Covid-19-Bekämpfung 22.04.2020, 07:46 Uhr

Schweizer Contact-Tracing-App kurz vor Lancierung

Contact-Tracing-Apps sollen dazu beitragen, die Corona-Pandemie einzudämmen. Eine Schweizer Lösung steht kurz vor der Lancierung.
Bereits am 11. Mai soll eine Schweizer Contact-Tracing-App zur Verfügung gestellt werden können
(Quelle: Geralt/Pixabay)
Die Contact-Tracing-App DP-3T soll bis zum 11. Mai fertiggestellt werden. Das teilten die ETH Lausanne (EPFL) und die ETH Zürich mit. DP-3T steht für Decentralized Privacy-Preserving Proximity Tracing. Es handelt sich um ein Projekt eines internationalen Kollektivs, an dem auch Forscher der beiden ETH beteiligt sind. Vergangene Woche wurden Testversionen der App veröffentlicht, die Armee beteiligte sich an ersten Anwendungsversuchen.
Die App soll zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie beitragen, indem Infektionsketten zurückverfolgt werden können. Sie stellt mittels Bluetooth die Nähe zu anderen Handys fest, auf welchen die App installiert ist. Dieser Kontakt wird gespeichert.
Gibt ein Nutzer später eine Infektion mit dem Coronavirus ein, werden alle anderen Kontaktpersonen alarmiert. Dafür werden keine persönlichen Daten zentral gespeichert. Wer Kontakt mit einer infizierten Person hatte, könnte sich zum Beispiel selber isolieren oder testen lassen.

BAG bekennt sich zur Schweizer App

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hatte sich bisher nicht zu einer bestimmten Contact-Tracing-App geäussert. Am Dienstag signalisierte das Bundesamt nun seine Unterstützung für die Schweizer Lösung. Das BAG arbeite mit der EPFL und der ETH Zürich daran, bis zum 11. Mai eine App fertigzustellen, heisst es in einer Stellungnahme. Diese werde auf dem DP-3T-Konzept basieren.
Noch sind viele Fragen zur Anwendung offen. Nach bisherigen Angaben der Schweizer Behörden soll die Nutzung freiwillig sein. Unklar ist aber, ob zum Beispiel das Betreten von Geschäften oder die Nutzung bestimmter Dienstleistungen von der Anwendung der App abhängig gemacht werden könnten. 

Streit um Daten

Contact-Tracing-Apps werfen zudem datenschutzrechtliche Fragen auf. Ein Streit um Konzeption und Transparenz einer solchen App hat kürzlich zum Bruch innerhalb des europäischen Forscherkollektivs geführt, das die App PEPP-PT entwickelt. Im Gegensatz zu DP-3T werden bei dieser Daten zentral gespeichert. Der EPFL-Epidemiologe Marcel Salathé kehrte dem Projekt vergangene Woche wegen mangelnder Transparenz den Rücken
Das BAG begrüsst den dezentralen Ansatz von DP-3T. Ein solcher entspreche den schweizerischen Bedürfnissen nach maximalem Schutz der Privatsphäre am besten, heisst es in der Stellungnahme. Mit dem DP-3T-Konzept könne niemand rekonstruieren, wer wem zu welchem Zeitpunkt begegnet sei. 

Freiwilligkeit zentral 

Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte Adrian Lobsiger hat DP-3T bereits unter die Lupe genommen. Seiner Meinung nach ist die Freiwilligkeit zentral. «Jeder juristische oder soziale Zwang muss verhindert werden», sagte er auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Zudem müsse eine unsichtbare Identifikation der Quelle möglich sein.
Wenn der Staat die Lösung umsetzen wolle, dann brauche es eine gesetzliche Grundlage. Er habe vom Bundesamt für Justiz (BJ) verlangt, bald ein Projekt vorzulegen, sagte Lobsiger. Ein blosser Hinweis, dass das Ganze freiwillig sei, genüge nicht.
Der Datenschutzbeauftragte begrüsst auch den dezentralen Ansatz, weil die Daten nur lokal gespeichert werden. Damit verringert sich das Risiko der Profilbildung. Zudem bieten dezentral gespeicherte Daten weniger Angriffsfläche für Hacker. Auf der anderen Seite fallen bei einer dezentralen Lösung weniger Daten für die epidemiologische Auswertung an.



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