E-Voting
05.03.2023, 22:19 Uhr
Wiederaufnahme der Versuche mit E-Voting vom Bundesrat bewilligt
Der Bundesrat erlaubt wieder Versuche mit E-Voting. Beim eidgenössischen Urnengang am 18. Juni können die drei Kantone Basel-Stadt, St. Gallen und Thurgau zum ersten Mal das neue E-Voting-System der Post einsetzen.
Ob im Herbst auch elektronisch gewählt werden kann, entscheiden die Kantone. In Basel-Stadt, St. Gallen und Thurgau darf allerdings lediglich ein kleiner Teil der Stimmberechtigten das Votum elektronisch abgeben. Insgesamt haben die Kantone für den 18. Juni die Zulassung von rund 65'000 Stimmberechtigten beantragt. Das sind laut Bundeskanzlei rund 1,2 Prozent aller Stimmberechtigten im Land.
Nur wenige zugelassen
In allen drei Kantonen können Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer elektronisch abstimmen. Basel-Stadt lässt zudem im Inland lebende Menschen mit Behinderungen zu. In St. Gallen wiederum können Stimmberechtigte aus Gemeinden, die E-Voting anbieten wollen, die virtuelle Urne benutzen.
"Der Bundesrat hält die Risiken bei einem derart kleinen Elektorat für vertretbar", sagte Bundeskanzler Walter Thurnherr am Freitag in Bern vor den Medien. Fehler und Manipulationen am System liessen sich nie ganz ausschliessen. Die Hürden seien jedoch hoch.
Die Grundbewilligungen für die Kantone für eine beschränkte Zahl von Stimmberechtigten gelten bis und mit dem Abstimmungstermin am 18. Mai 2025. Neben diesen Grundbewilligungen benötigen die Kantone für jeden Urnengang eine Zulassung der Bundeskanzlei.
Ob weitere Zulassungen erteilt werden, hängt von der Umsetzung der in einem veröffentlichten Katalog gelisteten Verbesserungsmassnahmen ab. Elektronisches Abstimmen funktioniere nur mit dem Vertrauen der Bevölkerung, betonte Thurnherr.
Ob im Herbst elektronisch gewählt werden kann, entscheiden die Kantone. Sie müssen ein Gesuch bei der Bundeskanzlei stellen. Laut der Baselstädter Staatsschreiberin Barbara Schüpbach-Guggenbühl wollen Basel-Stadt, St. Gallen und Thurgau elektronisch wählen lassen. Graubünden plane 2024 Jahr erste E-Voting-Projekte.
2019 abgebrochen
E-Voting-Systeme waren 2019 letztmals eingesetzt worden. In jenem Jahr entschied der Bundesrat, die elektronische Stimmabgabe wegen Sicherheitsproblemen vorläufig nicht als ordentlichen Stimmkanal einzuführen. Die Post und der Kanton Genf zogen daraufhin ihre damaligen Systeme zurück.
Zuvor hatten ab 2004 laut früheren Angaben der Bundeskanzlei 15 Kantone über 300 Versuche mit elektronischer Stimmabgabe durchgeführt. Der Bund bekundete indes die Absicht, die Versuche wiederaufzunehmen.
2021 veröffentlichte die Post den verifizierbaren Quellcode und die Dokumentation ihres neuen Systems. Sie verbesserte es dabei grundlegend, unter anderem mit einem öffentlichen Intrusionstest, wie die Bundeskanzlei schrieb. Für weitere Verbesserungen am System sollen auch Ergebnisse der Praxis genutzt werden.
Neu lässt der Bund nur vollständig verifizierbare und in seinem Auftrag unabhängig überprüfte Systeme für E-Voting-Versuche zu. Maximal 30 Prozent der Berechtigten im Kanton und 10 Prozent der landesweit Berechtigten dürfen elektronisch stimmen.
Wann das ganze Land elektronisch abstimmen könne, konnte Thurnherr auf eine Journalistenfrage nicht sagen. Gesetzlich sei E-Voting nur als Versuch zulässig. Aus Sicht von Schüpbach-Guggenbühl ist der grosse Aufwand für die Kantone vertretbar. Die Stimmberechtigten sollten dort abgeholt werden, wo sie seien, also online, sagte sie.
Laufende Weiterentwicklung
Die vollständige Verifizierbarkeit des E-Voting-Systems ist wichtig für die Sicherheit: Sie erlaube es, anhand von Prüfcodes und mathematischen Beweisen allfällige Manipulationen an abgegebenen Stimmen zu finden und darauf zu reagieren, schrieb die Bundeskanzlei.
Die Post versicherte in einem Communiqué, ihr System kontinuierlich weiterzuentwickeln, mit der Expertise unabhängiger Fachleute. Seit Anfang 2021 seien im Rahmen eines Bug-Bounty-Programms 203 wertvolle Meldungen eingegangen. Fachwissen von aussen will die Post weiterhin nutzen für ihr E-Voting-System.
Elektronisches Abstimmen und Wählen wird namentlich von Auslandschweizerinnen und -schweizern, die im Heimatland abstimmen wollen, immer wieder gefordert. Grund ist, dass je nach Wohnort die Stimmkuverts so spät eintreffen, dass die Zeit nicht reicht für das rechtzeitige Zurückschicken der ausgefüllten Stimmzettel.