Lehren aus dem Cambridge-Analytica-Skandal

Schutz der eigenen Privatsphäre

Computerworld: Was kann jeder Einzelne tun, um seine Privatsphäre zu schützen? Oder hilft nur digitale Enthaltsamkeit?
Kaiser: Natürlich ist es möglich Ihre Privatsphäre zu schützen. Allerdings ist das auch nicht ganz leicht. Heutzutage verstecken Unternehmen in den AGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen) die Art und Weise, wie Daten der Nutzer übernommen werden. AGB sollten immer genau gelesen werden! Entsprechen diese nicht den Vorstellungen der Nutzer, sollten die betreffende Plattform, App oder das jeweilige Produkt schlicht nicht genutzt werden. Die Federal Trade Commission (FTC) der Vereinigten Staaten hat übrigens erst kürzlich entschieden, dass die Art und Weise, wie Unternehmen derzeit AGB schreiben, eine Verletzung der Verbraucherschutzgesetze darstellt und dass diese Unternehmen transparenter werden und den Kunden mehr Möglichkeiten bieten müssen. Aktuell gibt es nur die Auswahl zwischen «Alles oder Nichts». Künftig soll es aber die Möglichkeit geben, einzelnen Bedingungen zuzustimmen und anderen zu wiedersprechen.
Computerworld: Ist es in einer Welt, die - digital betrachtet - von Unternehmen wie Facebook und Google dominiert wird, überhaupt noch möglich, sich ein gewisses Mass an Anonymität und den freien Willen zu bewahren?
Britanny Kaisers Erfahrungsbericht erscheint Ende Januar 2020 auch auf deutsch, und zwar unter dem Titel «Die Datendiktatur: Wie Wahlen manipuliert werden»
Quelle: pd
Kaiser:
Im Moment denke ich, dass unsere einzige Hoffnung darin besteht, dass wir lernen müssen wie Data Targeting, Desinformation und Fake-News funktionieren. Wenn man sich darüber informieren können, wie Unternehmen und politische Parteien Daten nutzen, um zu überzeugen und zu manipulieren, dann könne man das, was man sehen, mit Vorsicht geniessen. Für den Einzelnen wäre schlicht klarer, was Fakt ist und welche Inhalte hingegen nur zur Manipulation eingesetzt werden. Digitale Intelligenz ist unsere grösste Hoffnung auf einen freien Willen.
Computerworld: Warum glauben Sie war es für CA so leicht, die Nutzer zu beeinflussen? Sind die Menschen inzwischen einfach zu unbedarft im Netz unterwegs?
Kaiser: Es war keineswegs einfach, aber Cambridge Analytica besass so viele Daten über die Menschen, dass man ihre Interessen und ihr Verhalten vorhersagen konnte. Anhand dieser Informationen konnten die Datenwissenschaftler erkennen, wer anfällig für Beeinflussung ist und Strategien entwickeln, um diese Menschen zu überzeugen, zu wählen (oder nicht), ein neues Produkt zu kaufen oder sich für ein bestimmtes Thema zu interessieren. Ja, ich glaube auch, dass die Menschen im Netz naiv sind, aber weil uns in den Schulen keine digitale Kompetenz vermittelt wurde. Das ändert sich jetzt mit dem neuen globalen Bildungsstandard DQ (Digital Intelligence), der zuerst in den Mittelschulen auf der ganzen Welt, dann in den weiterführenden Schulen und darüber hinaus eingeführt wird. Ich hoffe, dass Kinder eines Tages niemals ein digitales Gerät erhalten werden, bevor sie nicht verstanden haben, wie sie sich bei der Nutzung schützen können. Das gilt auch für Erwachsene!
Computerworld: Halten Sie ein universelles Regelwerk, wie Tim Berners-Lees «Contract to fix the Internet», für sinnvoll beziehungsweise für wirkungsvoll?
Kaiser: Wenn ich das Internet neu erfinden könnte, würde ich es eher nach dem Vorbild der Blockchain- oder Distributed-Ledger-Technologie (DLT) gestalten. Die Prinzipien sollten den Wert von Daten respektieren, Transparenz schaffen und den Nutzern die Möglichkeit zur souveränen Entscheidungsfindung darüber bieten, wohin die Daten gehen Wir müssen uns vom Internet der Information zum Internet des Wertes bewegen und erkennen, dass Daten heute das wertvollste Gut auf der Erde sind und dass wir als Produzenten dieses Wertes Rechte an ihnen haben sollten.
Computerworld: Was plant die Person Brittany Kaiser als nächstes? Wo wird Ihre ganz persönliche Reise sie in den kommenden Monaten hinführen?
Kaiser: Im Moment arbeite ich an der Datenschutzgesetzgebung in den Staaten Kalifornien und New York, um ein gutes Beispiel dafür zu geben, wie der nationale Datenschutz für die Vereinigten Staaten aussehen sollte. Meine Stiftung «Own Your Data Foundation» arbeitet an der Gestaltung eines Lehrplans für digitale Intelligenz in Schulen.



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