24.06.2013, 09:00 Uhr
Das Internet der Dinge als neuer Markt
In den nächsten Jahren wird sich unser Alltagsleben entscheidend verändern: In Fahrzeugen, Strom- und Wasserzählern, medizinischen Geräten, Verkaufsautomaten und in vielen anderen Systemen sorgt künftig eine Machine-to-Machine-Kommunikation für den automatischen Datenaustausch. Eine Marktchance für Lösungspartner, die alle Services aus einer Hand anbieten.
Der Autor ist Senior VP Global Marketing bei Telit Wireless Solutions. Aufzüge, Kaffeeautomaten, Öl- und Gastanks kommunizieren über das Internet mit ihren Wartungszentralen, Fahrzeuge halten Kontakt mit Leitsystemen und liefern ein Bild der aktuellen Verkehrssituation, Container ermitteln in Echtzeit ihren Standort – die Anwendungsszenarien für Machine-to-Machine-Kommunikation (M2M) sind nahezu unendlich.
Marktbeobachter sind sich darin einig, dass wir erst am Anfang stehen. Den Analysten von IDC zufolge sollen 2015 rund 15 Milliarden intelligente Geräte über das Internet vernetzt sein und selbstständig Daten austauschen. Zu einer ähnlichen Einschätzung kommen die Marktforscher von Beecham Research: Sie prognostizieren für die Jahre 2011 bis 2015 ein durchschnittliches weltweites Wachstum von 27 Prozent beim Absatz von M2M-Mobilfunkmodulen. Gemessen an den Stückzahlen wird sich der Markt in diesem Zeitraum nahezu verdreifachen (vgl. Grafik rechts). Davon profitieren Verbraucher und Unternehmen. Intelligente Strom-, Wasser- oder auch Gaszähler ermitteln den Verbrauch und leiten die Daten automatisch an das zuständige Versorgungsunternehmen weiter. Auf dieser Datenbasis lässt sich der gesamte Prozess der Energieerzeugung und -versorgung laufend optimieren. In einer Vielzahl von Branchen tragen M2M-Lösungen entscheidend zum Umbau von Geschäftsprozessen, zur Rationalisierung von Abläufen und einer höheren Effizienz bei.
Bausteine der M2M-Kommunikation
Stark vereinfacht lassen sich M2M-Lösungen auf drei Bausteine zurückführen: ein Kommunikationsmodul als zentrales Interface, ein drahtloses oder kabelgebundenes Netz zur Übermittlung der Daten und ein Datenempfänger. In dieser im Detail komplexen und nach wie vor stark fragmentierten Wertschöpfungskette bedarf es einer engen Abstimmung zwischen Modulen, Mobil- und Festnetzdienstleistungen, Consulting, Software und Systemintegration. Entscheidend für den Erfolg ist eine möglichst enge Kooperation von Modulherstellern, Lösungsanbietern und Netzbetreibern. Lesen Sie auf der nächsten Seite: M2M-Module im Aufwind Systemhäuser und andere Spezialisten erhalten dann beispielsweise umfangreiche Serviceleistungen, Support und leistungsfähige Kommunikationsmodule aus einer Hand, um auf dieser Grundlage neue Applikationen in Bereichen wie Automotive, Telemetrie, Gesundheitswesen oder Sicherheit und Überwachung zu entwickeln.
