Stunde der Wahrheit 02.11.2023, 12:00 Uhr

So tickt unser ICT-Markt

Trotz dunkler Wolken am Konjunkturhimmel stehen die Zeichen der Zeit gut für die Schweizer ICT-Branche. Neue Technologien sorgen auch künftig für wachsende Umsätze.
Uhren und Digitalisierung haben eines gemeinsam: ­Vieles muss ineinandergreifen, damit am Ende alles ­reibungslos funktioniert.
(Quelle: midjourney.com)
Gefühlt liegt das erste «normale» Jahr nach der Pandemie hinter uns. Die Masken sind gefallen, Quarantäne war gestern und wer heute von Viren spricht, denkt primär an Security-Probleme. Hat uns die gute, alte Zeit wieder eingeholt? Keineswegs. Betrachtet man die Veränderungen in den verschiedenen Sparten des Schweizer ICT-Markts, zeigt sich ein gemischtes Bild. Der Gesamtumsatz der Top-500-Firmen liegt mit 87,2 Milliarden Franken nicht einmal eine Millarde über Vorjahr (86,5 Mrd.). Das ist eher Stagnation als grosser Aufschwung, allerdings immer noch fast das Dreifache der Uhrenindustrie und ein Mehrfaches der Schokoladebranche hierzulande.
Von den dreizehn Sparten des Rankings können sieben ein Umsatzwachstum vorweisen. Die Spanne liegt zwischen über 50 Prozent bei «PCs, Desktops und Mobile Devices» und 1 Prozent bei «Internet-Dienstleister». Ähnlich das Bild bei den prozentualen Verlierern. Die Kategorie «Netzwerke» büsste über 20 Prozent ein, «Ausbildung und Schulung» 1 Prozent. Die Schweizer Digitalbranche trotzt den grossen Krisen von Pandemie über Inflation bis Ukraine-Krieg, sieht sich aber weiter grossen Herausforderungen gegenüber. Grund für Optimismus gibt es dennoch, vor allem, weil der fortschreitende digitale Wandel mit Innovationen wie zuletzt bei der künstlichen Intelligenz bei vielen ICT-Unternehmen für weiterhin wachsende Umsätze sorgen dürfte.
“Der Swico ICT Index zeigt sich sehr stabil. Die Digitalisierung der Schweizer Wirtschaft wirkt sich auf die ICT-Unternehmen durch Projekte und Aufträge mit hoher Tragweite aus.„
Giancarlo Palmisani, Geschäftsleitung, Swico

Vorsichtig positiv

Gemäss Umfrage der Computerworld rechnen denn auch weiterhin zwei von drei ICT-Unternehmen mit einem leichten bis kräftigen Aufschwung der Konjunkturlage. Das ist nach wie vor ein hoher Wert, allerdings nicht mehr ganz auf dem Niveau des letzten Jahres. Die Unsicherheit der Weltwirtschaftslage, verbunden mit politischen und militärischen Konflikten, trüben die Zukunftsaussichten. Dennoch geben 90 Prozent der von uns befragten Firmen an, dass ihre Auftragslage gegenüber dem Vorjahr vergleichbar oder sogar besser ist. Dazu beigetragen hat nicht zuletzt die Corona-Krise. Mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmer geben an, dass sich diese positiv auf das Geschäft ausgewirkt hat. Auch im diesjährigen Ranking haben die grossen Player wieder ganze Arbeit geleistet.
Aufschlussreich ist der Blick auf die Gewinner mit dem stärksten prozentualen Wachstum. Das Spitzen-Trio kann jeweils rund 40 Prozent Wachstum vorweisen. An erster Stelle steht Swiss GRC. Die Tochter der Swiss Infosec AG ist weltweit als Technologie-Unternehmen für den Bereich Governance, Risk und Compliance (GRC) aktiv und hat sich in über 30 Jahren eine führende Position in der Schweiz erarbeitet.
Quelle: NMGZ/ICT Analytics/Computerworld Top 500/2023; * Schätzung Computerworld
Quelle: NMGZ/ICT Analytics/Computerworld Top 500/2023; * Schätzung Computerworld
Auf Rang zwei folgt STMicroelectronics, ein europäischer Halbleiterhersteller, der als Aktiengesellschaft in den Niederlanden eingetragen ist, und seine Hauptverwaltung in Plan-les-Ouates im Kanton Genf hat. Der dritte Rang geht an die Exclusive Networks Switzerland AG. Der Distributor für Partner und Reseller verfolgt das Modell «lokaler Verkauf, globaler Ansatz». Den eingeschlagenen Wachstumskurs fortsetzen soll der seit Anfang 2023 amtierende neue CEO Roger Bieler, ein Distributionsspezialist, der zuvor bei Bechtle und ALSO Führungspositionen innehatte.

