MIKE-Studie der ZHAW
30.04.2020, 14:29 Uhr
So verbringen Primarschüler ihren digitalen Alltag
Schweizer Schüler der Primarstufen beschäftigen sich in ihrer Freizeit am liebsten mit Spielen oder Sport, wie eine neue MIKE-Studie der ZHAW zeigt.
Schweizer Primarschulkinder beschäftigen sich in ihrer Freizeit am liebsten mit Spielen oder Sport, wie eine neue MIKE-Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) zeigt. Laut der Studie, welche vor der Corona-Krise durchgeführt wurde, nehmen aufwändige Hobbies ab, aber obwohl fast die Hälfte der Kinder ein Handy besitzt, nehmen nonmediale Freizeitaktivitäten zu.
Was ist die MIKE-Studie?
MIKE (Medien, Interaktion, Kinder und Eltern) untersucht repräsentativ das Mediennutzungsverhalten von Primarschülerinnen und Primalschülern in der Schweiz. Für die Studie wurden über 1000 Kinder im Alter zwischen sechs und dreizehn Jahren und über 600 Elternteile in den drei grossen Sprachregionen der Schweiz befragt. Die MIKE-Studie wurde zum dritten Mal durchgeführt.
Nonmediale Freizeitbeschäftigungen
Zu den beliebtesten nonmedialen Freizeitbeschäftigungen von Primarschulkindern gehören: drinnen oder draussen spielen und Sportarten wie Fussbal oder Velofahren. Die hat sich laut ZHAW im Vergleich zu früheren Erhebungen kaum verändert.
Auffällig sei die Abnahme bei Musikmachen (minus 27 Prozent) sowie dem Besuch von Kinder- und Jugendgruppen wie der Pfadi (minus 19 Prozent). Die Abnahme könnte im Zusammenhang mit der Einführung des Lehrplans 21 stehen, vermutet die ZHAW im Communique: «Im neuen Lehrplan sind in den meisten Kantonen mehr Wochenlektionen enthalten, was zu weniger Freizeit führt», wird Gregor Waller, ZHAW-Forscher und Co-Projektleiter der MIKE-Studie, zitiert. Für aufwändige Hobbys (wie Musizieren oder Pfadi) würde so oft die Zeit fehlen.
YouTube am beliebtesten
In ihrer medial geprägten Freizeit schauen die meisten Kinder ein- oder mehrmals pro Woche fern (81 Prozent), hören Musik (76 Prozent) oder Gamen (68 Prozent).
Klarer Favorit bei den benutzten Apps ist sowohl bei Jungen als auch Mädchen YouTube. Rund zwei Drittel der Kinder (59 Prozent der Mädchen, 73 Prozent der Jungen) in der Schweiz nutzen mindestens einmal pro Woche die Video-Plattform YouTube. Gemäss der Sudie mögen Mädchen vor allem Videos aus dem Lifestyle- oder Comedy-Genre. In der Deutschschweiz ist beispielsweise der YouTube-Kanal BibisBeautyPalace beliebt. Buben bevorzugen dagegen Videos, die sich mit Gaming beschäftigen. Weitere bei den Kindern beliebte Apps sind WhatsApp, Snapchat, Instagram und TikTok.
Rund drei Fünftel der Mädchen und vier Fünftel der Jungen spielen mindestens einmal pro Woche Games. Fortnite steht dabei neu ganz hoch in der Gunst der Kinder.
Kritisch zu betrachten ist hier laut Waller, dass der Survival-Shooter erst ab 12 Jahren freigegeben ist und offenbar trotzdem von deutlich jüngeren Kindern gespielt wird. «Die Kinder verstehen die Gewaltszenen nicht als schädlich, sie orientieren sich an ihren Kolleginnen und Kollegen und wissen vielleicht gar nicht, dass dieses Spiel nicht für ihre Altersklasse freigegeben ist».
Fast die Hälfte hat ein eigenes Handy
Während sich das Benutzen von digitalen Geräten zu Beginn der Primarschulzeit noch in Grenzen hält, steigt es bis zum Ende kontinuierlich an, so die Studie. Das Smartphone steht dabei auf dem ersten Podestplatz. Fast die Hälfte der Kinder gibt an, es mindestens einmal pro Woche zu nutzen oder ein eigenes zu besitzen. Während rund 25 Prozent der 6- bis 9-Jährigen über ein eigenes Handy oder Smartphone verfügen, sind es bei den 10- bis 11-Jährigen bereits 60 Prozent und bei den 12- bis 13-Jährigen gar 77 Prozent.
Allerdings ist der Begriff «eigenes» differenziert zu betrachten. Fragt man die Eltern, besitzt nur etwa jedes dritte Kind ein Handy. Vermutlich handelt es sich zum Teil um ein «Familienhandy». 29 Prozent der Kinder verfügen über ein eigenes Tablet.
Neuere Gadgets wie Fitness Tracker, Sprachassistenten wie Alexa oder Virtual-Reality-Brillen – kommen im Alltag der Kinder fast gar nicht vor.
Eltern stellen Regeln auf
Die Mehrheit der Eltern ist sich gemäss der Studie der Verantwortung hinsichtlich des Medienkonsums ihrer Kinder bewusst. Um die Mediennutzung zu kontrollieren ist die beliebteste Strategie: Aufstellen von Regeln. Beispielsweise, wie lange Medien genutzt werden dürfen und welche Inhalte erlaubt oder verboten sind. Viele Eltern betonen demnach unter anderem die Wichtigkeit von Gesprächen mit ihrem Kind über dessen Mediennutzung, sowie das Aufzeigen von Alternativen zum digitalen Medienkonsum. Die Elternbefragung ist jedoch – im Gegensatz zur Kinderbefragung – nicht repräsentativ. Nur nur etwa die Hälfte, sowie vor allem Frauen und Personen mit höherem Bildungsstand, haben laut ZHAW den Fragebogen ausgefüllt.
Die Corona-Krise dürfte Auswirkungen auf den Medienkonsum haben. Hierzu rät Daniel Süss, ZHAW-Forscher und Co-Projektleiter der MIKE-Studie den Eltern: «Gerade jetzt ist ein bewusster Umgang mit Medien besonders wichtig. Familien verbringen viel Zeit zuhause und digitale Medien sind ständig verfügbar. Eltern sollten auch in dieser Situation auf zeitlich begrenzte Fernseh- oder Handy-Zeiten achten.