Statistik zur Fernmeldeüberwachung
07.05.2020, 15:10 Uhr
Schweizer Strafverfolger setzten Staatstrojaner 2019 zwölf Mal ein
Die aktuelle Statistik zur Fernmeldeüberwachung verzeichnet erstmals abgeschlossene Einsätze mit Staatstrojanern. Insgesamt zwölf Mal griffen Schweizer Strafverfolger im letzten Jahr zu diesem Mittel.
Im Jahr 2019 haben Schweizer Strafverfolgungsbehörden und der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) beim Dienst Überwachung Post- und Fernmeldewesen (ÜPF) insgesamt mehr Überwachungsmassnahmen angeordnet als noch im Vorjahr. Das zeigt die aktuelle Statistik zur Fernmeldeüberwachung. Der Dienst ÜPF übernimmt jeweils die Überwachungen von Kommunikationsmitteln im Auftrag der Strafverfolgungsbehörden oder des NDB.
Erstmals verzeichnet die Statistik auch abgeschlossene Einsätze mit Staatstrojanern (Govware). Zwölf Mal wurde dieses Ermittlungsinstrument im letzten Jahr eingesetzt, wie der Dienst ÜPF mitteilt. Die meisten davon seien bei schweren Delikten gegen Leib und Leben und schweren Betäubungsmitteldelikten eingesetzt worden. Der Dienst ÜPF setzt Govware allerdings nicht selbst ein, listet die Einsätze aber trotzdem in seiner Statistik auf. Bei Govware handelt es sich um Software, die heimlich auf Geräten von Verdächtigen installiert wird. Die Behörden können dadurch selbst dann mitlesen, wenn über verschlüsselte Dienste wie WhatsApp oder Telegram kommuniziert wird. Der Einsatz von solchen Staatstrojanern ist allerdings stark umstritten.
Der Auswertung zufolge beläuft sich die Anzahl Einsätze von IMSI-Catchern auf 103 (2018: 84). Die Geräte, die von Ermittlungsbehörden genutzt werden, um Handys zu suchen, zu lokalisieren und abzuhören, seien grösstenteils bei schweren Betäubungsmitteldelikten und Notsuchen nach vermissten Personen eingesetzt worden.
Mehr rückwirkende Überwachungsmassnahmen
Einen deutlichen Anstieg gab es im letzten Jahr bei den rückwirkenden Überwachungsmassnahmen, wie der Dienst ÜPF weiter mitteilt. Darunter fallen etwa Verbindungsnachweise oder Antennensuchläufe (Verbindungsnachweise auf einer bestimmten Mobilfunkzelle). Angeordnet wurden diese 6550 Mal (2018: 5225). Gemäss Mitteilung ist die Zunahme einerseits auf den vermehrten Einsatz von Antennensuchläufen zurückzuführen, andererseits auf die Technik. Am 18. März 2019 sei eine neue Systemkomponente eingeführt worden, mit der Antennensuchläufe nun statistisch feiner erfasst und ausgewiesen werden können. Dem Dienst ÜPF zufolge wurden solche in 27 Fällen angeordnet. Dabei analysierte man 1726 Mobilfunkzellen à je 2 Stunden – was einem Anstieg von 91 Prozent gegenüber 2018 entspricht.
Laut Auswertung sanken dagegen die Echtzeitüberwachungsmassnahmen, wie beispielsweise das Mithören von Telefonaten oder das Mitlesen von E-Mails. So hörten oder lasen Strafjustiz und Nachrichtendienst im vergangenen Jahr insgesamt 1429 Mal in Echtzeit mit. Insgesamt weist der Dienst ÜPF 8666 Einsätze in seiner Statistik zum Jahr 2019 aus (2018: 7558).
Wie dieser letztlich noch zu entnehmen ist, ordnen die Strafverfolgungsbehörden in etwa 1,5 Prozent aller Delikte eine Fernmeldeüberwachung an. Dabei werden diese in Relation zu der Gesamtzahl der Delikte gemäss polizeilicher Kriminalstatistik gesetzt (2019: 544'781).