PCs, Notebooks, Mobile Devices

Die Pandemie hatte die Nachfrage nach Home-Office-Infrastruktur und mobilen Arbeitsgeräten in die Höhe schnellen lassen. Obwohl der Markt letztes Jahr erste Sättigungserscheinungen zeigte, blieb die grosse Katerstimmung entgegen allen Befürchtungen aus. Der Gesamtumsatz in der Sparte PCs, Notebooks und mobile Geräte ist auf Wachstumskurs und betrug 2023 rund 6,3 Milliarden Franken, also deutlich mehr noch als im Vorjahr. Für viele Kunden war Corona offenbar so etwas wie der Weckruf für eine Rundumerneuerung der Hardware.
Die Investitionen in neue Geräte sind zunehmend vor dem Hintergrund einer Beschleunigung der digitalen Transformation zu sehen. Dabei spielen Themen wie Sicherheit, Wartung und Verfügbarkeit eine ebenso grosse Rolle wie der Vorstoss in neue Geschäftsfelder und Absatzkanäle. An der Spitze dominieren weiter Apple und HP das Geschehen. Mit Lenovo und Dell folgen zwei Anbieter, die nur wenige Umsatzmillionen trennen. Spannend bleibt es so oder so, denn die Nachfrage nach PCs und insbesondere Notebooks wird dank neuer Technologien wie KI, Cloud oder Internet of Things weiter angeheizt.
Die Digitalisierung wird zwar lebhaft diskutiert, in der Praxis zeigt sich vielerorts aber noch Nachholbedarf. So kommt beispielsweise eine Umfrage der Arbeitsgruppe «Digitalstrategie» der Initiative «Industrie 2025» zum Schluss, dass sich nur jedes dritte Schweizer Industrieunternehmen in Sachen Digitalisierung richtig fit fühlt.

Server

Wer Cloud sagt, muss auch Server sagen. Mit der steigenden Nachfrage nach Cloud-Services wächst auch die Anzahl der Rechenzentren und damit der Bedarf an leistungsfähigen, zuverlässigen Servern mit möglichst geringem Energieverbrauch. Verschiedene Studien schätzen, dass in der Schweiz zwischen 80 und 100 Rechenzentren in Betrieb sind. Wie viele Server darin verbaut sind, ist nicht bekannt. Allein bei der Data-Center-Anbieterin Green mit ihren sechs Rechenzentren dürften es nach Schätzungen deutlich über 10 000 Server sein.
“Gemeinsam mit unseren Partnern unterstützen wir die Kunden, sich in digitale, widerstandsfähige und nachhaltige Unternehmen zu verwandeln.„
Sabrina Storck, Thomas Schreitmüller, Co-Geschäftsführer, SAP (Schweiz)
Die Server-Hersteller freut es, denn auch ihre Sparte hat im letzten Jahr um fast 100 Millionen Franken zugelegt und nähert sich umsatzmässig der 1-Milliarden-Grenze. Diese dürfte bereits nächstes Jahr überschritten werden. Zwar sind aufgrund von Lieferengpässen die Stückzahlen gesunken, dafür konnten höhere Preise realisiert werden. Den Löwenanteil am Gesamtmarkt teilen sich in unserem Ranking die Big Four auf: Hewlett Packard Enterprise, Dell, IBM und Oracle. Auch in den kommenden Jahren rechnen die Marktforscher von IDC mit steigenden Umsätzen. Insbesondere die x86er-Server legen zu. Wie sich dabei der Trend zu hyperkonvergenten Infrastrukturen (HCI) auf die allgemeine Marktentwicklung im Server-Bereich auswirkt, bleibt abzuwarten.

