Group-IT-Manager bei USM
09.05.2022, 06:12 Uhr
«USM setzt weiter voll auf Digitalisierung»
Die ikonischen Büromöbel von USM können heute nicht ausgeliefert werden, wenn die IT streikt. Damit das nicht geschieht, hat IT-Manager Thomas Flügge eine hybride Infrastruktur aufgebaut.
Thomas Flügge kennt und managt die IT-Infrastruktur von USM seit mehr als acht Jahren
(Quelle: Samuel Trümpy)
Patentierte Technologie schützt den Möbelhersteller USM vor der Konkurrenz im Kerngeschäft. Damit die Büromöbel in den Montagehallen in Münsingen gefertigt werden können, braucht es aber eine solide IT. Thomas Flügge zeichnet als Group ICT Service Manager bei USM für die Infrastruktur verantwortlich. Wie er im Interview sagt, hat er mit Johannes Geissler beispielsweise Flash-Speicher von Pure Storage implementiert. Und managt neu Microsoft Teams aus der Cloud.
Computerworld: Herr Flügge, was fehlt zur digitalen Transformation von USM?
Thomas Flügge: Die Montage arbeitet heute noch mit viel Papier. Die Gestelle mit den Kugelverbindungen werden zwar maschinell vorgefertigt. Dann werden allerdings die Wände eingefügt, bei denen die Mitarbeiter noch handschriftliche Notizen in die Montageblätter einfügen. Hier besteht die Herausforderung einerseits darin, eine digitale Lösung für die Notizen zu finden, und andererseits das Mindset der Mitarbeiter zu ändern. Wer es sich über Jahrzehnte gewöhnt ist, mit Papier zu arbeiten, dem fällt die Umstellung auf eine neue Anwendung schwer. In den Notizen stehen oft entscheidende Fakten zu den weiteren Produktionsschritten, sodass sie nicht einfach weggelassen werden können. Ein Tablet ist hier keine wirkliche Alternative, auch wenn die Leute die Technologie aus dem Privatleben vielleicht bestens kennen.
Wir stellen uns aber dieser Herausforderung und experimentieren durchaus auch mit Tablets in der Montage. Die wirklich perfekt passende Lösung haben wir bisher aber nicht gefunden.
CW: Welchen Vorschlag hätten Sie zur Digitalisierung in der Montage?
Flügge: Wir experimentieren mit verschiedenen Technologien. Sicher sind QR-Codes, NFC-Tags und Tablets vorne dabei. An Scan-Stationen liesse sich dann regelmässig ablesen, welchen Status der Auftrag aktuell hat. Wenn das Möbel die Fabrikhalle verlässt und in den Lastwagen verladen wird, würde der Kleber zum Tracking für den Versand oder die Auslieferung umfunktioniert. So liesse sich das Papier weitestgehend ersetzen.
CW: Welchen Stellenwert hat die IT bei USM?
Flügge: Wenn die IT nicht läuft, steht auch die Produktion. Oder um es präziser zu sagen: Wenn das ERP steht, können die Kollegen nach Hause gehen.
CW: Wie ist die IT von USM aufgestellt?
Flügge: Als Group Service Manager bin ich die rechte Hand des CIOs. Meine Zuständigkeit ist die Infrastruktur, sprich Server, Netzwerk, Storage, Virtualisierung, Client Management, Firewall etc. Mein Team in der Schweiz besteht aus fünf Personen, in Deutschland gibt es weitere vier Angestellte in der IT. Sie betreuen die Systeme an den vier Standorten im Nachbarland. Einer davon ist USM Operations in Leipzig, wo in drei Fabrikhallen die Möbel für 40 Exportmärkte zusammengeschraubt werden. Dort braucht es IT-Personal, wenn ein defektes Kabel getauscht oder ein Bildschirm ersetzt werden muss. In den übrigen Niederlassungen weltweit arbeiten wir für die Infrastruktur mit lokalen IT-Firmen zusammen.
Die Produktivitätssysteme – Office, File-Ablagen, Projektmanagement, Teams, User-Profile etc. – haben wir im vergangenen Jahr in die Cloud migriert. Die Administration läuft nun hauptsächlich über den Browser, was viele Arbeiten wesentlich erleichtert. Ein gutes Beispiel ist das Home Office: Wenn einer der Kollegen mit seinem Client ein Problem hat, konnten und können wir ihm jetzt über das Netz gut helfen. Allerdings wird die Arbeit durch die Cloud ja nicht weniger: Wir managen die Cloud und unsere On-Premises-Systeme.
CW: Welche der IT-Systeme betreiben Sie lokal?
Flügge: Die Storages, die virtuellen Server mit dem ERP sind jeweils On-Premises. Diese Systeme existieren in jeder grösseren Niederlassung von USM. Die meisten Services laufen aber am Hauptsitz. In unseren zwei Rechenzentren hier in Münsingen werden die Geschäftsapplikationen und Datenbanken redundant betrieben und in Echtzeit gespiegelt.
Wir verfolgen aktuell das Ziel, die Server in verschiedenen Niederlassungen wie London, New York oder Tokio abzuschalten. Auf den Rechnern laufen zum Teil noch Altanwendungen, die wir ebenfalls ablösen wollen. Auch haben die Mitarbeiter noch Daten lokal gesichert, für die wir ebenfalls eine neue Lösung finden möchten. Jedoch trennen sich die Leute nur schwer von gewachsenen Strukturen.