24.04.2009, 13:38 Uhr

Wie gut sind Schweizer SaaS-Provider?

CRM-, ERP- und Office-Lösungen beziehen Schweizer Unternehmen mittlerweile als Dienstleistungen aus dem Netz. Aber halten die neuen Lösungen auch, was sie versprechen? Ein Blick auf die aktuellen Angebote.
Swisscoms Teamnet: das Modul Aufgabenmanagement mit Fortschrittsanzeige, Zeit- und Kostenkontrolle
Nicht zu blauäugig an das Thema «Software as a Service» heranzugehen, rät das Marktforschungsinstitut Gartner, ansonsten sei die Enttäuschung programmiert. Die Gartner-Analysten räumen mit einigen populären SaaS-Mythen auf und empfehlen, vorab im Unternehmen einen knallharten Realitäts-Check durchzuführen (vgl. Fact-Checking: The Five Most-Common SaaS Assumptions, Zusammenfassung in Deutsch). So sei das Beschaffungsmodell SaaS nur während der ersten beiden Jahre preiswerter als der Inhouse-Betrieb, danach wende sich das Blatt. Gartner geht dabei von der wahrscheinlichen Annahme aus, dass die Hardware-Preise weiter fallen.
Auch der weit verbreitete Glaube, SaaS-Leistungen würden streng nach Verbrauch in Rechnung gestellt, stimme nicht immer, so Gartner. In der Praxis würden Kunden häufig Verträge mit festen Gebührenstrukturen aufgeschwatzt, die sich später nachteilig auswirken. Beliebt sind auch vertragliche Mischformen, die zwar Verbrauchsschwankungen innerhalb definierter Margen zulassen, trotzdem aber eine fixe Mindestabnahmemenge vorschreiben. Ändert sich der Markt und fällt etwa der Umsatz rapide, haben die betroffenen Unternehmen das Nachsehen. Sie müssen trotzdem für die vertraglich festgelegte Mindestabnahmemenge aufkommen.
Es lohnt sich also, mit dem spitzen Bleistift nachzurechnen und SaaS-Verträge von IT-Fachanwälten überprüfen zu lassen. Vertragsstrafen, wenn vereinbarte Service Level Agreements (SLA) verletzt werden, gehören dazu. Dann rechnet sich der Einsatz der Software-Dienste aus dem Internet auch langfristig.

Kunden schöpfen Potenzial nicht aus

Salesforce etwa bietet seit mehr als zehn Jahren Customer Relationship und Workflow Management als skalierbare Dienstleistung an. In der Schweiz nutzen der Stromnetzbetreiber Swissgrid, die Zürich Versicherung und die Hotelfachschule Ecôle hotelière das CRM aus der Cloud. Kunden bekommen von Anfang an ein lauffähiges System. «Die Plattform ist aber in den letzten Jahren sehr mächtig geworden, sodass die Firmen das Potenzial häufig gar nicht ausschöpfen», so André Ryf, CEO des Salesforce-Consulting-Partners Parx.
Dabei muss keiner die Katze im Sack kaufen:Parx offeriert auf seiner Website Testversionen, mit denen Firmen Salesforce CRM 30 Tage lang kostenlos ausprobieren können. Wie sich im Kurztest von Computerworld herausstellte, ist das Schupper-CRM zwar innert weniger Minuten startklar. Danach nutzen Kunden sämtliche Module wie Accounts, Kontakte, Kundenvorgänge, Lösungen und Berichte über ihren Internetbrowser, ohne zusätzliche Software. Für den produktiven Einsatz werden allerdings in der Regel noch firmenspezifische Anpassungen fällig. Den Zeitaufwand fürs Customizing schätzt CEO Ryf bei kleineren Firmen auf ein bis drei Tage. Bei sehr aufwendigen Wünschen von Grossunternehmen können auch schon mal mehrere Wochen ins Land gehen. Vertragsstrafen, die fällig werden, wenn der Provider gegen vereinbarte SLAs verstösst, seien in der Regel nicht Bestandteil der Verträge, meint Ryf. Damit haben Verstösse für den Provider keine direkten Konsequenzen.

Erfolgskriterium Teamarbeit

Nicht nur das Kundenmanagement, sondern auch die optimale Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitenden, Partnern und Lieferanten ist entscheidend für den unternehmerischen Erfolg. Dafür lancierte Swisscom vor einigen Wochen das Software-Portal Teamnet. Auch der Telco-Platzhirsch bietet Kunden die Möglichkeit, Teamnet 30 Tage lang kostenlos und unverbindlich auszuprobieren. Nach der Registrierung kann man die Software praktisch sofort produktiv einsetzen. Das Portal glänzt unter anderem mit einem Aufgabenmodul samt Fortschritts-, Prioritäts- und Zeitlimit-Parameter, einer Adressverwaltung, einem Kalender sowie Diskussions- und Ideenforen.
«Wir haben zum Stichtag am 15. April zirka 150 aufgeschaltete Testteams und vier bezahlende Kunden», bilanziert Jean-Pierre Wollenschläger, Pressechef bei Swisscom. Im Test von Computerworld muckte im Internet Explorer (Version 7) die Chat-Funktion. Es stellte sich heraus: Der Chat läuft nur in einem Browser mit aktueller Java-Version. Davon abgesehen ist für den Einsatz von Teamnet keine weitere Software nötig.