Storage und Massenspeicher

Wenig Veränderung gibt es im Bereich Storage. Angesichts des von uns erfassten Volumens von 1,1 Milliarden Franken fallen die rund 70 Millionen Franken Zuwachs kaum ins Gewicht. Die Stagnation gibt den Marktanalysten von Forbes recht, die sowohl bei den SSD als auch bei den HDD eine sinkende Nachfrage feststellen. Hinzu kommt, dass die Preise für Speicherlösungen in Folge von Überkapazitäten nach der Pandemie schrumpfen.
Allzu viele Sorgen sollten sich die Storage-Hersteller jedoch nicht machen müssen, denn der Markt wird von der zunehmenden Einführung speicherhungriger Technologien weiter angetrieben, so das Marktforschungsunternehmen Fortune Business Insights. Dazu zählen zum ­Beispiel künstliche Intelligenz, Machine Learning, Internet of Things, Datenanalysen oder cloudbasierte Dienste.
Der Markt für Infrastrukturprodukte wie zum Beispiel Speicherlösungen ist für die Digitalisierung von zentraler Bedeutung. Unter anderem sorgen neue Flash-Technologien bei Software-defined Storage (SDS) oder alternative Speichermedien in naher Zukunft für einen Innovationsschub, der sich – da sind sich die Analysten einig – positiv auf die Marktentwicklung auswirken wird.

Security

Die Sicherheit von IT-Systemen hat in vielen Unternehmen inzwischen höchste Priorität. Der Schutz von Daten ist zur Chefsache geworden. Dazu beigetragen hat nicht nur das Bewusstsein, dass ohne funktionierendes System nichts mehr geht, sondern auch die verschärfte Gesetzeslage. Dass in diesem Kontext fleissig in Sicherheitsvorkehrungen investiert wird, liegt auf der Hand. Der Markt für IT-Security wächst und gedeiht. Bei IDC heisst es, dass in den nächsten Jahren ein Wachstum von fast 10 Prozent möglich ist, andere Analysten sind etwas vorsichtiger, rechnen aber ebenfalls mit guten Marktzahlen.
Die Komplexität im Bereich Cybersecurity überfordert KMU zunehmend, daher geht der Trend immer mehr in Richtung Konsolidierung und Risikominimierung. Um die eigene IT-Sicherheit zu gewährleisten, wird häufig auf externe Hilfe gesetzt. Das sorgt bei diesen Anbietern für volle Auftragsbücher. Bei den Tools fällt die zunehmende Verwendung von Intrusion Detection Software (IDS) für die automatische Überwachung des Datenverkehrs auf, um sicherheitsgefährdende Ereignisse frühzeitig zu erkennen.
Datenschutz und IT-Sicherheit beschäftigen die ICT-Unternehmen auch künftig in höchstem Mass.
Quelle: Shutterstock/Thapana_Studio
Der Aufwand lohnt sich: Konjunkturforscher der ETH Zürich haben festgestellt, dass die Investitionen in Cybersecurity, verbunden mit entsprechenden Strategien und Methoden, zu einem leichten Rückgang der Vorfälle geführt haben. Das Risiko bleibt jedoch unvermindert hoch.

Software

Same, same, but different … Die Software-Branche ist nicht mehr, was sie einst war. Und das ist durchaus im posi­tiven Sinn gemeint. Das «Progrämmli» für Finanzen, Auftragsbearbeitung, Systemverwaltung oder Kundendienst hat ausgedient. Software-Anbieter sehen sich mit der Herausforderung konfrontiert, aus dem Kerngeschäft der Software-Entwicklung neue Impulse für das Business ihrer Kunden zu generieren. Interdisziplinäre, kontinuierliche Beratung ist dabei ein wesentlicher Aspekt. Das moderne Software-Unternehmen ist ein «Kundenversteher».
“Wer heute den neusten Stand der Technik einbindet, stärkt seine Zukunftsfähigkeit.„
Rainer Schwegler
Manager Territory Switzerland, ESET
Unsere Top 10 der Software-Sparte praktizieren das schon länger mit anhaltendem Erfolg. Nebst diesen Spartenleadern gibt es eine Vielzahl an Anbietern mit unterschiedlichen Ausrichtungen. Keine andere Sparte ist so heterogen aufgestellt wie die Software. Dass die Schweiz ein ideales Umfeld für die Entwicklung bietet, beweisen nicht nur Vorzeigebeispiele wie Accenture, Google, IBM, Microsoft oder Oracle. Die Schweiz verfügt über eine intakte, aktive und innovative Software-Szene wie kaum ein anderes Land. Nicht umsonst sind Abacus, Opacc oder Dynasoft lokale Player, die international mithalten können. Leider befinden sich die Nischenplayer und erfolgreichen App-Entwickler oft immer noch unter dem Radar der Medien, obwohl sie ganze Arbeit leisten.
Genug der Lobhudelei, zurück zu den Fakten. Die Schweizer Software-Industrie wächst rund 6 Prozent pro Jahr. Eine schöne Quote, die leider auch den Bedarf an Fachkräften betrifft. Der Mangel drückt auf die Bremse. Dennoch sieht der Markt positiv aus. Vor allem bei der öffentlichen Hand gibt es einiges zu holen, sagt der Fachverband Swico: «2021 erwirtschaftete die Schweizer Software-Industrie 34,4 Prozent ihres Umsatzes mit Aufträgen der Verwaltung. Mit einigem Abstand folgt die Finanzbranche mit 9,2 Prozent als zweitwichtigste Absatzbranche.» An diesen Verhältnissen wird sich auch in Zukunft nichts ändern.

