LG G5 im Test
10.05.2016, 13:38 Uhr
ein fast perfekter Nachfolger
Das LG G5 sieht ganz schick aus. Doch überzeugt es mit allen Ecken und Kanten?
Ein Novum in LGs Flaggschiffserie: Nicht nur wagte sich der Samsung-Konkurrent mit dem LG G5 erstmals an ein Aluminium-Unibody-Design heran, sondern sorgte vor allem mit seinen ansteckbaren Modulen, «Friends» genannt, am Mobile World Congress 2016 für Aufsehen. Der «Soundverstärker» LG HiFi Plus für 149 Franken beispielsweise kann sowohl als Modul beim LG G5 als auch als separater Verstärker (DAC) an einem beliebigen Smartphone bzw. PC angeschlossen werden. Auch ein 100-Franken-Kameraarm soll sich am modularen Schacht des neuen Vorzeige-Smartphones anbringen lassen.
Zu den weiteren «Friends» zählen eine 360-Grad-Kamera und natürlich, wie könnte es anders sein, eine eigene VR-Brille. Und, und, und. Das alles tönt in der Theorie schon einmal vielversprechend. Wie sich aber zum Marktstart zeigt, ist das Zubehör grösstenteils noch nicht erhältlich. Auch wir hatten zum Testzeitpunkt mangels Lieferbarkeit noch kein Zusatz-Equipment zur Verfügung. Ob LGs Idee mit dem Zubehör aufgeht, werden wir daher erst im Verlaufe des Jahres sehen, auch weil die Entwickler erst jetzt richtig damit loslegen können. Doch wenden wir uns zunächst dem Wichtigsten zu – dem Smartphone!
Schönes Alu mit scharfen Kanten
Google-Handy-Fans werden im LG G5 schnell einen gewissen Look and Feel des Nexus 6P wiedererkennen. Man hält das schicke Alu-Handy gerne in den Händen. Auch die Grösse von 5,3 Zoll ist diesmal angenehmer als beim LG G4 mit seinen 5,5 Zoll, obwohl beide Smartphones gleich breit und mit knapp 160 Gramm etwa gleich schwer sind. Die Gehäuserückseite des Neulings fühlt sich samtigweich an. Dennoch gibt es ein paar Ecken und Kanten, an denen sich der Alu-Emporkömmling von LG nicht ganz so wertig anfühlt wie ein Galaxy S7 oder ein Huawei Nexus 6P. Fährt man mit den Fingern über den Kopfhöreranschluss oder über die USB-C-Buchse, spürt man einen leicht kratzigen Widerstand der Ausbuchtungen.
Auch das edle Metallrähmchen steht etwas ungünstig in der rückseitigen Smartphone-Landschaft. Die Backcover-Schale ist zwar gegen aussen abgerundet und entsprechend griffig. Den Deckelverschluss bildet das scharfkantige Rähmchen aber genau an der Stelle, an der man es nicht erwarten würde: nämlich noch an der abrundenden Rückseite und nicht etwa zwischen Display und Rückwand. Kurzum: Soll es das nächste Mal wieder ein metallenes Smartphone sein, müssen die Südkoreaner noch ein wenig an den Kanten und Ecken nachpolieren oder die Design-Konzeption geringfügig überdenken. Und doch ist es schön zu sehen, dass LG nach seiner Lederzunft mit dem LG G4 und seinen Kunststoffvorgängern wieder einmal etwas Neues ausprobiert hat. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Akkuentnahme im Video-Check
Akkuentnahme auf Knopfdruck
Der unterseitige Button des LG G5 löst den modularen Schacht, von dem sich der Akku entnehmen lässt. Leider sitzt auch hier der Button leicht schräg im Gehäuse. Schliesslich klappt die Entnahme dann aber ohne Würgen. Der 2800-mAh-Akku ist nicht schlecht für heutige Verhältnisse, auch wenn neuere Smartphones schon mit Akkus mit über 3000 mAh aufwarten.
