TU Chemnitz, Uni Saarbrücken 10.06.2020, 15:47 Uhr

Forscher analysieren Hirnaktivität beim Programmieren

Ein Forschungsteam rund um Professorin Janet Siegmund (TU Chemnitz) hat die Hirnaktivität beim Verstehen von Programmcode analysiert.
(Quelle: commons.wikimedia.org)
Was geht in den Köpfen von Programmiererinnen und Programmierern vor, wenn sie Software schreiben? Diese Frage stellten sich Professor Dr. Janet Siegmund (TU Chemnitz), Professor Dr. Sven Apel (Uni Saarland) und Dr. André Brechmann (Leibniz-Institut für Neurobiologie, Magdeburg). Um das herauszufinden, verwendeten Janet Siegmund und ihre Forscherkollegen bildgebende Verfahren aus den Neurowissenschaften und untersuchten, welche Hirnareale beim Lesen und Verstehen von Computerprogrammen aktiviert werden. Ihr verblüffendes Ergebnis: Programmieren ist wie Sprechen. Denn sie fanden heraus, dass vor allem die Hirnregionen aktiv sind, die auch bei der Verarbeitung natürlicher Sprache relevant sind.
«Ziel war es, einen völlig neuen Ansatz zu entwickeln, damit wir die kognitiven Prozesse, die beim Programmieren ablaufen, besser verstehen», sagt Sven Apel aus Saarbrücken. Siegmund, Apel und Brechmann machten erstmalig die Hirnaktivität von Programmiererinnen und Programmieren sichtbar, während diese mehrere Codezeilen analysierten. Dabei arbeiteten die Wissenschaftler wie eine Einheit zusammen, die sich gegenseitig ergänzt. Während Brechmann als versierter Neurowissenschaftler seine Erfahrung für Experimente in der Funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRI) und Apel als erfahrener Forscher seine Expertise im Bereich Softwareentwicklung einbrachte, fungierte Siegmund mit ihrer interdisziplinären Expertise in Psychologie und Informatik als Bindeglied.
Das Forscherteam wendete bei ihrer Studie die in der Neurowissenschaft bewährte Subtraktionsmethode an: Die Probanden bearbeiteten im Magnetresonanztomographen zuerst eine Aufgabe, zu deren Lösung sie einen Programmcode-Auszug verstehen mussten. Nach einer kurzen Ruhepause sollten sie einen Code-Schnipsel auf einfache Syntaxfehler überprüfen, was für Programmierer eine Routineaufgabe darstellt, also keine Verständnisfrage war. Dieser Ablauf wurde mehrfach wiederholt. Im Anschluss wurden die Bilder der Hirnaktivität während des Bearbeitens der Routineaufgabe von den Bildern des Verständnistests subtrahiert – was übrigblieb, waren die Hirnregionen, die für den Prozess des Programmverstehens von besonderer Bedeutung sind.
Die Erkenntnisse könnten weitreichende Folgen für das Programmieren haben, sagen die Forscher, beispielsweise beim Design von Programmiersprachen, in der Programmierausbildung oder bei der Beantwortung grundlegender Fragen – etwa, was komplizierten oder einfachen Programmcode ausmacht.
Hier geht's zur englischsprachigen Original-Veröffentlichung der Forscher

Bernhard Lauer
Autor(in) Bernhard Lauer



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