03.07.2017, 07:00 Uhr

Das Surface Studio von Microsoft im Test

Wer schon immer mal ein 28-Zoll-Tablet mit Desktop-Power haben wollte, hat jetzt das Surface Studio. Das Gerät kostet allerdings eine Kleinigkeit.
Microsoft will mit dem Surface Studio hoch hinaus. Das Surface Studio soll zu dem Arbeitstier für grafisch Tätige werden. Dafür sorgen soll ein riesiges, hochauflösendes Display mit Touch- und Stylus-Unterstützung, kombiniert mit kräftiger Hardware und minimalistischem, elegantem Design. Display & Stylus Beginnen wir beim Kernstück des Surface Studio. Das Display misst stolze 28 Zoll und liefert eine Bildschirmauflösung von 4500 x 3000 Pixeln. Eine ungewöhnliche Auflösung, die gleich wieder klar macht: Das Surface Studio hat eine bestimmte Zielgruppe – und es ist nicht der Durchschnittsnutzer. Das Seitenverhältnis von 3:2 richtet sich vor allem an Fotografen und andere grafisch Tätige. Für Netflix-Fans und Gamer ist 3:2 nicht wirklich ideal. Zum Bearbeiten von Medien hingegen umso mehr. Durch die hohe Auflösung können 4K-Medien (3840 × 2160) problemlos in voller Grösse bearbeitet werden. Für Spiegelreflex-Fotos reicht es noch nicht ganz. Ein 24-Mpx-Bild von Nikon misst beispielsweise 6000 × 4000 Pixel. Dennoch ist das Upgrade von einem 4K-Display bereits ordentlich. Wer von einem FHD-Display umsteigt, wird die ersten Stunden am Studio sowieso nur breit grinsend verbringen. Für professionelle Anwendungen ist das Display absolut bereit. Es umfasst den Filmstandard DCI-P3 und damit die nötigen Farben, welche für exaktes Arbeiten nötig sind. Dazu sind zwei weitere Farbprofile verfügbar, welche über die Windows-Farbverwaltung eingestellt werden können: sRGB und Vivid. Ersteres bietet eine hundertprozentige Abdeckung des sRGB-Spektrums, für entsprechende Projekte. Zweiteres rechnet Medien mit kleineren Farbumfängen auf DCI-P3 hoch, um den Farbumfang zu verbessern. Im Lieferumfang des Surface Studio enthalten ist der Stylus, den man bereits vom Surface Tablet her kennt. Dieser verhält sich, wie man es sich vom Surface Pro her gewohnt ist: ausgezeichnet. Der Nutzen des Steuerungs-Pucks «Dial» hingegen ist ein wenig fragwürdig. Je nach Applikation lassen sich mit Dial verschiedene Einstellungen vornehmen, ohne dass man dafür die Tastatur oder die Maus benutzen muss. Wirklich viel lässt sich damit aber noch nicht anstellen. Für ein optionales Accessoire, das rund 100 Franken extra kostet, noch zu wenig. Was das Surface Studio endgültig von der Konkurrenz abhebt, ist die Aufhängung, die das Display stufenlos neigen lässt. Neigt man das Display komplett nach hinten, fungiert es im Prinzip als Zeichentablet, wie beispielsweise das Surface Pro mit seinem Kickstand. Nur halt in 28 Zoll. Das sieht nicht nur beeindruckend aus, sondern ist auch überaus praktisch. Für digitale Maler ist es, als hätten sich Ihr Desktop-PC und das Wacom-Tablet zu einem einzelnen, durchdesignten Gerät zusammengetan. Einen Nachteil hat das Kippscharnier des Surface Studio jedoch: Das Display lässt sich nicht in der Höhe verstellen, ohne dass es dabei gekippt wird. Aus ergonomischen Gründen wäre das jedoch sinnvoll. Äusseres & Verarbeitung Minimalistisch geht es beim Äusseren des Surface Studio zu und her. Das Display des Surface Studio sieht grundsätzlich aus wie ein Surface Pro. Ausser dem Panel und einem schwarzen Rand gibt es hier nichts zu sehen. Nicht einmal ein Microsoft-Logo. Dieses findet man nur auf der Rückseite, wie gewohnt in glänzendem Silber auf halbmattem hellgrau. Anschlüsse am Display gibt es keine. Lediglich der Ein/Aus-Knopf und die Lautstärkeregelung