Im Gespräch mit Opacc-CEO Beat Bussmann
Beat Bussmann über Gründerzeiten und Erwartungen
CW: Sie haben 1988 Opacc gegründet. In unserem Archiv stiessen wir auf einen Artikel aus jenem Jahr. Darin ging es um neuartige Schossrechner, also Notebooks. Was waren das für Zeiten für Sie?
Bussmann: Damals mussten wir viel in unser erstes Software-Produkt investieren. Es war eine sehr arbeitsreiche und intensive Zeit. Motiviert hat uns damals der disruptive Vormarsch der vernetzten Personal Computer. Wir waren überzeugt, dass sich diese gegen die damals noch dominanten Minisysteme von IBM, DEC & Co. durchsetzen würden und setzten voll auf diese Schiene. Mein erstes Notebook für über 15 000 Franken leistete ich mir dann erst Jahre später. Ich sehe heute noch das Bild vor mir, als es mir kurz darauf auf dem Flughafen in Frankfurt zu Boden fiel ... Das war damals finanziell und moralisch ein Tiefpunkt in der Unternehmensgeschichte [lacht].
CW: Mit welchen Zielen haben Sie Opacc gegründet?
Bussmann: Wir wollten ein Standardprodukt für KMU entwickeln, das sich einerseits stark auf spezifische Bedürfnisse adaptieren lässt und andererseits dabei stets aufwärtskompatibel mit neuen Versionen bleibt.
CW: Haben Sie diese Ziele erreicht?
Bussmann: Den bereits in unserem ersten Produkt verpassten genetischen Fingerprint haben wir bis heute aufrechterhalten. Und es zeigt sich immer mehr, dass es eine gute Idee war. Denn immer weniger Unternehmen wollen und können sich alle drei Jahre eine aufwendige «Migrationsaktion» auf die neuste Generation ihrer Business-Software leisten. Klassische Business-Software verschlingt dazu viele finanzielle und personelle Ressourcen. Gleichzeitig wird das Tagesgeschäft über Monate destabilisiert und andere Projekte – wie etwas für die Digitalisierung – müssen hintanstehen.
CW: Welche Erwartungen haben sich nicht erfüllt?
Bussmann: Bis zum ersten Produkt, das unsere eigenen Vorstellungen erfüllt hatte, ging es viel länger als erhofft. Wir mussten deshalb nebenbei noch Spezial-Software-Projekte verkaufen, um über die Runden zu kommen.
CW: Was waren die Highlights in den 30 Jahren Opacc?
Bussmann: Es ist definitiv der Bezug des neuen OpaccCampus. Denn während den 30 Jahren haben wir während 15 Jahren ein geeignetes Objekt gesucht. Zuerst als Mieterin, mit zunehmender Ernüchterung dann als Bauherrin. Der OpaccCampus spielt eine wichtige Rolle bei der künftigen Entwicklung unseres Unternehmens.
CW: Welches waren die Tiefpunkte? Hatten Sie auch mal schlaflose Nächte?
Bussmann: Alle verlorenen Projekte stellten einen aktuellen Tiefpunkt dar. Viele durften wir aber dann Jahre später in der «nächsten Runde» dennoch gewinnen. Die schwierigsten waren aber stets die personellen Entscheidungen. Sie waren emotional die grösste Belastung. Schlaflose Nächte habe ich – wenn immer möglich – nur unseren Kindern zugestanden.
CW: Wie sind Sie mit den Tiefpunkten umgegangen?
Bussmann: Es ist immer gut, Anliegen von Kunden und Mitarbeitern ernst zu nehmen. Aber eine gewisse Distanz zum Geschäft ist gesund. Es klingt vielleicht etwas unseriös, aber das Geschäftsleben sollte immer etwas Spielerisches behalten. Dies gepaart mit dem Bewusstsein, dass grosse Katastrophen im Privaten und nicht im Geschäft eintreten, sorgt für die notwendige Ruhe und Gelassenheit.
CW: Welches waren für Sie persönlich besonders spannende Kundenprojekte? Was hat diese ausgezeichnet?
