut. Unser erster Kunde weltweit für den neuen Red Hat Developer Hub kommt zum Beispiel aus der Schweiz. Unser Land bietet hinsichtlich Innovation und Potenzial enorme Möglichkeiten. Das beweisen nicht zuletzt auch die Niederlassungen verschiedener Global Player in diesem Bereich. Die Schweiz hat einen exzellenten Markt und ist gleichzeitig das Nonplusultra, um globale Lösungen zu testen und zu etablieren. Wir haben hochqualifizierte Mitarbeitende in der Schweiz, welche einen hohen Anteil an der Entwicklung und der Beratung von Red Hat beisteuern.
CW: Red Hat und Linux – eine ewige Liebe. Aktueller Stand?
Zobrist: Wir leben und lieben Linux. Noch heute ist der Linux-Anteil am Unternehmenserfolg signifikant. Linux ist und bleibt eine Konstante bei Red Hat.
CW: Somit sind wir beim Stichwort Open Source. Offen gesagt, war ich sehr überrascht als beim diesjährigen Red Hat Summit über 800 Leute im Publikum sassen. Mehr noch: Ein grosser Teil kommt von richtig grossen Unternehmen. Ist Open Source jetzt «en vogue»?
Zobrist: Ich erinnere mich auch noch gut an die Zeiten, in denen man mit Open Source als Softwarepirat galt. Niemand konnte sich vorstellen, dass man damit die grossen Player bedrängen könnte. Heute sieht das anders aus. Cloud-Computing in allen Facetten wäre ohne Open-Source-Software undenkbar. Grosse Unternehmen könnten ohne die Flexibilität und Offenheit dieser Art von Software ihre individuellen IT-Systeme nicht betreiben. Die Idee hat sich etabliert und ist heute selbstverständlich geworden. Oder um im Bild zu bleiben, die Piraten von gestern sind die Commander von heute.
CW: Also verändert sich Red Hat in eine neue Richtung?
Zobrist: Ja und nein. Wie zuvor erwähnt, der Linux-Anteil ist nach wie vor sehr hoch. Wir fokussieren uns heute auf drei Plattformen: Automatisierung mit Red Hat Ansible Automation Platform, Digitalisierung mit Red Hat OpenShift und eben Linux mit Red Hat Enterprise Linux. Wir konzentrieren uns dabei auf den Enterprise-Bereich. Trotzdem gehen wir auch mit der Zeit und es kommen neue Lösungen wie Red Hat OpenShift AI und Red Hat Developer Hub - eine Entwicklungsumgebung für Software - an nächster Stelle. Wir wollen Softwareentwicklern helfen, schneller und einfacher neue Lösungen zu kreieren. Das geht allerdings nicht ohne die Zusammenarbeit mit anderen IT-Anbietern.
CW: Welche wären das?
Zobrist: Wir sind unter anderem intensiv mit Intel daran, das Zusammenspiel von Hardware und Betriebssystem zu optimieren. Aus dieser «Ehe» sind schon einige hübsche Kinder entstanden. Eine «Ich-mach-alles-allein»-Strategie kann man für die digitale Zukunft vergessen. Entweder man arbeitet mit Kunden und Partnern zusammen oder man landet in der Sackgasse. Dies sieht man ganz besonders bei den Container-Lösungen wo wir sehr aktiv mit unserem gesamten Ecosystem inkl. vieler unterschiedlicher Partner im Austausch und in der Zusammenarbeit sind.
CW: Naheliegend wäre auch, dass Red Hat künftig nicht nur Software, sondern gleich auch die gesamte Infrastruktur wie zum Beispiel Rechenzentren anbietet. Gibt es solche Überlegungen?
Zobrist: Ein ganz klares Nein. Red Hat ist eine Software Platform Company. Wir liefern quasi die Grundlage und arbeiten mit Partnern zusammen, damit diese entsprechende Lösungen realisieren können. Was wir noch anbieten können, sind Consulting-Services, damit die Lösungen über eine optimale Basis verfügen.
CW: Stichwort Partner. Red Hat einen bunten Strauss an illustren Partnern wie IBM, Microsoft, AWS, Intel und viele mehr. Kreuzt man da nicht immer mehr die Klingen?
Zobrist: Ist es nicht Realität, dass man mit mehreren Anbietern zusammenarbeitet, auch wenn diese Mitbewerber sind? Die Kunst besteht darin, dass man abgrenzen muss. Kooperation kann hier Sinn machen, aber dort unnötig sein. Momentan sehen wir wenige Überschneidungen zu anderen Anbietern. Im Gegenteil, die Synergien überwiegen deutlich. Deshalb schätzen wir unsere Partner sehr, denn sie beflügeln unsere Visionen für die Anwenderkunden.
CW: Was fasziniert Sie eigentlich an Red Hat?
Zobrist: Ich liebe es, zu gestalten. Red Hat bietet mir diese Möglichkeit. Noch besser: Diese Gestaltungsmöglichkeit lässt sich auch in die Software übertragen. Es ist also ein «Perfect Match» zwischen mir und Red Hat. Ich hätte nie gedacht, wie wichtig das Thema Open Source zum Beispiel für Cloud-Computing, für IT-Security und für Softwareentwicklung ist. Ich persönlich bin ein sehr offener Mensch, welcher den Austausch mit anderen geniesst und Spass hat, neue Wege zu gehen. All dies habe ich in der Red Hat-Kultur gefunden. Die Leute hier sind etwas verrückt, aber einfach genial.
