Diversität und Inklusion 28.02.2022, 05:20 Uhr

«Business-Sprache ist in den 80ern stehen geblieben»

Stereotypen und veraltete Denkmuster sind in der Business-Kommunikation auch heute noch präsent, sagt Nadia Fischer von Witty Works. Mit ihrem Team hat sie deshalb das Browser-Plug-in «Witty» entwickelt, ein Assistent für inklusive Sprache.
Inklusive Sprache ist mehr als das Gendersternchen, sagt Nadia Fischer
(Quelle: Samuel Trümpy)
Witty Works hat mit dem Browser-Plug-in «Witty» einen Assistenten lanciert, der Unternehmen zu mehr Diversität und Inklusion verhelfen soll. Das ist auch nötig, sagt Nadia Fischer, Co-Founder und CEO. Denn ihr zufolge hinkt die Business-Kommunikation diesbezüglich immer noch hinterher. Im Interview spricht sie über die Gründe und erklärt, wie sie Firmen mit ihrer Software auf die Sprünge helfen will.
Computerworld: Vielfalt, Gleichstellung und Inklusion haben sich viele Unternehmen auf die Fahne geschrieben. Widerspiegelt sich dies im Geschäftsalltag auch im Sprachgebrauch?
Nadia Fischer: Nein, das sehe ich nicht so. Wir arbeiten mit einigen Unternehmen zusammen, die sich zum Beispiel sehr stark für LGBTI einsetzen. Diese Überzeugung wird zwar nach aussen getragen, im Innern passiert aber noch nicht viel. Und grundsätzlich sind sich viele wohl gar nicht bewusst, wie stark Sprache beeinflusst wird von den Stereotypen, die wir immer noch mit uns herumtragen.
CW: Welche Stereotypen und Denkmuster schleichen sich denn heutzutage Ihrer Erfahrung nach im Business-Kontext unterbewusst noch am häufigsten ein?
Fischer: Da gibt es natürlich ganz viele. Aber junge Generationen wie auch Frauen sprechen etwa überhaupt nicht mehr auf kompetitive Sprache an. Ausdrücke wie «Ehrgeiz» oder «Top-Performer» sind in der Business-Kommunikation nach wie vor sehr gebräuchlich, vermitteln aber viel Wettbewerb unter den Leuten. Und gerade für Frauen oder junge Talente ist das gar nicht mehr attraktiv. Sie wurden anders sozialisiert und sprechen dagegen wesentlich mehr auf Kooperation an. Ein anderes Beispiel: Wenn eine Person neu ins Unternehmen kommt und in der Kommunikation ständig Abkürzungen verwendet werden, dann ist das auch nicht inklusiv. Für die neu angestellte Person ist es so nämlich schwierig, sich einzuarbeiten. Oder es dauert einfach länger. Da zeigt sich, dass inklusive Sprache mehr ist als das Gendersternchen. Es geht darum, eine Sprache zu nutzen, die alle anspricht und mit der ein Zugehörigkeitsgefühl geschaffen wird.
CW: Weshalb stockt die Umsetzung?
Fischer: Sicher aufgrund alter Gewohnheiten. Ich würde sagen, die Business-Sprache ist in den 80ern stehen geblieben. Zudem machen wir im Büro viel Copy & Paste – bei Verträgen, Stellenanzeigen etc. So erhält sich das Ganze natürlich zusätzlich, anstatt sich neuen Gegebenheiten anzupassen. Und nicht zuletzt kommt das Bewusstsein für Diversität und inklusive Kultur erst jetzt so richtig auf. Da hinkt die Sprache einfach noch hinterher.
Zur Person
Nadja Fischer
arbeitete unter anderem in einem Start-up in San Francisco und verantwortete als Product Owner die Entwicklung von Software-Applikationen sowie auch das Business Development des Zürcher Büros von Liip. Sie ist Co-Founder von Witty Works und führt das Unternehmen nun als CEO.



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