17.02.2017, 12:22 Uhr

Bundesrat will Beschaffungs-Skandale vertuschen

Der Bundesrat will, dass die Bevölkerung nicht mehr über öffentliche Beschaffungen informiert wird. Ein unverzeihlicher Fauxpas, den das Parlament entsprechend korrigieren muss.
IT-Beschaffungen beim Bund gehören seit Jahren zu den grössten Problemfeldern der Verwaltung. Insieme, FIS-Heer und einige weitere Vorfälle zeigen, dass die Einhaltung von Beschaffungs-Richtlinien in der Praxis viel komplexer ist, als sie sich in der Theorie darstellt. Diverse Male gelobte der Bundesrat bereits Besserung, versuchte mit zusätzlichen Schulungen, neuem Personal und geänderten Kompetenzen, Fortschritte in der Beschaffungs-Praxis zu erzielen. Denn eines war immer sicher: Die Presse stürzte sich mit Begeisterung auf die Projekte, die teilweise hunderte Millionen Franken Steuergelder vernichteten. Die Beschaffungs-Debakel sind hauptverantwortlich für das negative Bild der Bundes-IT, die in der Realität deutlich besser dasteht. Um diese Schieflage zu nivellieren, greift der Bundesrat nun aber zu einem Schritt, der gleich skandalös wie die schiefgegangenen Projekte ist: Er möchte sämtliche Dokumente in Verbindung mit Beschaffungsverfahren des Bundes dem Geltungsbereich des Öffentlichkeitsgesetzes entziehen. Sollte das Parlament dem Entscheid folgen, wird das Volk künftig keine Ahnung mehr haben, wie und was in Bundesbern beschafft wird. Damit wäre Mauscheleien Tür und Tor geöffnet. Denn es sind die Medien, die dafür sorgten, dass die mutmasslichen Bestechungs-Vorflle beim Seco oder die Beschaffungs-Schlampereien bei der Zentrale Ausgleichsstelle (ZAS) aufgedeckt wurden. Ohne fleissige Journalisten und den Zugang zu den Dokumenten, wäre auch so manch anderes Flop-Projekt wohl noch am laufen. Entsprechend entgeistert reagierte der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte Adrian Lobsiger auf den Vorschlag des Bundesrats. Lobsiger spricht von einem «schwer nachvollziehbaren Verhalten, das einem Rückschritt in die Steinzeit gleichkommen würde». Es sei «ehrlicher vom Bundesrat, direkt auf das Öffentlichkeitsprinzip zu verzichten». Stattdessen hat der Bundesrat offenbar versucht, die Regelung möglichst unbehelligt durchzubekommen. Sie steht im gestern zuhanden des Parlaments verabschiedeten revidierten Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB). Zum ersten Mal. In den Vernehmlassungen war davon noch keine Rede. Auch in der offiziellen Kommunikation des Bundesrats wird sie nicht erwähnt. Um die Sache abzurunden, argumentiert der Bundesrat den Passus auch noch haarsträubend. Er sei nötig, um damit die Geschäftsgeheimnisse der Anbieter zu schützen. Das löst bei Adrian Lobsiger Kopfschütteln aus. Denn im Rahmen des Öffentlichkeitsgesetzes seien die Geschäftsgeheimnisse ohnehin stets gewährleistet. Die Gefahr von Preisabsprachen hingegen würde durch die neue Reglelung um ein vielfaches vergrössert werden, gerade in Bereichen, in denen wenige Anbieter offerieren können. Es ist davon auszugehen, dass das Parlament den Fehler sehen und den Vorschlag abschmettern wird. Danach ist der Bundesrat gefordert. Er muss dafür sorgen, das Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen.



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