ICT-Dienstleister

Der Schweizer ICT-Markt ist nach wie vor ein Markt der Dienstleistungen. Der Bedarf nach Dienstleistern wächst und wird angesichts der steigenden Komplexität und Dynamik der technologischen Entwicklung so rasch auch nicht enden. Allerdings könnte sich die Marktstimmung etwas eintrüben, warnt die Expertengruppe Konjunkturprognosen des Bundes. Die Schweizer Wirtschaft wird 2023 mit 1,1 Prozent unterdurchschnittlich wachsen; auch 2024 sei keine Erholung zu erwarten.
Schuld daran sind der Teuerungsdruck und die Konjunkturrisiken. Wie sich das auf den ICT-Dienstleistungsmarkt auswirkt, bleibt abzuwarten. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen ist das «as a Service»-Angebot oft der einzige Weg, um professionelle IT-Lösungen einzusetzen und an der Digitalisierung zu partizipieren. Die Nutzung externer Sourcing-Anbieter für Rechenleistung, Software, Datenspeicherung oder Sicherheit wird immer mehr zum Normalfall.
Dazu trägt bei, dass klassische Software-, Hardware- oder Telekom-Anbieter ihr Angebot mit Dienstleistungen und Cloud-Services erweitern, zunehmend zu ICT-Dienstleistern mutieren und deshalb wesentliche Umsätze spartenübergreifend erzielen. Cloud und Managed Services, verbunden mit professionellen Dienstleistungen, machen heute den Löwenanteil des Schweizer ICT-Markts aus.
Doch ganz aus den Händen geben wollen KMU ihren IT-Betrieb nicht. Bei sensiblen Daten oder geschäftskritischen Anwendungen hat man dann doch lieber die volle Kontrolle. Hybride Umgebungen als Mix aus externen ­Services und internen Systemen scheinen sich durchzusetzen und wären ja nicht zuletzt auch ein gutschweizerischer Kompromiss.

Telekommunikation

Die Umsätze der Telekom-Branche dümpeln vor sich hin, die Gewinne gehen zurück. Und das, wo doch Internet und Mobilfunk gefühlt zur Grundversorgung gehören. Genau hier liegt das Problem: Der Markt ist gesättigt. Die Anbieter jagen sich die Kunden gegenseitig ab mit immer unrentableren Preisen. Kaum jemand zahlt heute noch für Services wie SMS, Daten-Roaming oder MMS. Alles inklusive, ist doch klar. Flatrate ist ein Muss und «unlimited» steht auf fast jedem Preisetikett.
Dass diese Preise alles andere als verbindlich sind, zeigt sich spätestens bei einem persönlichen Gespräch mit einem Telekom-Verkäufer. Da werden schnell Zusatzleistungen gratis draufgepackt und Preise reduziert. Für die Kunden werden die Anbieter immer austauschbarer. Netzqualität ist kaum noch ein Kriterium. Die Netzabdeckung in der Schweiz ist bei fast allen Anbietern gleich gut.
“Geschäftskunden erwarten einen Full Service Provider mit einem 360-Grad-Portfolio aus einer Hand. Der IT-Markt und der für Mobile- und Festnetz-Services überschneiden sich immer mehr.„
Robert Redeleanu
Chief Business Officer, Sunrise
Auch mit einem schnellen Internetzugang lässt sich kaum noch punkten, denn die Konkurrenz zieht mit. Für die Kunden verlockend sind allenfalls noch gebündelte Pakete aus Festnetz, TV, Internet, Mobile, Geräten und Dienstleistungen. Doch auch hier wird der Spielraum irgendwann ausgereizt sein. Gut möglich, dass die Telekom-Anbieter – ähnlich wie die Software-Sparte – künftig zunehmend mit ergänzenden Dienstleistungen ihr Geld verdienen müssen.