sind am rechten Rand des Displays angebracht. Mit einer Dicke von gerade einmal 12,5 mm ist es zudem dünner als so mancher dedizierte Monitor. Das liegt daran, dass die Hardware des Surface Studio nicht hinter dem Display angebracht ist, sondern sich im Standfuss des Gerätes befindet. Auch dieser ist in schlichtem grau gehalten, ohne jegliche Logos. Hier hat es Microsoft sogar ein wenig übertrieben mit dem Minimalismus. So sind sämtliche Anschlüsse auf der Rückseite des Standfusses angebracht. Für die wenig wechselnden Anschlüsse wie LAN und Strom ergibt das durchaus Sinn. Die anderen Anschlüsse, wie USB oder 3,5 mm Audio, sind auf der Rückseite jedoch nur schwer erreichbar. Verfügbar sind, sofern man seinen Arm unter dem Display durchquetschen kann: viermal USB-A 3.0, einmal RJ45, einmal Mini-DisplayPort, einmal 3,5 mm Audio und ein SD-Kartenslot. USB-C oder Thunderbolt gibt es leider nicht. Was die Verarbeitung des Surface Studios angeht, gibt es so gut wie nichts zu bemängeln. Standfuss, Scharniere und Co. sind durchs Band tadellos verarbeitet und qualitativ hochwertig. Das Metallgehäuse balanciert stabil auf den ebenfalls metallenen Scharnieren. Nichts wackelt, hakt oder läuft sonst ungenau. Nächste Seite: Leistung & Komponenten und Software & Zubehör Leistung & Komponenten Für das Innere des Surface Studio kann man das fast immer sagen, aber halt nur fast. Verbaut sind hochwertige Komponenten, allerdings nicht mehr ganz die Spitze der Aktualität. Je nach Ausführung gibt es einen Intel i7 oder i5-Prozessor der Skylake-Generation. Unser Testgerät kommt mit einem Intel i7-6820HQ Prozessor mit 2,7 GHz. Nicht weltbewegend, aber für einen All-in-One-PC absolut respektabel. Dazu gibt es 32 GB RAM, mehr als genug für praktisch alle Anwendungen. Im Praxistest liessen sich Grafikprogramme wie Adobe Photoshop, Premiere oder das notorisch leistungshungrige Lightroom problemlos und zügig bedienen. Wie man es von einem High-End-PC erwarten kann. An die rasanten Geschwindigkeiten eines Tower-PCs kommt das Surface Studio dennoch nicht ganz heran, braucht dafür aber auch massiv weniger Platz. Ein heikler Punkt bei der Hardware bildet auch das Speichermedium. Verbaut ist eine Hybrid-Festplatte mit dem Namen Rapid Hybrid Drive. Diese Kombination aus Festplatte und SSD soll das Beste aus beiden Welten bieten: Also den grossen Speicherplatz der Festplatte mit dem Tempo der SSD. Das gelingt nicht immer gut. Gerade bei grösseren Dateimengen gerät der SSD-Buffer schnell an seine Grenzen und die 5400-RPM-Festplatte darunter ist dann doch etwas gar langsam. Das merkt man vor allem bei datenintensiven Arbeiten wie beim Bearbeiten von 4K-Filmen oder in Lightroom, wo grosse RAW-Dateien in kurzer Zeit geladen werden. Auffällig ist die Leistung der HDD auch beim Gaming. Wobei das natürlich nicht zu den Kernkompetenzen des Surface Studio gehört. Ganz ignorieren kann man Gaming jedoch nicht. Dafür schlägt sich das Surface Studio in dieser Kategorie zu gut. Auch wenn mit der Nvidia GeForce GTX 980 noch eine Grafikkarte der letzten Generation verbaut ist, reicht das doch für diverse aktuelle Games. Grafikmonster wie Battlefield 1 haben auf dem Studio zwar ihre Mühe, aber gut optimierte Games wie Overwatch oder kompetitive Titel wie Counter-Strike: Global Offensive laufen sogar in hohen Auflösungen und Einstellungen gut. Etwas merkwürdig ist höchstens das Seitenverhältnis von 3:2, das nicht bei allen Games ohne Murren akzeptiert wird. Da muss ab und an der Fenstermodus hinhalten. Software & Zubehör Ein Grund, warum Apple-Geräte sowie Smartphones mit reinem Android