01.11.2013, 09:22 Uhr

Apples Problem heisst Microsoft

Apple hat endgültig den Anschluss an Android verloren und schon droht in Form von Microsoft die nächste Gefahr. Der Weltkonzern macht im Mobile-Markt Boden gut, Apple muss auf der Hut sein.
Apple hat endgültig den Anschluss an Android verloren und schon droht in Form von Microsoft die nächste Gefahr
Vor zwei Jahren starb Steve Jobs. Damit habe bei Apple der Anfang vom Ende begonnen, sagen viele. Als Gründe werden ein Nachfolger ohne Charisma (Tim Cook), mangelnde Innova­tionskraft und falsche Produkte genannt. Apple lebt, erwidern andere. Unrealistische Erwartungshaltungen würden zu Pseudo-Bashing führen, Apple sei nach wie vor die Nummer 1. Wer hat recht? Da diese Diskussionen oft emotionsgeladen sind, hilft ein Blick auf die nüchternen Zahlen. Der Börsenwert von Apple ist seit dem Todestag von Steve Jobs (5. Oktober 2011) um 30 Prozent gestiegen, in verschiedenen Ranglisten ist Apple die wertvollste Marke der Welt. Wer Erfolg sät, erntet Neid, das ist bekannt. Apple-Jüngern und -Konzern könnte die Kritik also egal sein. Ist sie aber nicht. Vor allem die neusten Mobile-Marktzahlen sollten Apple zu denken geben.

Phones: Trend nach unten

In Deutschland hatte Apple mit seinen Smartphones gemäss Zahlen von Kantar Worldpanel Comtech (vgl. Abb. 3) von Juni bis August 2013 noch 9,5 Prozent Marktanteil (1,6 Prozentpunkte weniger als 2012). Dass Android längst davongezogen ist, wirkt dabei fast weniger besorgniserregend, als die Tatsache, dass Windows Phone im letzten Jahr 5 Prozentpunkte zugelegt hat und nur noch ganz knapp hinter iOS liegt. Der deutsche Markt ist zwar ein Extrembeispiel, aber keine Ausnahme. Am weltweiten Smartphone-Markt hielt Apple Ende 2012 noch 19,9 Prozent, im zweiten Quartal 2013 sind es gemäss Zahlen von Michael Morgan, Senior Analyst Mobile Devices bei ABI Research, nur noch 13,7 Prozent (vgl. Abb. 1). In der gleichen Zeit ver­besserte sich Windows Phone von 2,3 auf 3,5 Prozent. Wie gesagt, nicht ganz so dramatisch wie in Deutschland, aber eine Tendenz. Apple muss sich also eher nach hinten orientieren. Android ist mit 79,6 Prozent uneinholbar. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Ist Apple noch innovativ?

Ist Apple noch innovativ?

Nun können die Apple-Befürworter mit Recht argumentieren, dass in dem relevanten Quartal gerade neue Windows-Phone-Flaggschiffe wie das Lumia 925 oder für Android das Galaxy S4 erschienen sind, die Zahlen für iPhone 5c und 5s jedoch erst in spätere Statistiken einflies­sen. Alleine am ersten Wochenende verkauften sich die neusten Apple-Modelle angeblich 9 Millionen Mal, ein neuer Rekord. Zudem wurden noch nie so schnell 200 Millionen Geräte auf das neue Betriebssystem umgestellt wie bei iOS 7. Es behauptet aber auch niemand ernsthaft, Apple läge am Boden. Dazu ist die Anhängerschaft viel zu treu, die Produkte zu gut, die Medien zu erpicht darauf, über Apple zu schreiben. Es ist aber nicht von der Hand zu weisen, dass Apple, trotz der jüngsten Verkaufserfolge, einige Probleme hat. Fakt ist, dass sich Apple nicht mehr sonderlich innovativ zeigt. Ist es fair, dies einer Firma vorzuwerfen, welche die Musik-, Tele­fon- und Computerindust­rie innert eines Jahrzehnts revolutioniert hat? Natürlich nicht. Doch Konsumenten würdigen nur so lange vergangene Erfolge, bis die Nostalgie von der Realität eingeholt wird. Und die heisst: iPhone 5c und 5s sind für Leute, die noch kein iPhone 5 hatten, gute Telefone. Wer aber bereits ein 5er-Modell besass, schmeisst mit einem Neukauf Geld aus dem Fenster. Genau gleich war das schon mit dem iPhone 4s. Das bedeutet, dass Apple faktisch nur alle zwei Jahre ein Telefon herausbringt, das sich zu kaufen lohnt. In der Zwischenzeit wird der Markt mit neuen Android- und Windows-Phones geflutet. Wie lange diese Taktik für Apple aufgehen kann, ist ungewiss. Wesentlich prob­le­matischer ist aber ohnehin, dass sich das Unternehmen teilweise stur gegen Innovationen stemmt. Neustes Beispiel: Die halbe Welt setzt auf NFC, auch die Schweiz. Und Apple? Die ignorieren NFC komplett, setzen dagegen auf Bluetooth-Low-Energy-Profile (BLE) und nennen die Funktion iBeacon. Über die technologische Seite könnte debattiert werden, BLE hat durchaus Potenzial. Aber das ist nicht wichtig. Denn NFC ist bereits zu verbreitet. Niemand wird auf NFC verzichten, höchstens beide Technologien zulassen. Es macht den Eindruck, als wolle Apple trotzig beweisen, dass sie es mit der ganzen Welt aufnehmen können. Können sie aber nicht mehr. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Tablets: runter vom Thron

Tablets: runter vom Thron

Nichts veranschaulicht dies so gut wie die neusten Tablet-Zahlen. Noch 2012 lag der iPad-Markt­anteil laut ABI Research bei 56,1 Prozent (vgl. Abb. 2). Im zweiten Quartal 2013 waren es 45,1 Prozent. Android ist den um­gekehrten Weg gegangen und kommt aktuell auf 50,3 Prozent. Das Hautproblem von Apple ist hier aber nicht die Quantität. Dass man mit all den Android-Herstellern langfristig nicht mithalten kann, war zu erwarten. Aber, dass man im vergangenen Quartal «nur» für 50 Prozent des Gesamtumsatzes im Tablet-Markt verantwortlich war, muss in Cupertino für tiefe Sorgenfalten gesorgt haben. Das bedeutet nämlich nichts anderes, als dass sich der iPad-Verkaufspreis dem durchschnittlichen Marktpreis angleicht. Für Margenmonster Apple eine Katastrophe – und es könnte noch dicker kommen: Es ist nicht anzunehmen, dass Microsoft auch mit dem Surface 2 auf die Nase fallen wird, die Redmonder haben inzwischen ihre Hausaufgaben gemacht. Apple erhält einen ernstzunehmenden Konkurrenten im höheren Preissegment. Selbstverständlich steht Apple insgesamt gesehen trotzdem blendend da – nur zeigen sich erste Wolken am Himmel. Im Vergleich mit dem offenen Betriebssystem Android hat man wohl selbst nicht an einen langfristigen Erfolg geglaubt, von Microsoft will man sich aber auf keinen Fall abkochen lassen. Auf dieses Duell darf man sich freuen.



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