Web-Dienstleister

An Google kommt man nicht vorbei. Der Web-Gigant dominiert umsatzmässig den Schweizer Markt für Internet-Dienstleistungen mit branchenspezifischen Cloud-Angeboten und Business-Services. Der Abstand zu den «Marktbegleitern» ist zwar immens, doch haben sich gleich zwei Schweizer Medienunternehmen an die Fersen von Google geheftet. Ringier und die TX Group haben beide die Metamorphose von der Print-Vergangenheit in die digitale Gegenwart erfolgreich gemeistert, ohne sich aus dem Journalismus zu verabschieden. Beide sind heute international tätige Plattformen und beteiligen sich als Investoren wiederum an namhaften IT-Unternehmen.
Diversität scheint generell das Erfolgsrezept zu sein, um sich als führender Web-Dienstleister zu etablieren. Es scheint, dass sich mit einem Portfolio, das möglichst viele Kundenbedürfnisse aus einer Hand abdeckt, die Marktchancen deutlich erhöhen. Dass es auch anders geht, zeigen Digital Realty, Sunrise oder eBay. Hier werden fokussierte Dienstleistungsangebote konsequent auf die Kunden ausgerichtet und mit viel internationaler Power untermauert. Klar ist, alle Anbieter bewegen sich in einem hart umkämpften Markt. Wer wachsen will oder sein Ranking behalten möchte, kommt um Übernahmen geeigneter Firmen nicht herum. Nur so lassen sich Know-how, Ressourcen und Umsätze rasch und zielgerichtet für die Wachstumsstrategie erwerben. Für die Kunden sind solche Veränderungen immer ein zweischneidiges Schwert und mit viel Unsicherheit verbunden.

Verkauf, Distribution

Händler und Distributoren blicken mit gemischten Gefühlen auf das vergangene Jahr zurück. Bereits in den Vorjahren befanden sich die Umsätze mit Desktop-PCs und Notebooks im Sinkflug. Die Pandemie brachte kurzfristig eine Entlastung, doch bereits 2023 setzte sich die gedämpfte Konjunkturstimmung fort. IDC schreibt, dass der Absatz von PCs (Desktops, Notebooks und Workstations) im ersten Quartal 2023 gar um 29 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesunken ist.
Ursachen dafür seien die Marktsättigung aufgrund der hohen Nachfrage während der Pandemie und die unsichere, inflationäre Wirtschaftslage. Besonders schmerzlich trifft dies den stationären Handel, dem E-Commerce zunehmend das Geschäft vermiest. Nebst dem Preis wird die Verfügbarkeit für die Konsumenten immer wichtiger. Die Schwierigkeiten mit den globalen Versorgungsketten hatte zwischenzeitlich auch mal für leere Regale gesorgt. Ein Unding für eine Wohlstandsgesellschaft, die sich gewohnt ist, dass alles jederzeit und überall in Hülle und Fülle vorhanden ist.
Die Distributoren sehen ihre Zukunft in ergänzenden Dienstleistungen. «Value-added» soll der Mehrwert dafür sorgen, dass die Channel-Kunden treu bleiben und der Umsatz nicht weiter zurückgeht. Doch das ist leichter gesagt als getan. Einerseits braucht es ein geeignetes Sortiment, das auch die Ergänzung von Services und Support möglich macht, andererseits fehlt es vielerorts an Spezialisten mit entsprechendem Know-how. Der Fachkräftemangel lässt grüssen. Als ob das nicht genug wäre, drängen aufgrund der verschärften globalen Wirtschaftslage die Hersteller vermehrt ins Direktgeschäft. Einfacher wird es für die Distributoren und Händler also in Zukunft nicht werden.

Fazit und Ausblick

Die nächste Krise kommt bestimmt. Die Frage ist wann und in welcher Form. Unsere «heile» Welt wird zunehmend als volatil, unbeständig, komplex und mehrdeutig (VUCA) empfunden. Die Verunsicherung ist gross und permanent. Die globale Lage gleicht gesellschaftlich, wirtschaftlich, ökologisch und politisch einem brodelnden Vulkan. Grössere Erdbeben sind in naher Zukunft nicht auszuschliessen.
Willkommen im neuen Normal. Wir alle müssen lernen, mit dieser Unsicherheit umzugehen. Auch wenn die Zukunftsaussichten volatil und unberechenbar bleiben (Hand aufs Herz, waren sie das nicht schon immer?), gilt es, den Herausforderungen die Stirn zu bieten und vom Potenzial der Digitalisierung mit realistischen, konkreten und nutzenorientierten Strategien zu profitieren. Das gilt gleichermassen für Anbieter und Anwender.


Johann Scheuerer
Autor(in) Johann Scheuerer



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