CW: Wie erleben Sie persönlich die Red Hat-Kultur?
Zobrist (lacht): Das ist nicht leicht, in Worte zu fassen. Unsere Kultur basiert auf totaler Offenheit und Kooperation. Wir wollen die IT-Welt besser machen, arbeiten mit Partnern und Kunden zusammen und haben Spass dabei. Dass dies kein Geschwurbel ist, habe ich kürzlich an unserem Schweizer Summit erlebt. Unser zentrales Thema war «Connect» und das hat auch stattgefunden. Vom Entwickler über die Kunden zum Beratungsunternehmen – wir haben alle erreicht und begeistert.
CW: … und auch weitergebracht?
Zobrist: Ich denke schon. Red Hat ist heute mehr als nur Linux oder Open Source. Wir leisten einen substanziellen Beitrag zur Digitalisierung von Unternehmen. Nehmen wir etwa das Thema Cloud-Computing als zentrales Element. Das wäre nicht möglich, ohne zuverlässige, bezahlbare Technologie von uns. Inzwischen arbeiten bei uns rund 19'000 Leute weltweit. Wir selbst sind eingebunden in eine weltweite Community aus Anwendern, Beratern und Partner, welche die Software von Red Hat nutzt, um laufend neue, individuelle Lösungen zu entwickeln. Das war auch bei unserem kürzlichen Schweizer Event deutlich spürbar. Ja, ich denke schon, dass wir die Menschen weiterbringen.
CW: Zurück zur Schweiz. Sie fokussieren auf die Enterprise-Kunden. Ist dieser Markt hierzulande nicht langsam abgegrast?
Zobrist: Ich denke nicht. Einerseits gibt es in der ganzen Schweiz zahlreiche Unternehmen, welche in die Kategorie Enterprise passen. Andererseits sind alle Enterprise-Firmen laufend und massiv in einem Digitalisierungsprozess, welche sich noch über viele Jahre erstreckt. Mit den Lösungen von Red Hat und unseren Partnern bieten wir passende Ansätze für Unternehmen in allen Branchen. Dazu gehört die Automatisierung von Systemumgebungen und Netzwerken genauso wie die Entwicklung individueller Lösungen. Hinzu kommt, dass es in der Schweiz zahlreiche Domizile internationaler Organisationen und Konzerne gibt.
CW: Einige davon befinden sich in der Romandie. Sprechen Sie französisch?
Zobrist: Mais oui. Red Hat ist ein multinationales Unternehmen. Wenn wir von der Schweiz sprechen, sind alle Landesteile inkludiert. Die Romandie ist eine faszinierende Wirtschaftsregion. Ich selbst spreche auch die französische Sprache und bin sehr gerne am Genfersee. Der Röstigraben existiert für mich, für uns nicht. Wussten Sie übrigens, dass der offizielle Firmensitz von Red Hat in der Schweiz in Neuchâtel ist? Das hat historische Gründe, ist für uns aber immer noch aktuell und wichtig.
CW: War das der Grund, warum man beim Red Hat Summit 2024 in Zürich Englisch gesprochen hat?
Zobrist: Genau. Wir wollten keiner Sprachregion den Vorzug geben oder Teilnehmende ausschliessen. So haben wir uns auf Englisch geeinigt. Das war auch für unsere Mitarbeitende aus dem Ausland von Vorteil. Ich glaube, die Schweiz ist international genug, um diese Wahl zu verkraften. Umgekehrt wollen wir die Schweiz auch in unsere globale Gemeinschaft holen. Die Mitarbeitenden, die Partner und die Kunden hier leisten sehr viel für das gesamte Unternehmen. Und das wird auch so wahrgenommen. Die Schweiz ist wichtig für Red Hat und für die Welt.
CW: Wobei die Schweiz bezüglich Digitalisierung nicht unbedingt Spitzenreiter ist.
Zobrist: Das ist eben die Schweizer Mentalität. Man schaut erst mal, was die anderen machen und ob das funktioniert. Wenn es klappt, zieht man nach. Und zwar richtig. Wenn der Zug erst einmal aufgegleist ist, läuft es schnell, zuverlässig und durchdacht. Das entspricht auch dem «Swiss Plan», den ich bereits erwähnt habe. Wir Schweizerinnen und Schweizer ticken vielleicht etwas anders, sind aber starke Partner.
CW: Eine letzte Frage an Sie persönlich. Wie lebt es sich bei Red Hat?
Zobrist: Sehr gut. Man ist Teil eines globalen Unternehmens auf Augenhöhe. Ich habe schon einige grosse Firmen erlebt. Bei Red Hat treffe ich auf eine offene Kultur und kann mich unabhängig von Hierarchiestufen mit meinen Kolleginnen und Kollegen austauschen. Ich habe einen grossen Handlungsspielraum, welcher aber auch Verantwortung mit sich bringt. Aber ich stehe nicht alleine da. Wir sind eine grosse Gemeinschaft an Kunden, Partnern und Mitarbeitenden. Dieses «Connect», welches Thema des diesjährigen Schweizer Summits war, erlebe ich jeden Tag. Das motiviert und prägt.