25.02.2008, 08:55 Uhr

Microsoft macht Jagd auf den Platzhirsch

Mit Hyper-V als kommender Komponente von Windows Server 2008 steigt Microsoft in den Markt für Servervirtualisierung ein - und zielt dabei direkt auf Marktführerin VMware.
Hyper-V wird im Virtualisierungsmarkt eine wichtige Rolle spielen.
Microsoft macht Ernst mit der Virtualisierung. Mit Hyper-V präsentieren die Redmonder erstmals eine Technik, die direkt auf der Serverhardware läuft. Der Hypervisor stellt die Basis für virtuelle Serverumgebungen, ein Gebiet, das bisher in der Intel-Welt vor allem VMware und Citrix XenSource vorbehalten war. Berücksichtigt man, dass Virtualisierung derzeit das Trendthema in der IT überhaupt ist und zugleich erst etwa fünf Prozent der Unternehmen Virtualisierung nutzen, liegen die Beweg-gründe von Microsoft auf der Hand: Eine Virtualisierungstechnik aus dem gleichen Haus wie Serverbetriebssysteme und -applikationen ist für alle Unternehmen interessant, die Software und Dienstleistungen aus einer Hand beziehen wollen. Darin sieht Urs Stephan Alder, Inhaber der auf Virtualisierungsthemen spezialisierten Beratungs- und Engineeringfirma Kybernetika, auch das grosse Potenzial für Microsoft: «CIOs, die eine Microsoft-zentrierte IT-Strategie fahren, werden allenfalls die Möglichkeit nutzen, alles aus einer Hand zu beziehen - sofern Funktionsgrad und Kosten der Lösung angemessen sind.»

Integrierte Virtualisierung

Bis dahin ist aber noch etwas Geduld gefragt. Denn Hyper-V liegt derzeit erst als Betaversion vor. Eine Standalone-Variante des Hypervisors hat Microsoft auf Mai 2008 angekündigt, die Integration in Windows Server 2008 soll im Spätsommer erfolgen. Wie diese Einbettung in der Praxis ausschauen wird, können Interessierte bereits heute anhand der öffentlichen Beta anschauen - sofern sie mit 64-Bit-Hardware arbeiten. Denn Hyper-V setzt Intel- oder AMD-Prozessoren mit integrierten Virtualisierungsfähigkeiten voraus - womit 32-Bit-Systeme ausgeschlossen sind.
Hyper-V wird als Rolle im Server Manager von Windows Server 2008 eingerichtet. Die gesamte Konfiguration des Unterbaus und der virtuellen Umgebungen erfolgt über dieses zentrale Administrationswerkzeug. Als Hypervisor zielt Hyper-V direkt auf die Konkurrenz VMware ESX, mithin das Flaggschiff der Marktführerin.
Mit Funktionen wie Cluster-Unterstützung erlaubt die Microsoft-Virtualisierung den Aufbau hochverfügbarer Infrastrukturen, was für den Betrieb unternehmenskritischer Systeme von zentraler Bedeutung ist. Hierfür ist aber die teure Enterprise-Version von Windows Server 2008 nötig, was den geringen Aufpreis von 28 Dollar für Hyper-V relativiert. Zudem hat Microsoft angekündigt, mit der kommenden Version von System Center nicht nur die eigene Virtualisierungstechnik, sondern auch Xen- und VMware-ESX-Umgebungen zu verwalten.

Der Konkurrenzkampf kommt ins Rollen

Wie leistungsfähig und zuverlässig Hyper-V wirklich sein wird, lässt sich anhand der Beta-version erst erahnen. Letztere offenbarte in ersten Tests (siehe Computerworld 4/2008) noch Schwächen. Neben kleineren Schönheitsfehlern und gewissen Systeminstabilitäten zeigte sich dabei, dass VMware bei der Funktionalität derzeit noch vorne liegt - insbesondere bei den Services und Verwaltungs-tools für virtuelle Umgebungen kann Hyper-V noch nicht mit Virtual Infrastructure oder ESX Server von VMware mithalten.
Urs Stephan Alder ortet dennoch einen strategischen Vorteil für das Microsoft-Produkt: «Wenn Hyper-V und VMware funktio-nell gleichauf liegen, könnten sich viele Unternehmen für Hyper-V entscheiden, weil es aus dem gleichen Haus stammt wie die restliche Server Software und somit eine einheitliche Support Policy besteht.»
Das wird zwei Konsequenzen haben: Zum einen wird sich VMware vermehrt bemühen müssen, den technischen Vorsprung beizubehalten. Zum anderen wird der Wettbewerb auf die Lizenzkosten drücken. Es ist unwahrscheinlich, dass VMware angesichts der massiven Konkurrenz ihre hohen Preise wird aufrecht erhalten können. Mit dem Eintritt von Microsoft ist das Rennen um die Gunst der Virtualisierungskunden voll entbrannt. Denn ab Sommer stehen mit VMware, Citrix XenSource und Microsoft Hyper-V gleich drei firmentaugliche Techniken zur Wahl. Als Verlierer im Wettbewerb der Servervirtualisierung könnte XenSource dastehen. Alder jedenfalls geht davon aus, dass auch aufgrund der Marktpräsenz das Rennen auf lange Sicht zwischen Microsoft und VMware ablaufen wird.
Andreas Heer



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