so beliebt sind, ist die Abwesenheit von Bloatware. Mit den Surface-Geräten verhält es sich genauso. Installiert sind Windows und dessen Komponenten. Sonst nichts. Kein Candy Crush, keine Facebook-App, keine «Super Mega Games Collection 3000». Das einzige, was annähernd als Bloatware durchgehen könnte, ist das vorinstallierte Microsoft Office, das nicht unbedingt zu Windows selbst gehört. Kann aber problemlos deinstalliert werden. Es ist jedoch möglich, dass sich Microsoft in dieser Hinsicht umentscheidet und in Zukunft vorinstallierte Applikationen auf Surface-Geräten verteilt. Aktuell ist dies jedoch nicht der Fall. Eine Änderung, die dem Surface Studio in Sachen Windows guttun würde, wäre die Vorinstallation des Creators Updates. Aktuell ist dieses massive Update auf Surface Studios noch nicht installiert und muss erst nachgeladen werden. Neben dem Stylus liegen dem Surface Studio auch eine Maus und eine Tastatur bei. Beide kabellos und schlicht in Surface-Grau gehalten. Die Tastatur ist in Ordnung und etwa auf dem Niveau der üblichen All-in-One-Tastaturen. Die Tasten sind gross genug und lassen sich angenehm drücken. Vom Tippgefühl her ähnlich wie ein Surface Pro mit etwas mehr Tastentiefe. Medientasten sind in die F-Tasten integriert und ein Nummernblock ist vorhanden. Für Tastenkürzel in Photoshop und alltägliche Nutzung absolut brauchbar, für Schreiber und Gamer eher nichts. Ähnliches gilt für die Maus. Sie verfügt über zwei Haupttasten und ein klickbares Scrollrad. Das absolute Minimum, allerdings gut genug ausgeführt, damit die Maus nicht negativ auffällt. Wer gerne Seitentasten oder andere Zusatzfunktionen verwenden möchte, muss wohl oder übel seine eigene Peripherie anhängen. Nächste Seite: Variationen & Alternativen und Fazit Variationen & Alternativen Das Surface Studio gibt es in den folgenden drei Varianten: ! TABELLE !   Grundsätzlich erhält man für den Basispreis von rund 3500 Franken ein solides Arbeitstier. Für viele professionelle Nutzer könnten jedoch die verbauten 8 GB RAM zu wenig sein. Die mittlere Variante mit schnellerem i7-Prozessor und 16 GB RAM für rund 4100 Franken dürfte da eine bessere Option darstellen. Das Upgrade auf die teuerste Variante mit 32 GB RAM und der GTX 980M muss man sich schon zweimal überlegen. Die schnellere Grafikkarte ist vor allem für Renderaufgaben interessant. Den doppelten Arbeitsspeicher kann man aktuell eigentlich höchstens als Investition in die Zukunft wirklich rechtfertigen. Alternativen gibt es keine direkten. Jedenfalls nicht mit dem gleichen Funktionsumfang. Hersteller wie HP oder Asus bieten diverse All-in-One-PCs an, keiner jedoch mit der gleichen Kombination von extremer Displayauflösung, Touch und neigbarem Tablet-Display. Apples iMac kann sich in Sachen Leistung und Display mit dem Surface Studio locker messen, bietet aber nach wie vor keine Touch-Option. Dell hat mit dem Dell Canvas eine mögliche Alternative zum Surface Studio an der CES vorgestellt. Erschienen ist das Gerät jedoch noch nicht. Fazit Microsofts erstes All-in-One ist ein positiver Start. Das Surface Studio greift die Bedürfnisse seiner Zielgruppe auf und setzt sie konsequent um. Design, Verarbeitung und vor allem das beeindruckende Display überzeugen auf der ganzen Linie. Bemängeln kann man die nicht mehr ganz taufrische Hardware sowie die merkwürdig platzierten Anschlüsse. Im Gesamtpaket ist das Surface Studio ein PC, den man eigentlich gerne hätte, aber höchstwahrscheinlich nicht braucht. Der hohe Kaufpreis lohnt sich nur dann, wenn man die Fähigkeiten des Surface Studio auch wirklich ausreizen kann.