Weissbuch 2011 10.02.2011, 16:37 Uhr

Schweiz auf Wachstumskurs

Branchenexperte Robert Weiss hat seinen ICT-Marktreport für das abgelaufene Jahr 2010 vorgestellt. Gegenüber dem Vorjahr zeigte sich ein erfreuliches Bild, so Weiss in seinem Bericht.
Robert Weiss
Der Markt konnte bei den Stückzahlen ein Wachstum von 12,1 Prozent ausweisen, was insgesamt einem Umsatzwachstum von 6,7 Prozent bedeutet. Beim PC-Markt (ohne Tablets und Smartphones) wurde ein Umsatz von 1,897 Milliarden Franken generiert, eine Steigerung von 118 Millionen Franken gegenüber 2009. Stark zulegen konnten die Umsätze im Server-Geschäft, ebenso profitierten die Drucker- sowie Display-Sparte. Insgesamt wurden in der Schweiz 2010 über 2 Millionen Desktop-PCs und Mobilsysteme abgesetzt.  Desktops für sich alleine legten dem Report zufolge um 10,9 Prozent, mobile Systeme sogar um 12,8 Prozent zu. Ein weiterer Trend der Branche, so Weiss: «Die Durchschnittspreise gingen deutlich weniger stark zurück als im Vorjahr, was sich positiv auf die Umsätze auswirkte.»

Apple dominiert Smartphone und  jungen Tablet-Markt

Der Table-Markt wird in der Schweiz, nach Angaben des Reports, von Apples iPad, mit einem Marktanteil von 92,7 Prozent dominiert. Der Umsatz im Segment lag 2010 bei etwa 100 Millionen Franken. Im Jahr 2011 soll der Umsatz um den Faktor 2 bis 3 klettern, meint Weiss. Bei den Smartphones kommt Apple mit seinen iPhones auf einen Anteil von 52,1 Prozent oder etwa 787'000 verkaufte Geräte. Allerdings tragen die Quersubventionen mithilfe der drei grossen Telekom-Anbieter Orange, Sunrise und Swisscom einen beträchtlichen Anteil an den verkauften Geräten.

Wachsendes Business Segment

Musste der Business-Markt 2009 noch eine Reduktion von 20 Prozent (bei den Stückzahlen sogar um 27 Prozent) hinnehmen, stieg er 2011 beim Umsatz um 6 Prozent (Stückzahlen 10,1 Prozent) erfreulicherweise wieder an, so Robert Weiss. Als Gründe für diese positive Entwicklung  nannte Weiss die steigende Investitionsbereitschaft, den wirtschaftlichen Aufschwung sowie der beschleunigte Wechsel hin zu Windows-7-Systemen. Vor allem der Server-Markt konnte in nahezu allen Bereichen zulegen: So ist der Umsatz um 34 Prozent von 430 auf 576 Millionen Franken gestiegen, vor allem aufgrund der höheren Durchschnittspreise. Weiss nannte als Gründe für den Umsatzanstieg die steigende Anzahl an Virtualisierungslösungen in Unternehmen. Diese, so Weiss, verlangen als Folge, nach stärkeren Prozessoren sowie einer Aufstockung an Arbeitsspeicherkapazitäten. Mit einem Marktanteil von 58,4 Prozent wird dieses Segment der x86-basierenden Server-Systeme von HP dominiert. IBM, Dell und Fujitsu folgen auf den weiteren Plätzen.

Assemblierer vor Marktbereinigung?

In der Top-10-Liste erscheint Steg als der grösster Assemblierer, mit einem Stückzahlenwachstum von 5,6 Prozent. Auf Platz 2 steht Littlebit mit dem Label AXXIV - dies auf Grund des Zukaufs von Rotronic Micro. Auffällig, so Weiss in seiner Rede, sei es, dass es in der Schweiz immer weniger wichtige Assemblierer gibt. Vor allem Brack und Littlebit übernahmen im Zuge des Jahres 2009 entsprechende Firmen. Nach Ansicht von Weiss sind Assemblierer nach wie vor erfolgreich, wenn sie auf ein Nischenprodukt setzen oder mit eigenen Verkaufspunkten in der Schweiz aufwarten können. Die drei grossen Steg, Brack und Littlebit sind zudem auch auf das Online-Geschäft als Distributoren stark fokussiert.

