08.12.2006, 09:12 Uhr
Schrittweise in Richtung Voip
An Voip führt kein Weg vorbei. Ein kompletter Umstieg macht aber nur dann Sinn, wenn etwa der Wartungsvertrag für die TK-Anlage ausläuft oder diese nicht mehr erweiterbar ist. In der Regel bietet sich vielmehr die sanfte - schrittweise - Migration an.
Mike Lange ist Leiter Business Development und Product Marketing Zentraleuropa bei D-Link
Der Markt für IP-Telefonie boomt: Die Marktforscher von Gartner erwarten, dass bis zum Jahr 2010 weltweit mehr als 40 Prozent aller Unternehmen ihre Sprach- und Datennetzwerke zusammenlegen werden. Insbesondere Unternehmen mit mehreren Standorten entscheiden sich immer häufiger für eine Voice-over-IP-Lösung (Voip). Die Vorteile liegen auf der Hand: Durch die Zusammenführung von Sprache und Daten zu einem Netzwerk sinken Betriebskosten und Administrationsaufwand. Niederlassungen und Home Offices sind für den sicheren Datentransport häufig bereits über ein Virtuelles Privates Netzwerk (VPN) miteinander verbunden. Diese Infrastruktur lässt sich für die Übermittlung der Sprachdaten nutzen. Für interne Telefonate über Voip fallen keine Kosten an, bei externen Gesprächen wird für das öffentliche Netz automatisch der günstigste Anbieter und das am besten positionierte Gateway gewählt. Die Mitarbeiter sind weltweit über eine einzige Rufnummer erreichbar. Für den Einsatz unterschiedlicher Endgeräte gibt es keine Einschränkungen. Auch bieten Voip-Lösungen eine hohe Zukunftssicherheit - im Gegensatz zu herkömmlichen TK-Anlagen sind sie problemlos skalierbar.
Die Karten werden neu gemischt
Die Anforderungen der Unternehmen und Provider an die Endgeräte im Netzwerkumfeld sind mit dem Siegeszug der Voip-Technologie deutlich gestiegen. Die User erwarten erweiterte Funktionalität hinsichtlich der Sprach- und Datenkonvergenz und gleichzeitig hohe Bedienerfreundlichkeit. Ein schwieriger Spagat für die Hersteller, da die Produkte mit zunehmender Funktionsvielfalt zwangsläufig komplexer werden. So zeichnet sich bei den Netzwerkprodukten ein Trend zu so genannten Integrated Access Devices (IAD) ab. Dabei handelt es sich um All-in-One-Lösungen, die etwa Telefonanlage, Modem, Router und Access Point in einem Gerät vereinen. Im Zuge einer sanften Migration zu Voip eignen sich IAD für den Einsatz in Hybridnetzwerken mit herkömmlichen ISDN-, Analog- sowie IP-Telefonen.
Oftmals besteht noch die Befürchtung, dass beim Umstieg auf Voip unüberschaubare Kosten folgen und die über Jahre gewachsene Infrastruktur mit einem Mal wertlos wird. Ein kompletter Umstieg auf Voip macht aber nur Sinn, wenn zum Beispiel der Wartungsvertrag für die TK-Anlage ausläuft oder wenn diese nicht mehr erweiterbar ist, externe Niederlassungen aber angebunden werden sollen. In der Regel bietet sich vielmehr die sanfte - schrittweise - Migration an. Hier zeichnen sich Hybridstrukturen als Trend ab: Dabei werden die neuen Voip-Komponenten sukzessive in die bereits bestehende Infrastruktur des Unternehmens integriert. Unternehmen können so die vorhandene Infrastruktur optimal ausschöpfen, profitieren gleichzeitig von den vielfältigen Möglichkeiten der Voip-Technik.
Im Vorfeld einer Migration auf Voip beziehungsweise der Einführung von Voip in einem Unternehmen gilt es, folgende Punkte zu klären:
o Sicherstellung der Quality-of-Service (QoS) zur störungsfreien Übertragung der Sprachpakete.
o Telefonieren die Mitarbeiter über Headset und PC oder über ein Voip-Telefon?
o Werden weniger als zehn Voip-Telefone installiert, kann ein externer Server genutzt werden. Entscheidend ist die zur Verfügung stehende Internet-Bandbreite.
o Sind mehr als zehn Voip-Telefone zu installieren, sollte ein interner SIP-Server aufgesetzt werden.
o Welche Dienstmerkmale wie Makeln und Rufweiterleitung sollen über Voip zur Verfügung stehen?
o Überprüfung des vorhandenen Switches hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit beziehungsweise Anschaffung eines intelligenten Switches; ideal sind gemanagte Layer 2/Layer 3 Switches mit Routingfunktion und QoS-Unterstützung.
Empfehlenswert ist die Einplanung einer Evaluierungsphase, beispielsweise die Voip-Anbindung einer im Falle von Störungen weniger kritischen Organisationseinheit. Nur so kann die reibungslose und qualitativ hochwertige Voip-Kommunikation gewährleistet werden.