Aufgeladen wird die Batterie mit dem mitgelieferten Schnellladegerät. Positiv: In weniger als einer halben Stunde ist der Akku wieder zur Hälfte aufgeladen. Der im Power-Button integrierte Fingerabdrucksensor funktioniert zuverlässig, die Entsperrung klappt aber bei einem Nexus 6P schneller. Dicke Zeigefinger werden manchmal ein paar Anläufe mehr brauchen, weil die Berührungsfläche kleiner ausfällt als bei Huaweis Google-Flaggschiff. Auch daran gewöhnt man sich. Eher stören wir uns an einem leichten Klicken der Power-Taste. Etwa so tönten auch die Home Buttons einiger Galaxy-S6-Modelle vom letzten Jahr.
Aufgeladen wird die Batterie mit dem mitgelieferten Schnellladegerät. Positiv: In weniger als einer halben Stunde ist der Akku wieder zur Hälfte aufgeladen. Der im Power-Button integrierte Fingerabdrucksensor funktioniert zuverlässig, die Entsperrung klappt aber bei einem Nexus 6P schneller. Dicke Zeigefinger werden manchmal ein paar Anläufe mehr brauchen, weil die Berührungsfläche kleiner ausfällt als bei Huaweis Google-Flaggschiff. Auch daran gewöhnt man sich. Eher stören wir uns an einem leichten Klicken der Power-Taste. Etwa so tönten auch die Home Buttons einiger Galaxy-S6-Modelle vom letzten Jahr.
Helles Display mit kleinen Schwächen
LGs altbewährter IPS-Bildschirm mit seinen 2560 x 1440 Pixeln hält auch im G5 Einzug, diesmal etwas nachgeschärft. Das liegt aber nur daran, dass LG die Bilddiagonale um 0,2 Zoll geschrumpft hat. Mit blossem Auge muss man schon sehr genau hinschauen, um Unterschiede zu erkennen. Im Direktvergleich sind ein geringer Helligkeitsunterschied und schärfere Schriften auszumachen. Top: Dank der hohen Auflösung sieht man keine Pixel. Man kann sich nun darüber streiten, ob das Galaxy S7 mit seinem Amoled-Bildschirm die Nase vorn hat. LGs Panel trumpft vor allem mit guten Weisswerten und einer hohen Helligkeit. Bei den Galaxy-Bildschirmen der letzten Jahre fallen vor allem die Farben knackiger und die Schwarzwerte sehr intensiv aus.
Was aber nicht sein sollte: Drückt man mit dem Daumen etwas fest in den Bildschirm hinein, bilden sich leichte Schlieren. Auch ist das Display-Glas so flach eingearbeitet, dass sich schon nur bei leicht fettigen Händen schnell trübende Spuren von Fingerabdrücken bilden. Unterm Strich kann LGs neues Display daher nicht ganz mit dem eines Galaxy S7 oder iPhone 6S mithalten. Das geht leider wieder aufs Konto Verarbeitungsqualität. Offenbar muss LG hier noch ein wenig dazulernen, wenn man schon den Schritt zu einem neuen Gehäusematerial wagt.
Schnelles Handy, gute Akkulaufzeit
Man merkt, dass beim G5 ein neuer Achtkern-Snapdragon-820-Prozessor integriert ist. Im AnTuTu-Benchmark zieht das LG G5 alle Register und schafft über 130'000 Punkte. Damit misst sich das neue LG-Telefon mit seinen Artgenossen, auch aus dem Hause Samsung. Performance-seitig gibt es somit nichts auszusetzen. Der Turbolader hat jedoch eine Kehrseite: Tatsächlich wird das Smartphone, sobald es auf Hochtouren kommt, deutlich wärmer als das LG G4 mit seinem sparsamen Sechskerner. Allerdings nur bei sehr anspruchsvoller Leistung, beispielsweise in Spielen. Nur halbwegs sinnvoll ist das neue Always-On-Feature: Die Uhrzeit wird nun immer eingeblendet. Das ist zwar cool, frisst aber im Endeffekt doch wertvolle Akkulaufzeit.
