Apple
25.08.2011, 13:01 Uhr
«Mr. Spreadsheet» übernimmt
Tim Cook leitet nun die Geschicke von Apple. Wer ist aber dieser Mann, der in der Vergangenheit bereits immer wieder als Interims-CEO eingesprungen ist?
Steve Jobs ist als CEO von Apple zurückgetreten. Nach seiner dritten Auszeit aus gesundheitlichen Gründen war dieser Schritt vorhersehbar. Nun ist Tim Cook zur Stelle, um den iPhone-, iPad- und Mac-Hersteller zu führen. Doch wer ist dieser Mann eigentlich? Die Frage ist nicht einfach zu beantworten, denn Cook gilt als stiller Macher, dem das Charisma, die Visionen, aber auch die Wutausbrüche von Jobs abgehen. Einen Charakterzug soll er aber mit dem Apple-CEO gemein haben: die Unerbittlichkeit. Cook kann anscheinend tagelang Verhandlungen führen und auf Vorgaben beharren, was ihm intern auch den Spitznamen «Mr. Spreadsheet» eingebracht hat. Nach dem Personenkult um Steve Jobs ist der Blick auf seinen Nachfolger besonders streng. In der Öffentlichkeit hat Tim Cook bisher ein eher blasses und trockenes Image. Der 50-Jährige ist im Gegensatz zu seinem viel beachteten Vorgänger keine Bühnenpersönlichkeit, sondern gilt eher als sachlicher Lenker. Öffentliche Auftritte blieben bislang eher selten. Dabei wird sein Anteil am Erfolg Apples oft unterschätzt. Schliesslich war es Cook, der Ende der Neunzigerjahre Apples Produktion und Logistik auf Effizienz trimmte. Er schaffte Apples eigene, teure und weit verstreute Fabriken ab und setzte stattdessen auf Auftragshersteller, eine klare Zuliefererpolitik und niedrige Lagerbestände. Damit trug er massgeblich zur wirtschaftlichen Erholung des Unternehmens bei, die Gewinnmargen wuchsen deutlich. Als COO verantwortete Cook bei Apple bisher unter anderem die weltweiten Verkaufsprozesse des Unternehmens. Dazu gehörte auch das Management der kompletten Apple-Zuliefererkette. Ausserdem leitete Cook die Mac-Abteilung und übernahm eine Führungsrolle bei der Entwicklung von Beziehungen mit strategischen Weiderverkäufern und Zulieferern. Nächste Seite: die Stärken von Cook
Die Stärken von Cook
Die Spezialität von Cook ist das operative Geschäft: Abläufe, Prozesse und Effizienz. Seit 2005 ist er deshalb Chief Operating Officer (COO). Er gilt als detailversessen und ist intern keineswegs so wenig profiliert, wie es von aussen wirken mag. Das Magazin Fortune erzählt folgende Anekdote über den neuen Apple-Chef: Manager um Cook beraten über ein aktuelles Problem in Asien. «Das ist schlimm», sagt Cook. «Jemand sollte sich direkt in China darum kümmern!» Eine halbe Stunde später blickt er einem der Anwesenden ins Gesicht und fragt: «Warum sind Sie eigentlich noch hier?». Der Manager fährt angeblich direkt zum Flughafen und kauft sich ein Ticket ohne festes Rückflugdatum - so die Geschichte, die sich in den Neunzigerjahren bei Apple zugetragen haben soll. Cook ist als Nachfolger von Steve Jobs zwar eine unspektakuläre, aber nahe liegende Entscheidung. Denn er hat bereits Erfahrung darin, Apple zu lenken: Bei jeder der Erholungspausen von Jobs war Cook derjenige, der in diesen Zeiten das Ruder in der Hand hatte. Dies war 2004 der Fall, 2009 und auch seit Januar 2011 war es Tim Cook, der sich als Interims-CEO um das Tagesgeschäft bei Apple gekümmert hat. In der Praxis des unternehmerischen Alltags wird der nun offizielle Wechsel kaum einen Unterschied ausmachen. Trotz all der Aufmerksamkeit die Steve Jobs geniesst, dem alle Erfolge des Unternehmens persönlich zugeschrieben werden, ist Tim Cook einer der wenigen aus dem Management, der ein Stück aus dem Schatten von Jobs hervortreten konnte. Nächste Seite: die Schwächen von Cook
Die Schwächen von Cook
Trotz aller Detailverliebtheit: Beobachter zweifeln, ob Cook die Kreativität und den Blick fürs Design hat wie Steve Jobs. In einem Interview mit unserer Schwesterpubliktion Macworld sagte der Marktanalyst Roger Kay 2009: «Er ist nicht das kreative Genie. Auch wenn er ein guter Manager ist und Jobs den Rücken frei hält. Er ist derjenige, der dafür sorgt, dass die Züge pünktlich fahren, nicht derjenige, der weiss wie die Züge in fünf Jahren aussehen sollen.» In der Öffentlichkeit hat Tim Cook bisher womöglich zu wenig Eindruck hinterlassen als man es von einer schillernden Firma wie Apple gewohnt ist. Cook übernimmt zwar Verantwortung und spricht im Namen Apples - dies bislang jedoch eher bei Anlässen wie der Telefonkonferenz anlässlich der Quartalsergebnisse, nicht bei öffentlichkeitswirksamen Keynotes zu neuen Produkten. Klar ist, dass sich Cook auch wirtschaftlich in seiner neuen Rolle beweisen muss. In der Vergangenheit konnte er dies bereits. Während des halben Jahres als Interims-CEO 2009 ist der Aktienkurs um rund zwei Drittel gestiegen. Auf die Rücktrittsmeldung von Steve Jobs reagiert die Börse aber zunächst skeptisch: Am Tag nach der Rücktrittserklärung verliert Apple mehr als fünf Prozent seines Marktwertes. Nächste Seite: gute Aussichten
Gute Aussichten
Die Zeiten umjubelter Auftritte sind nach dem Rücktritt von Steve Jobs wohl ein Stück weit vorbei. Cook oder auch ein anderer Nachfolger wird nie an das Image von Steve Jobs heranreichen - er wird aber auch nicht den Fehler begehen und es versuchen.
Wirtschaftlich ist Apple offenbar in guten Händen und die Verantwortung für die Produkte war immer schon auf weit mehr Schultern verteilt als die Medien zu Zeiten von Jobs annahmen. Doch Apple wird auch weiterhin Visionen benötigen. Cook muss sich daher nach Persönlichkeiten umsehen, die das kreative Vakuum nach dem Abgang von Jobs auffüllen. Nächste Seite: Tim Cook in Zahlen
Tim Cook in Zahlen
Geboren: 1960 in Alabama Studium: Arbeitsingenieurwesen (Bachelor 1982, Masterabschluss 1988) Bei Apple seit: 1998 Frühere Stationen: 12 Jahre IBM, kurz bei Compaq COO seit: 2005 CEO seit: 2011 Einkommen: 60 Millionen Dollar 2010 (inklusive Aktien-Boni für die Zeit als Interims-CEO). 2009: 1,6 Millionen Dollar