25.07.2013, 14:40 Uhr
«Wer ins Enterprise-Segment will, muss mit Swisscom partnern»
Der BlackBerry-Verantwortliche für die Schweiz, Paulo Baptista, spricht mit Computerworld über grosse Konkurrenz, die spezielle Situation in der Schweiz und wie er KMU-Kunden gewinnen will.
Paulo Baptista, Regional Director von BlackBerry für die Schweiz, im Computerworld-Interview
Computerworld.ch: Guten Tag Herr Baptista. BlackBerry 10 ist seit einiger Zeit auf dem Markt, die ersten Smartphones ebenfalls. Trotzdem waren die letzten Quartalszahlen enttäuschend für die Börse, die Aktie brach um 20 Prozent ein. Wo sehen Sie Hoffnung für Ihr Unternehmen?
Paulo Baptista: Analysten haben ihre eigenen Erwartungen. Man muss sehen, dass wir im ersten Quartal unseres neuen Geschäftsjahres 3,1 Milliarden Dollar Umsatz erzielt haben, 15 Prozent mehr als im Quartal zuvor. Wir haben 84 Millionen US Dollar Verlust gemacht, doch sind daran, unsere Effizienz zu optimieren und haben mit 3,1 Milliarden US Dollar „auf der Bank“ eine gute Cash Position. Darüber hinaus sind wir erst in der Anfangsphase von BlackBerry 10.
Also noch mehr Leute entlassen?
Nein, das meine ich ausdrücklich nicht. Wir werden auch weiterhin die Kosteneinsparungen umsetzen und Prozess-Verbesserungen einleiten, die wir im vergangenen Jahr begonnen haben, um eine größere Effizienz im gesamten Unternehmen zu erreichen.
Den Analysten scheinen diese Ausführungen aber nicht zu genügen…
Klar freut es uns nicht, dass die Aktie so sehr an Wert verloren hat. Aber wir bewegen und in einem sehr dynamischen Markt, das muss man sehen. Unsere Aktionäre versuchen wir zufrieden zu stellen, indem wir einfach gute Produkte herstellen und Gewinn machen.
Dafür müssen sich die Produkte aber auch verkaufen. Ihr Marktanteil fällt trotz Z10 und Q10 aber weiterhin, mittlerweile liegt er bei schätzungsweise 3,5 Prozent.
Es kommt darauf an, welchen Markt man betrachtet, ich gehe aber davon aus, dass Sie damit den Anteil der Betriebssysteme meinen, oder?
Ja.
Man muss sehen, dass wir aktuell mehr Smartphones verkaufen. Im letzten Quartal waren es 6,8 Millionen, eine Steigerung von 13 Prozent im Vergleich zum Quartal davor. Dass wir trotzdem Marktanteile verlieren liegt daran, dass immer mehr Hersteller Android-Telefone produzieren. Alle anderen Hersteller verlieren da unweigerlich Marktanteile, auch Apple. Und: wir sind nach wie vor in einer frühen Station des BlackBerry 10-Launches, noch sind die neuen Produkte nicht in allen Ländern verfügbar.
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In der Schweiz aber schon. Wie läuft ihr Smartphone-Absatz hier?
Die Schweiz ist ein guter Markt für Smartphones, im letzten Jahr wurden laut unseren Zahlen 2 Millionen Stück verkauft.
Wovon aber die meisten iPhones waren.
Stimmt, die Schweiz ist ein Apple-Land. Während in vielen anderen Ländern Samsung Apple überholte, ist das hier nicht so.
Aber auch hier ist Samsung stark. Wie will BlackBerry mit diesen Beiden mithalten?
Ich denke, wir sind hier in der Verfolgergruppe mit anderen Herstellern und haben da noch Potential, denn der Abstand nach vorne ist gross. Unsere bisherige Kundenbasis im Endkundensegment ist eigentlich recht stark, vor allem in der französisch sprechenden Schweiz. In der Deutschschweiz etwas weniger. Das versuchen wir aber zu ändern, indem wir beispielsweise das Q10 in den Shops promoten.
Die Schweiz scheint für Sie ein wichtiger Markt zu sein, Sie bezeichnen ihn sogar als Fokusmarkt. Warum?
Weil der hiesige Markt gut in die BlackBerry-10-Strategie passt. Einerseits ist die Kaufkraft der Schweizer um bis zu 40 Prozent höher als andernorts in Europa. Unsere Produkte Z10 und Q10 sind im höchsten Preissegment anzuordnen, ähnlich der Spitzenmodelle der bereits etablierten Marken. Zudem ist die Schweiz bekannt und hat einen guten Namen. Das ist wichtig aus marketingtechnischer Sicht. Und die Schweiz ist ein Technologiemarkt. Das bedeutet, dass die Einwohner schnell neue Technologien adaptieren. Für uns, da wir mit BB10 ein ganz neues Betriebssystem am Markt haben, ist das natürlich entscheidend. Zudem herrscht hier eine spezielle Anbieter-Situation.
Wie meinen Sie das?
Die Swisscom dominiert mit 60 Prozent Marktanteil, dann gibt es noch zwei Anbieter (Sunrise, Orange, Anmerkung der Redaktion), die auf ungefähr 20 Prozent kommen. So eine Marktaufteilung mit drei Anbietern ist relativ selten.
Sie setzen also hauptsächlich auf Swisscom als Partner?
Wir arbeiten auch mit Sunrise und Orange zusammen. Aber wer ins Enterprise-Segment will, muss mit Swisscom partnern. Denen gehört 80 Prozent des Segments.
Lesen Sie auf der nächsten Seite: KMUs und Grossunternehmen im Visier
Sprechen wir dann doch über das Enterprise-Segment. Wie sind Sie da aufgestellt?
Sehr gut. Wir haben in allen Wirtschaftszweigen, von Banken über Pharma bis zur Industrie, eine grosse Enterprise-Basis, die wir nun auf BlackBerry Enterprise Service 10 (BES 10) migrieren. Das Ziel ist, dass 50 Prozent unserer bestehenden Kunden in den nächsten 12 Monaten auf BES 10 migriert hat.
Können Sie Zahlen nennen?
Mit BES 10 haben wir im Schweizer Markt bisher 400 Installationen vorgenommen.
Das dürften vor allem grössere Firmen sein. Der BlackBerry-Server scheint vielen KMUs zu teuer zu sein…
Das stimmte bisher. Wir waren im KMU-Segment bislang nicht stark. Denn man musste Server installieren, Lizenzen kaufen, das kostet natürlich Geld. Heute aber bieten wir Active Sync an, damit fällt das weg. Wer zusätzliche Sicherheit will, kann den BES 10 installieren, ohne die BlackBerry-Option für Geräte.
Er kann also den BES 10 haben und trotzdem andere Geräte verwalten?
Richtig. Wir hoffen, dass dies die Hemmschwelle der KMUs senken wird. In den nächsten 12 Monaten werden wir uns darum auf KMU-Kunden konzentrieren.
Sie werden persönlich Klinken putzen gehen?
Nein, im KMU-Bereich ist das nicht möglich. Hier übernehmen IT-Partner und Mobile-Carriers den Verkauf. Direktverkauf machen wir bei den Topkunden, das sind ungefähr 200 Unternehmen. 95 Prozent dieser CIOs kennen wir.
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