Glücklicherweise lässt sich das in den Einstellungen wieder abschalten. Im Hellen erweist sich die Zweitanzeige ohnehin als unnütz. Wer viel surft und ständig auf das Smartphone zugreift, spart durchs Deaktivieren dieser Funktion pro Tag mindestens 10 Prozent Energie. Ohne die Standby-Uhr bleiben nach einem zehnstündigen Arbeitstag und drei Stunden Dauer-Surfen noch gut 30 bis 35 Prozent Akkuleistung übrig – etwa gleich viel wie beim G4. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Vielseitige Kamera
Vielseitige Kameramodi
Was wäre ein gutes Smartphone ohne eine solide Kamera. Das LG G5 hat gleich zwei davon auf der Rückseite: eine 16-Megapixel- und eine 8-Megapixel-Kamera. Erstere nimmt Fotos im 78-Grad-Winkel auf, die zweite knipst mit einem 135-Grad-Weitwinkel. Damit werden ein paar witzige Spielereien möglich. Einerseits kann man als Nonplusultra sogar alle drei Kameras, also inklusive der Front-Kamera, zu einer witzigen Collage-Aufnahme mit zusammengehefteten Bildern verwenden. Andererseits erlaubt ein Aufnahmemodus ein Fotoframe-artiges Überlagern zweier Schnappschüsse, von dem das eine Bild der 8-Mpx-Kamera als Hintergrundbild herhält.
Top-Aufnahmequalität
Die Bildqualität der Hauptkamera gibt ordentlich was her, zumal beide Sensoren völlig unabhängig voneinander arbeiten. Kameraprofis können wie üblich auch zum manuellen Modus umschalten, um ISO-Werte und Verschlusszeiten zu justieren. Kurz: Die Kamera des LG G5 schiesst hervorragende Fotos, speziell im Aussenbereich und zu jeder Tageszeit. In der Dunkelheit fällt ein gewisses Grundrauschen auf. Videoaufnahmen funktionieren übrigens auch in 4K. Zusammen mit der zweiten Kamera im Panoramamodus kann die Aufnahmequalität aber nicht ganz überzeugen. LG hätte gut daran getan, einen höher auflösenden Sensor für die Zweitkamera zu wählen. Allerdings ist das Meckern auf hohem Niveau. Wir haben einige Schnappschüsse gemacht. Machen Sie sich selber einen Eindruck:
Software
Im direkten Vergleich zum LG G4 fällt eine dezent veränderte Optik mit schwarzer Schrift auf weissem Hintergrund auf. Sonst ist eigentlich alles beim Alten geblieben. Was zunächst verwirrt, aber eigentlich nur fehlt, ist der gewohnte App-Drawer (LG Home 4.0), der zu einer besseren Gesamtübersicht aller installierter Apps verhilft. Ohne ihn irrt man ein wenig gar viel umher, wenn man eine App nicht findet. Die LG-App lässt sich aber aus LGs eigenem App-Laden nachinstallieren. Was die Südkoreander leider wegradiert haben, ist der Multi-Window-Modus, mit dem sich einige Apps parallel nebeneinander nutzen lassen. Obsolet wird der Modus ohnehin mit dem kommenden Android-Update. Apps müssen dazu von deren Entwicklern mit nur ein paar wenigen Zeilen Code angepasst werden.
Sound-Qualität
Abschliessend noch ein paar Worte zur Sound-Ausgabe. Diesmal überzeugen die Stereolautsprecher wirklich in jeder Hinsicht mit exzellentem Pegelausgleich und knackigem Bass. Das war vor allem beim LG G3 nicht der Fall. Beim Telefonieren ist die Sprachqualität nicht schlechter geworden. Man versteht sich sehr gut und deutlich.
Fazit
LG hat mit dem LG G5 wieder einmal sehr viel Mut für Neues bewiesen. Besonders gefällt die Möglichkeit, den Akku aus dem dünnen Alu-Gehäuse zu entfernen. An das Galaxy S7 kommt das perfomante Telefon mit seiner Top-Kamera aber diesmal nicht ganz heran. Hätte LG nur der Gesamtverarbeitung noch den letzten Schliff gegeben. Denn der Preis von Fr. 699.- ist für ein Flaggschiff trotzdem hoch. Ausserdem warten wir jetzt noch auf die «Friends», für die fleissig geworben wurde. Das Testgerät wurde uns freundlicherweise von Digitec zur Verfügung gestellt. Zu den Produktlinks geht es hier.