Michael Jores von SUSE im Interview 21.11.2019, 14:41 Uhr

Open Source ist Innovationsmotor der Digitalisierung

Egal ob Cloud, Edge, IoT oder Machine Learning: Open Source erlebt derzeit einen Höhenflug in der IT. Michael Jores von SUSE erläutert im Interview diesen Trend und belegt, warum freie Software der Innovationstreiber in der IT ist.
Michael Jores, Regional Manager Central Europe bei SUSE
(Quelle: SUSE)
IBM sorgte im vergangenen Jahr mit der Akquise des Linux-Spezialisten Red Hat für Schlagzeilen. Stattliche 34 Milliarden Dollar war Big Blue die Übernahme wert. Gleichfalls viel Aufsehen entfachte der Merger zwischen Microsoft und der Code-Hosting-Plattform GitHub. Die Redmonder bezahlten für das Open-Source-Ju­wel insgesamt 7,5 Milliarden US-Dollar.
Die Investitionsbereitschaft grosser Tech-Konzerne in Open Source kommt nicht von ungefähr: Freie Lösungen und Projekte haben sich in den vergangenen Jahren zum Innovationstreiber schlechthin gemausert. Entwickler erlernen ihr Handwerk heutzutage vorrangig mit freien Tools und setzen diese dann auch bevorzugt bei ihren künftigen Arbeitgebern ein. Daneben wissen Grossprojekte wie der Linux-Kernel eine weltweite Entwickler-Community hinter sich zu scharen. Dem Potenzial solcher Gemeinschaften haben selbst Grosskonzerne wenig entgegenzusetzen.
Wie sich der zunehmende Trend zu Open Source in der Unternehmens-IT erklären lässt, erläutert Michael Jores, Regional Manager Central Europe bei SUSE, im Gespräch mit Computerworld.
Computerworld: Open-Source-Technologien sind momentan auf der Über­hol­spur. Der Bitkom hat erst kürzlich im Open Source Monitor 2019 berichtet, dass in Deutschland rund zwei Drittel aller grösseren Unternehmen Open Source verwenden. Wie lässt sich diese Entwicklung erklären?

Michael Jores: Es gibt sehr natürliche Gründe, warum das passiert. Das Eine ist der Siegeszug von Linux, den wir schon seit Jahren beobachten. Hier steckt ein Grund dahinter, das ist die Abstraktion von der Hardware-Ebene, um damit eine Hersteller-Unabhängigkeit zu erreichen. Das sind aber Geschichten von gestern. Open Source hat deshalb gerade jetzt so einen spannenden Schub nach vorne erfahren, weil sich die Unternehmen und speziell der Mittelstand mit der digitalen Transformation beschäftigen.

SAP hat es vorgemacht: Es gibt einen guten Grund, warum der Konzern mit seinen Werkzeugen und den Kernsystemen für die digitale Transformation wie HANA auf Open Source Software setzt – und auch in der ganzen Peripherie auf Open Source Software setzt. Das hängt mit den Innovationszyklen zusammen, die hier erwartet und von der Open Source geliefert werden.

Ja, es gibt natürlich auch proprietäre Software-Hersteller, die Innovationen zur Verfügung stellen – auch in der Infrastruktur. Aber wenn man als Kunde darauf achten will, dass man mit der Innovation auch wirklich im Mainstream bleibt, dann setzt man heute auf Open Source. Hier weiss man, dass alles was kommt auch einen langfristigen Scope hat. Die Technologie ist also nicht nur momentan super gut geeignet, sondern auch langfristig verfügbar.

Open Source ist nicht gratis

Computerworld: Der Kostenfaktor spielt also keine wesentliche Rolle?
Jores: In gewisser Weise spielt das natürlich eine Rolle. Aber ich möchte von der Überlegung abraten, dass Open Source automatisch kostengünstig oder gratis ist. Das ist nicht so. Der Kostenfaktor ist natürlich ein wichtiger Aspekt, aber das hat mehr mit Belangen der Architektur zu tun, die sich etwa auch an der Beliebtheit von Linux zeigen. Warum ist Linux so erfolgreich? Weil es ein Unix-artiges Betriebssystem auf einer Standard-Industrie-Hardware zur Verfügung gestellt hat. Die teure Hardware darunter war nicht mehr erforderlich. Auf der Software-Ebene werden aber die gleichen Anforderungen gestellt: hohe Verfügbarkeit, schnelle Fehlerbehebungen bei Support-Problemen, guter Support und gute Maintenance. Und hier Fallen die Kosten an. Aber die Infrastruktur kann man sich mit Hilfe von Open-Source-Komponenten deutlich besser optimieren, weil diese für alle möglichen Hersteller zur Verfügung stehen. Und gerade wenn wir die Multi Cloud und solche Bereiche betrachten, finden Sie immer dieselbe Plattform auf den unterschiedlichsten Systemen.

Computerworld: So lässt sich also der Vendor Lock-in verhindern?

Jores: Genau, und man gewinnt an Flexibilität. Denn heutzutage lassen Kunden Teile ihrer IT in der Public Cloud laufen und andere Teile On-Premises, was mit dem Einsatz containerbasierter Applikationen ermöglicht wird. In der Open Source greift da also vieles schön ineinander und funktioniert auch auf all diesen Plattformen.

Diese Vorteile bietet Open Source


Computerworld: Und was sind die grössten Vorzüge beim Einsatz von Open Source?

Jores: Also für mich liegt der Hauptvorteil, den ich auch im Markt immer verfolgen kann, auf der Innovation im Mainstream. Weil wir, auch hier bei SUSE, über Infrastruktur-Technologie reden. Wenn ein Unternehmen die digitale Transformation angeht, muss es sicherstellen, dass es sich um die Infrastruktur über längere Zeit keine Sorgen mehr machen muss. Man will Applikationen nach vorne bringen, man hat neue Geschäftsanforderungen, die man auch schnell umsetzen möchte. Und genau da ist es wichtig, dass man mit seiner Infrastruktur nicht in eine Sackgasse kommt. Deshalb ist die Innovation im Mainstream so wichtig.

Ein weiterer Vorteil liegt beim Thema Software-Defined-Infrastrukturen (SDI), denn nur die Open Source ist heute in der Lage, auch Hersteller-übergreifend SD-Storage zur Verfügung zu stellen oder auch SD-Computing über Linux. Allgemein ist Open Source beim Thema Software Defined der Innovationsmotor schlechthin. Und SD-Lösungen sind im Gegenzug erforderlich, um bei der Digitalisierung eine grösstmögliche Flexibilität zu erreichen. Damit man beispielsweise als KMU nicht anfangen muss, die Grösse seines Rechenzentrums zu kalkulieren, sondern direkt loslegen kann und wenn die Kapazität nicht ausreicht, können Teile über die Cloud ausgelagert werden.



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