Bussmann: Alle Kundenprojekte waren interessant. Jedes auf seine Art. Ich würde vielen Unrecht tun, wenn ich hier nun drei Projekte herausstreichen würde. Wir haben aus jedem Kundenprojekt etwas gelernt und sind dank ihnen vorwärtsgekommen. Das ist auch heute noch so und macht es unheimlich interessant.
Die Herausforderungen von Opaccs Kunden
CW: Welches sind aus Ihrer Perspektive momentan die grössten Herausforderungen für Ihre Kunden?
Bussmann: Mittelständische Unternehmen sind je nach Branche und Wertschöpfungsstufe unterschiedlich von der digitalen Kernschmelze betroffen. Dennoch stellt sie momentan für unsere Kunden die grösste Herausforderung dar. Sie besteht darin, Chancen und Massnahmen zu identifizieren und diese dann auch mit der notwendigen Hartnäckigkeit und Konsequenz zu verfolgen.
CW: Mittlerweile sind alle Opacc-Lösungen auch über die Cloud erhältlich. Was bedeutet der Cloud-Trend technisch und wirtschaftlich für Opacc?
Bussmann: Ich muss zugeben, dass ich das Thema Cloud lange Zeit nicht sehr spannend fand. Denn im Kern ist es ja lediglich ein neues Betriebskonzept. Allerdings musste ich lernen, dass dieses Betriebskonzept doch die Basis für erheblichen Mehrnutzen sein kann. Dennoch haben wir unsere webbasierten Anwendungen wie EnterpriseCRM oder EnterpriseShop schon immer in der Cloud angeboten. Im vergangenen Jahr kam noch das ERP dazu. Hier mussten wir zuerst technische Hindernisse beseitigen und den Client wirklich vollständig Cloud-tauglich machen. Der neue Cloud-Client kommt nun ohne «Middleware» wie Citrix oder Windows Terminal Server aus und kann einfach installiert werden. Heute betreiben wir eine eigene OpaccCloud mit eigenen Systemen. Dies ist wirtschaftlich für unsere Kunden ebenso interessant wie für uns. Als Software-Hersteller können wir nicht nur den Betrieb unserer Lösungen in der Cloud anbieten, sondern auch das vollständige End-to-End-Management für die Anwendungen. Dazu gehört auch das Einspielen der technischen Updates unserer Produkte, die in der Abogebühr inkludiert ist. Ebenfalls können wir Dritt-Dienste anbieten, die unsere Kunden selbstständig und ohne ein Integrationsprojekt aufschalten können. Beispiele sind Adressänderungen, Bonitätsabfragen, Short Messaging oder ein digitaler Zeitstempel für Geschäftsdokumente.
CW: Inwieweit ändern sich die Kundenbeziehungen durch das Cloud-Geschäft? Lassen sich überhaupt noch langfristige Kundenbeziehungen pflegen, wo man heute einfach die Kreditkarte zücken und anschliessend die Software gleich im Web nutzen kann?
Bussmann: Die Cloud ist primär ein anderes Betriebs- und Finanzierungskonzept. Die Kernanwendungen werden extern betrieben und in unserem Fall auch komplett für die Kunden gemanagt. Die Beratung und Begleitung der Kunden bleibt persönlich und findet vor Ort statt. Unser Geschäft bleibt trotz Cloud persönlich und langfristig.
CW: In welchen Bereichen sehen Sie noch Lücken im Portfolio von Opacc?
Bussmann: Wir wollen alle Anwendungen bieten, die ein mittelständisches Unternehmen benötigt, um die kundenzentrierten und wertschöpfenden operativen Prozesse abzuwickeln. Mit dem Warehouse-Management und Mobile-Service haben wir die letzten Lücken nun geschlossen. Jetzt geht es für uns hauptsächlich darum, den Nutzen unserer homogenen Plattform mit zentralen digitalen Ressourcen im täglichen Geschäftsleben der Kunden und Benutzer sichtbar zu machen.