Kernelemente sind die Kommunikationsmodule, die über eine SIM-Karte Daten via Mobilfunk übertragen. Sie dienen zur Identifikation im Netz analog zu den bekannten SIM-Karten in Mobiltelefonen. Der Hersteller Telit unterstützt zum Beispiel mit seinen Modulen die gesamte Bandbreite von Mobilfunktechnologien: von GSM/GPRS über EDGE und UMTS/WEDGE/HSDPA/HSPA bis zu CDMA und LTE. Einen starken Schub erhalten M2M-Anwendungen durch die weitere Verbreitung des schnellen LTE-Standards, vor allem in den städtischen Ballungsräumen. Mittelfristig werden LTE-Gateways eine wichtige Rolle für das sogenannte «Internet der Dinge» spielen, etwa als Sammel- und Vermittlungsstelle in intelligenten Netzen für Privathaushalte, bei denen beispielsweise die unterschiedlichsten Daten zum Energieverbrauch zusammengefasst und dann weitergeleitet werden. Zusätzlich zu den traditionellen 2G-, 3G- (UMTS in Europa, CDMA primär in Amerika und Teilen von Asien) und 4G-Mobilfunkstandards gewinnen Short-Range-Technologien wie ZigBee und der Wireless-M-Bus für Anwendungen in intelligenten Strom-, Gas-, Wasser- und Heizungszählern an Bedeutung. In solchen Einsatzszenarien kommt eine Kombination aus Short-Range-Funktionalität und Mobilfunk zum Einsatz. Unternehmen, die Short Range für intelligente Strom- und andere Energiezähler einsetzen, können die kostenlose Datenübertragung über Funkfrequenzen nutzen und benötigen keine SIM-Karten zur Mobilfunkübertragung. Die Brücke zum Mobilfunknetz baut ein Gateway (z.B. Telit-GG863-SR-Modul). Es verbindet Short-Range- und Mobilfunkfunktionalität und ermöglicht Versorgungsunternehmen die Einrichtung umfangreicher Smart-Metering-Anwendungen. Zusätzlich zu Mobilfunk und Short Range, die in vielen Anwendungsszenarien kombiniert werden, besteht eine hohe Nachfrage nach Kommunikationsmodulen mit GNSS-Funktionalität (Global Navigation Satellite System), insbesondere für Applikationen in Bereichen wie Flottenmanagement oder Personen- und Güterortung. Verfügbar sind heute bereits Module, die sowohl das russische Navigationssatellitensystem Glonass als auch das US-amerikanische GPS unterstützen. Im Unterschied zu rein GPS-basierten Lösungen bieten sie eine deutlich höhere Navigationsperformance. Eine Lösungskombination, die GPS/Glonass-Funktionalität und zelluläre Konnektivität umfasst, bietet allein schon aus Kostengründen erhebliche Vorteile, da dann zum Beispiel nur ein Microcontroller erforderlich ist. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Implementierung und Betrieb
Implementierung und Betrieb
Da es noch nicht allzu viele Standards für die Vielzahl von Bausteinen gibt, die in M2M-Applikationen eingesetzt werden, müssen Lösungsanbieter noch immer viele Aktivitäten bei Implementierung und Betrieb jedes Mal wieder individuell angehen. Nach wie vor kann jeder Mobilfunknetzbetreiber seine eigenen Regeln für die Datenkommunikation aufstellen. Unstimmigkeiten treten beispielsweise beim Roaming auf, wenn die Kommunikation die Ländergrenzen überschreitet, denn immer noch besitzen die Netze der unterschiedlichen Betreiber nicht die gleiche Qualität. Häufig ergeben sich Schwachstellen bei M2M-Anwendungen gerade deshalb, weil diese nur unter Bedingungen der heimischen Netzwerkverbindung getestet wurden und typische Roaming-Szenarien wie längere Dauer der erstmaligen Registrierung nicht berücksichtigt wurden. Direkte Folge sind dann Probleme bei der Bereitstellung. Die entscheidende Frage aber ist, wer sich im Ernstfall um Probleme beim länderübergreifenden Datenverkehr kümmert. Gerade dann, wenn das Internet der Dinge immer stärker in den Massenmarkt vordringt, ergeben sich Herausforderungen bei der Implementierung, Bereitstellung und dem Management von Anwendungen mit einer grossen Zahl von Benutzern. Anbieter von M2M-Anwendungen müssen dann Hunderte oder Tausende von Geräten konfigurieren, aktivieren und mit einer Leitstelle verbinden. Eine zentrale Rolle spielen in diesem Zusammenhang Aspekte wie SIM-Karten-Bereitstellung, Remote-Modul-Management, SIM-Karten-Management, Abrechnung bei verschiedenen Tarifoptionen, Reporting, Überwachung, Authentifizierung, Verschlüsselung und Datenschutz.
Managed Services immer wichtiger
Je weiter sich das Internet der Dinge verbreitet, desto mehr sind die M2M-Anbieter auf einen Partner angewiesen, der ihnen mit Managed Services viele dieser Aufgaben abnimmt. Bei der Auswahl des richtigen Lösungspartners sollten Unternehmen insbesondere auf dessen Branchen-Know-how und Erfahrungen mit M2M-Anwendungen achten. Im Optimalfall bietet der Partner «Services out of the Box», die weitgehend problemlos in M2M-Lösungen zu integrieren sind, und arbeitet eng mit Netzbetreibern und Anwendern zusammen.