Kundenpflege für KMU

Vor allem Jungunternehmer und KMU adressiert der Schweizer SaaS-Provider iBrows. Das Kunden-Managementsystem easySYS offeriert unter anderem eine Adress- und Dokumentenverwaltung sowie ein Termin-, Aufgaben- und Fakturierungsmodul. Um seine Kunden vor Datenverlust zu schützen, führt iBrows neben der herkömmlichen Datensicherung auch Off-Site-Backups auf ein gespiegeltes Ersatzsystem durch. «Die Daten werden permanent zwischen den beiden Servern synchronisiert, dadurch sind die Datenbestände jederzeit up-to-date», verspricht Jeremias Meier, Produktmanager bei iBrows - und will damit Sicherheitsbedenken endgültig aus dem Weg räumen. Fällt ein Server aus, springt der Ersatzrechner in die Bresche. Nach Vertragsabschluss stehe easySYS innerhalb von 24 Stunden zur Verfügung, die Vertragskündigungsfrist betrage drei Monate, sagt Meier.
Eine ähnliche Kundschaft hat der Mitte 2007 gegründete Schweizer SaaS-Provider Neflexis im Visier. YourBureau hilft KMU, ihre Kundenprojekte zu verwalten und unterstützt beim Offerten- sowie Rechnungswesen. Mittlerweile arbeiten damit 25 Schweizer Kunden produktiv. «Wir machen alle zwei Stunden ein Backup von jeder Kundeninstanz und setzen zur Sicherheit auf eine 256-Bit-SSL-Verschlüsselung sowie doppelten Passwortschutz», erläutert Emanuel Zuber, Geschäftsführer von Neflexis. Für die Zukunft plant er, wie iBrows einen zweiten, redundanten Backup-Server einzurichten und sein Serviceportfolio um eine Ferienplanung und eine Lohnbuchhaltung zu erweitern.

Produktiver im Netz

Nicht nur kleine Provider, sondern auch die Schwergewichte der Branche springen auf den SaaS-Zug auf. Microsoft ging Anfang April mit seiner Business Productivity Suite (BPS) online. Zum Dienstleistungsumfang der Suite zählen der Kommunikationsserver Exchange, die Kollaborationsplattform Sharepoint, Live Meeting und Office Communications.
Zwar bietet die BPS wesentlich reichhaltigere Funktionalitäten als Swisscoms Teamnet. Vorab ist aber auch ein wenig Installations- und Konfigurationsarbeit angesagt. Um etwa das Modul Office Communications benutzen zu können, muss erst einmal der XML-Parser MSXML 6.0 (SP1) und der Office Communicator 2007 R2 installiert werden.
Microsoft setzt auf das Konzept «Software plus Service». Das sei mehr als Software as a Service (SaaS), meint Marc Weder, Business Group Leader Information Worker bei Microsoft Schweiz. Für den Microsoft-Mann sind lokal installierte Software plus Dienste aus der Cloud «die perfekte Kombination». Ein lokal installierter Outlook-Client sei performanter und komfortabler zu bedienen als ein (mobiler) Onlineclient, ausserdem könne man damit auch offline arbeiten, erklärt Wede. Auf der anderen Seite sei lokale Software nicht mobil. Deshalb laufe es auf eine Kombination aus lokalen Programmen und SaaS-/Cloud-Computing-Diensten hinaus.
Microsoft werde seinen Kunden beide Beschaffungsvarianten anbieten. Das neue Office 2010 (ehemals Office 14), das im ersten Halbjahr 2010 auf den Markt kommen soll, werde es auch als Webapplikation geben, so Wede. Word, PowerPoint, Excel und OneNote laufen dann, in schlankerer Form, auch im Internetbrowser.

SAP aus der Cloud

Schon seit Jahren bastelt Marktführer SAP an einer SaaS-Variante seines ERP-Systems: Business ByDesign. Zwischenzeitlich kamen Zweifel auf, ob Business ByDesign überhaupt jemals produktiv einsetzbar sein werde. Claudia Lukaschek, Pressesprecherin von SAP Schweiz, versichert jedoch: «Die Gerüchte betreffend SAP Business ByDesign sind absolut falsch. Wir arbeiten mit Hochdruck an der nächsten Version, die im dritten Quartal 2009 auf den Markt kommen wird.»
Aber andere Anbieter sind schneller: Die Schweizer Cirrus Group bastelt an einer
SaaS-/Cloud-Computing-Lösung für SAP IDES ERP 6.0, ERP 6.0 und den Solution Manager 7.0. Eine fortgeschrittene Beta-Version präsentierte Cirrus bereits auf dem SAP Public Services Day Mitte März in Luzern. Zwar steckt SAP aus der Cloud zurzeit noch in der finalen Testphase, Accounts sind daher nur auf Anfrage erhältlich. Im Sommer dieses Jahres will Cirrus seine Lösung aber endgültig auf den Markt bringen. Besonders kundenfreundlich: Die Verrechnung des Dienstes wird auf Stundenbasis erfolgen.



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