Die erste Schweizer Digitalbehörde

Satellit statt teure PTT-Leitung

Bis dahin verdiente die PTT viel Geld mit den Mietleitungen. Wie Computerworld wusste, nahm der Staatsbetrieb stattliche 200 Millionen Franken jährlich ein. Da das Monopol durch das neue Fernmeldegesetz nicht fiel und die PTT Preiserhöhungen in Aussicht stellte, erwogen auch die treuen Kunden, auf alternative Übermittlungswege auszuweichen.
Der heutige Bakom-Direktor Bernhard Maissen
Quelle: Bundesamt für Kommunikation Bakom
Im Vordergrund stand die Satellitenlösung, so der Technikchef der Schweizerischen Depeschen­agentur, Peter Müller. Die SDA zahlte jährlich rund 350 000 Franken Miete für die PTT-Leitungen. Nach der Mieterhöhung musste die SDA mit einer Verdoppelung dieser Kosten rechnen. Hauptgrund für die massive Erhöhung war die von der Distanz und der Übertragungskapazität abhängige Realgebühr, die der SDA bis dahin zu zwei Dritteln erlassen worden war. Sie hätte mit der neuen Gebührenstruktur voll bezahlt werden müssen.
Von der neuen Gebührenstruktur potenziell betroffen waren nicht nur die Presseagenturen wie die SDA, sondern auch die Behörden und öffentliche Verwaltungen, denen der Staatskonzern keine oder nur geringe Realgebühren berechnet hatte. Insgesamt erliess die PTT den solcherart Begünstigten über die Jahrzehnte riesige Summen. Und trotzdem waren die Mietleitungen ein lukratives Geschäft für den Monopolisten. Schweizer Behörden blieben dem Konzern vorläufig treu.

PTT-Prüfung für Bakom-Siegel

Das neue Bakom war auch in einer weiteren Angelegenheit auf die PTT angewiesen: Eine der Aufgaben der neuen «Marktzugangsbehörde» war es zu prüfen, ob Anlagen wie Telefon-, Telex- und Videotexanlagen, Funkgeräte, Modems, Hauszentralen für Telefon oder ISDN den technischen Anforderungen entsprechen. Von diesem Entscheid hing ab, ob die Geräte in der Schweiz verkauft, vertrieben und benützt werden dürfen. Zuvor durften nicht zugelassene Modems zwar verkauft, offiziell aber nicht eingesetzt werden.
Marc Furrer war der erste Direktor des Bakom
Quelle: Bundesamt für Kommunikation Bakom
Einige dieser «halblegalen» Geräte mussten bei Inkrafttreten des neuen Fernmeldegesetzes vom Markt genommen werden. Zu diesen gehört das PSI-Modem für das Apple PowerBook der Swip Handelsgesellschaft. Die Firma bemühte sich zwar um eine PTT-Zulassung, fiel jedoch «haushoch» durch die Prüfung. So verschwand das Modell Ende April 1992 vom Markt – allerdings nur vorübergehend. Swip-Geschäftsführer Martin Gross äusserte gegenüber Computerworld die Hoffnung, bis Ende Juni 1992 die Bewilligung zu bekommen. Dass nun während zwei Monaten eine Modemlücke im Swip-Angebot klaffte, lastete Gross nicht etwa dem Bieler Beamtenschlendrian an, sondern dem grösseren Ansturm, den die PTT zu bewältigen habe. Beat Mühlemann, verantwortlich für Modem-Zulassungsprüfungen bei der PTT, bestätigte der Computerworld, dass man es «im Moment mit einem ziemlich grossen Andrang» zu tun habe. Wer Ende April ein Modem zur Prüfung anmeldete, bekam nicht vor Juni des gleichen Jahres einen Termin.
Mühlemann führt den Andrang nicht nur auf die drohende Illegalität zurück, sondern auch auf die Kosten. Die Prüfung schlug mit rund 1200 Franken pro Tag zu Buche. Ein Grund: Es gab in der Schweiz für den Endgerätemarkt mit einem Jahresumsatz von geschätzt 1,5 Milliarden Franken nur eine einzige (überlastete) Prüfstelle – die Prüfstelle der PTT. Sie hatte bis Ende 1992 immerhin 175 Geräte für gesetzeskonform befunden.
Der heutige Bakom-Direktor Bernard Maissen erlebte den Zwist zwischen PTT und SDA 1992 als Journalist – allerdings als Korrespondent für Graubünden und Liechtenstein. In einem Flyer zum 30-jährigen Jubiläum des Bakom lässt er sich mit der doppeldeutigen Aussage zitieren: «Wir arbeiten weiter an der Zukunft(strasse)».



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