Acer und Apple top, HP lässt nur wenig Federn

Nach Angaben von Weiss hat HP hat im Jahr 2010 eine Einbusse des Marktanteils von 8,7 Prozent hinnehmen müssen. Bei Printern, Displays und Low-End-Servern steht hingegen ein überproportionales Wachstum (im Vergleich zum Gesamtmarkt) auf der Habenseite. In den Top-10 verzeichnen alle Anbieter ein positives Stückzahlenwachstum. Acer (+22,4 Prozent) und Apple (+27,5 Prozent) dominieren. Dagegen so Weiss gehören HP, Toshiba, Asus und Steg zu den denjenigen Firmen, die Marktanteile verloren. Im gesamten Desktop- wie Mobilmarkt hat HP weiterhin die Poleposition inne (Marktanteil im Desktop-Segment 40,1 Prozent, im mobilen Sektor: 28,9 Prozent).  Platz zwei geht im Desktop-Markt an Apple (Marktanteil: 14,6 Prozent), im mobilen Segment wird der zweite Rang von Acer (22,6 Prozent) belegt.

Meinung

Ganz klar: 2010 war gegenüber 2009 ein hervorragendes Jahr. Profitiert haben nahezu alle ICT-Hardware-Segmente: der klassische PC-Markt, die Mobilsparte, vor allem aber auch Server und Peripheriegeräte wurden wieder nach dem desaströsen 2009 gekauft. Zudem werden auch die «neuen» Geräteklassen wie Smartphones und Tablets marktreif und von verschiedenen Anwenderschichten benutzt. Die Konvergenzbestreben, Hardware für verschiedene Dienste zu nutzen, schreitet voran, und trägt vor allem für Anbieter dazu bei, ihre Stückzahlen zu vergrössern.

Stückzahlen sind das eine, längerfristige Strategien das andere

Dennoch muss man aufpassen: Davon zu sprechen, dass z. B. HP einen Einbruch des Marktanteils erleidet, oder dass eine andere Firma exorbitant zulegt, sind nur Indikatoren. Einen Verlust oder gar Schieflage des Unternehmens davon abzuleiten, wäre töricht. Vielmehr (und genau das ist die Stärke von grossen Unternehmen) ändern sie ihre Ausrichtung oder passen ihre Strategie den jeweiligen Marktgegebenheiten neu an. So etwas nennt man Flexibilität. Erzielt ein Unternehmen einen Rekordumsatz nach (Hardware-)Stückzahlen, sagt das noch nichts über den Gewinn oder Verlust bei der Erfolgsrechnung aus. Zunehmend an Bedeutung gewinnt bei Grosskonzernen eine vernetzte Strategie, die aus Hardware, Software und Service-Dienstleistungen aller Art besteht. Unter diesem Aspekt verliert das Bewertungskonzept nach Hardware-Stückzahlen an Gewicht. Jüngstes Beispiel: HPs Deal mit UBS über 75'000 PC-Geräte. An diesem mehrjährigen Vertrag hängen verstärkt Support- und andere Service-Leistungen.  Hier erhofft sich HP deutlich mehr als vom «einfachen» Hardware-Rollout.  Diese Zahlen tauchen natürlich nicht bei den reinen Stückzahlen auf, sondern werden den anderen Sparten (Software und Services) gutgeschrieben. Ein weiterer Aspekt, der nicht primär bei den Stückzahlen berücksichtigt wird: Dank ihrer Grösse können Firmen wie Acer, Dell oder HP sehr kosteneffizient produzieren. Um die Gerätepreise tief zu halten, werden Einsparungen im Einkauf, Fertigung, Transport und Vertrieb optimiert. Praktisch heisst das: Der tatsächliche Materialwert und Komponentenpreise werden im Gegenzug weniger wichtig und rücken  in den Hintergrund. Genau hier haben die «nur» mittelgrossen Unternehmen wie Lenovo, Toshiba oder Asus Defizite, und können letztendlich bei den Preisen nicht mithalten. Eine interessante Ausweich-Strategie fährt übrigens hierbei Medion, die Ihre sehr aktuellen Produkte zu einem extrem tiefen Preis über den Discounter Aldi schnellst möglich vertreiben. Liegt die Ware länger als eine Woche, ist sie quasi tot.



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