31.10.2012, 10:50 Uhr

«Intel trägt Mitschuld an schwachen Ultrabook-Verkäufen»

Im Rahmen von Acers Global-Event in London traf Computerworld Acers EMEA-Präsident Oliver Ahrens. Im Interview wurden über aktuelle Marktzahlen, Acers strategische Neuausrichtung sowie Windows-8-Produkte diskutiert.
$$
Oliver Ahrens, EMEA-Chef von Acer
CW: Herr Ahrens, sind Sie zufrieden bezüglich Acers Entwicklung in den letzten beiden Quartalen?
Oliver Ahrens: Was meinen Sie genau? Die bei den Notebooks und dem gesamten Markt?
Bei den Notebooks sowie für den gesamten PC-Bereich.
Im Notebook-Sektor sind wir mit unseren Zahlen zufrieden. In Q2 konnten wir uns als Nummer Zwei etablieren. Im dritten Quartal 2012 haben wir sogar dazugewonnen. Im Vergleich zum letzten Jahr sind wir um 7 Prozent auf 24 Prozent gewachsen. Bei PCs spüren wir eine marktweite Zurückhaltung, die natürlich die gesamte Branche und unsere Konkurrenz trifft.
Gerade die Konkurrenz hat doch – zumindest was den gesamten PC-Bereich betrifft – gegenüber Acer deutlich Boden gut gemacht.
Fakt ist, dass unsere Notebook-Verkäufe stabil sind und sogar zugelegt haben.
Prozentuale Marktanteile sind das eine, aber wie schaut es denn mit den tatsächlich verkauften Stückzahlen aus?
Bei den Stückzahlen liegen wir, wie alle anderen, hinter den Erwartungen zurück. Wir verkaufen im EMEA-Raum etwa 80'000 Einheiten pro Monat.
Das ist wenig. Woran liegt dieser Käuferschwund?
Sicherlich trägt das Warten auf Windows 8 seinen Teil dazu bei, dass wir so wenig verkauft haben.
80 000 verkaufte Notebook-Einheiten? Diese Zahl ist doch selbst mit Windows 7, das sich als zuverlässig etabliert hat, keine gute Visitenkarte, oder?
Gemessen an den noch schlechteren Absatzzahlen der Konkurrenz schon. Dazu gekommen sind sicherlich auch Probleme beim Abverkauf, wie etwa bei den Ultrabooks. Sie haben längst nicht die Akzeptanz, die wir uns wünschen.
Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Lassen Sie es mich so formulieren: Für viele unserer Anwender sind Ultrabooks 13,3 Zoll gross oder kleiner. Sind sie aber nicht. Sehen Sie: Auch 15-Zoll-Modelle sind doch mittlerweile auf dem Markt und haben den Ultrabook-Brand.
Lesen Sie auf der nächsten Seite: Die Kritik an Intel.
CW: Das liegt aber auch an Intel, die haben schliesslich die Richtlinien erweitert.
Oliver Ahrens, Acer: Richtig. Aber, wir mussten Intel überzeugen, dass ein Ultrabook natürlich nicht nur etwas Besonderes und somit hochpreisig ist. Ein Ultrabook ist eben auch ein Notebook, und genau da liegt doch für uns die Chance, diese Kategorie für den Mainstream attraktiver zu machen. Bei vielen Menschen ist dagegen nur das Erste angekommen, also der hohe Preis.
Also ein hausgemachtes Problem?
Intel trägt dabei eine Mitschuld, aber auch die Industrie. Kaum jemand verweist dagegen auf  die bestehenden Möglichkeiten von Ultrabooks, die eben über denen der klassischen Laptops liegen.
Und die wären?
Zum Beispiel die Instant On-/Off-Funktion. Sie werden verwundert sein, das musste man auch Intel erst einmal praktisch klar machen, dass dies eine hervorragende Funktion ist, die sich viele Anwender wünschen.
Führen solche Funktionen, die Ihr neues Apire-S7-Ultrabook bietet, beim User wirklich zum Umdenken?
Uns ist schon klar, dass die S7-Serie eher ein Nischenprodukt ist – natürlich auch wegen des Preises von rund 1500 Franken. Aber das Gute daran ist, dass günstigere Mittelklasse-Ultrabooks eben auch attraktiver werden. Zweitens bieten unsere Modelle die von Windows 8 unterstützte Touch-Funktion. Auch das ist ein Plus, gerade weil wir so früh auf dem Markt sind. Wir haben uns seit März dieses Jahres damit beschäftigt, um am 26.Oktober nach dem Start von Windows 8 ein Top-Produkt auf den Markt zu bringen.
Glauben Sie, dass dieses Feature auch angenommen wird?
In unserer gemeinsamen Evaluierungsphase mit Usern haben wir schnell festgestellt, dass sie dieses Touch-Feature wollen: Die Zugangsbarrieren sind für den Benutzer kleiner und er kann sogleich mit den Möglichkeiten von Windows 8 spielen. Die ganze Haptik animiert doch zur Interaktion.
Nochmals zur Konkurrenz. Wie sehen Sie sich momentan am Markt aufgestellt. Auch sie bieten ja ähnliche Geräte.
Mag sein, aber seit einem Jahr fahren wir wieder operativen Gewinn ein.
Und vorher war das nicht der Fall?
Nicht in dem Masse.
Warum? Hat das einen Zusammenhang mit dem plötzlichen Abgang Ihres damaligen Chefs Franco Lanci vor rund einem Jahr?
Darüber will ich nicht spekulieren. Fakt ist, dass sich unsere Strategie geändert hat.
Und die wäre jetzt?
Früher war es so, dass Länderregionen sehr stark nach starren Abverkaufszielen beurteilt wurden. Hat die jeweilige Acer-Länderregion alles verkauft, waren sie die Helden. Blieb die Ware liegen, waren sie die Deppen. Diese Dinge laufen jetzt anders. Heutzutage ist diese Art von Geschäftsphilosophie veraltet und hochgradig gefährlich.
Warum?
Gehen Sie in Ihren Kalkulationen von statischen  Annahmen aus, ohne Sie korrigieren zu können, werden Sie über kurz oder lang doppelt leiden.
Teilen Sie uns mit, wie das jetzt besser funktioniert?
Wir arbeiten jetzt mit jedem Länder-Team viel enger zusammen, alles ist verzahnter. Bei der Schweiz beispielsweise vergleichen wir jede zweite Woche Ist- und Soll-Zustand. So können wir gegebenenfalls korrigieren. Kein anderes Unternehmen hat übrigens solch aufwendige Reporting-Massnahmen wie wir.



Das könnte Sie auch interessieren