Schrittweise in Richtung Voip
Die Kosten
Eine Entscheidung für die Implementierung von Voip ist abhängig von einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung. Hierzu gilt es, die unterschiedlichen Kostenarten bei einer Telefonielösung ganz generell zu berücksichtigen:
o Leitungskosten
o Anschaffungskosten für TK-Anlage und Telefone
o Abschreibungs- oder Mietkosten für TK-Equipment
o Service- und Wartungskosten für TK-Equipment
o Anschaffungskosten für Erweiterungen des TK-Equipments
Die meisten Unternehmen müssen bei der Voip-Einführung eine bereits vorhandene TK-Umgebung berücksichtigen, so dass keine Gegenrechnung der Anschaffungskosten von neuem TK- gegenüber Voip-Equipment erfolgen kann. Falls ein Unternehmen jedoch in der Lage ist, einen Neubau mit Telefonie-Infrastruktur komplett neu ausrüsten zu können, dann lassen sich bereits bei den reinen Anschaffungskosten Kostenvorteile zu Gunsten der Voip-Geräte verzeichnen. Darüber hinaus erfordert der Neubau nur noch eine einzige Verkabelungs-Infrastruktur für das LAN-Netzwerk, anstatt der bisherigen zweifachen Verkabelung für das Daten- und Telefonnetz.
Die Wartungs- und Service-Kosten für eine TK-Infrastruktur sind zumeist höher als für IP-Produkte. Darüber hinaus verringern sich wegen der Integration in Standard-Management-Systeme die Adminis-trationskosten. So erfolgt das Einrichten von Usern beispielsweise über zentrale Verzeichnisdienste.
Auch im Falle einer Ausweitung haben die Voip-Produkte, die auf einer standardbasierenden Protokollumgebung basieren, Kostenvorteile: Eine Erweiterung ist durch simples Anstecken eines zusätzlichen Voip-Phones an das LAN möglich. Abhängig von den einzelnen Herstellern und Systemen sind Einsparungen zwischen 20 und bis zu 70 Prozent zu verzeichnen.
Migrationsszenarien
In den meisten Fällen ist eine sanfte Migration von einer bestehenden TK-Anlage zu einer Voip-Soft-PBX die beste Lösung. Dies bedeutet, dass die neue Voip-PBX in der Lage sein sollte, eine Anlagenkopplung zu unterstützen. Am sinnvollsten ist hier ein Einschleifen in den Netzanschluss. Weiterhin sollten vorhandene Grundleistungsmerkmale der vorhandenen TK-Anlage an die Voip-Anlage und deren Endgeräte übertragen werden können. Dazu gehört natürlich auch ein einheitlicher Rufnummernplan. Auf diese Art und Weise werden die «neuen» Voip-Endgeräte zu einem vollwertigen Mitglied der TK-Struktur. Die Anwender können dabei Erfahrungen mit der Sprachqualität, der Implementierung von Quality-of-Service im Netzwerk und der Verwaltbarkeit sammeln. Da es sich bei Voip um eine neue Applikation in der IT-Landschaft eines Unternehmens handelt, ist eine Schulung der Nutzer dringend zu empfehlen. Der Umgang und vor allem die neuen Möglichkeiten der Voip-Telefone müssen den Anwendern vermittelt werden. Anderenfalls besteht das Risiko, dass die neue Technologie als ungewohnt und komplex in der Bedienung abgelehnt wird.
An Voip führt kein Weg vorbei
Die Zeiten, in denen Voip noch an Kinderkrankheiten litt, sind längst Vergangenheit. An der IP-Telefonie führt kein Weg vorbei. Die damit einhergehenden notwendigen Veränderungen im Markt sollten als Herausforderung verstanden werden.
Für die Hersteller muss die Vielseitigkeit, die Benutzerfreundlichkeit sowie die unkomplizierte Konfiguration der Voip-Endgeräte im Vordergrund stehen. Vor allem die Provider setzen hier «Rundum-sorglos-Pakete» voraus, die ihren Kunden Berührungsängste nehmen und grösstmöglichen Komfort, zum Beispiel über Remote-Konfiguration, bieten.
Steigerung der Arbeitsproduktivität
Ziel von Voip ist häufig die Implementierung von neuartigen Anwendungen, die mit klassischer Telefonie nicht oder nur mit sehr hohem Aufwand realisiert werden können. Ein Beispiel hierfür ist die Integration automatisierter Zeiterfassungssysteme.
Gegebenenfalls fällt eine Entscheidung für eine Voip-Lösung daher nicht in Hinblick auf die Kostenersparnis, sondern aufgrund der erhöhten Flexibilität der Anwendungen, die oftmals die generelle Wettbewerbsfähigkeit erhöhen. So sind Return on Investment Zeiten von wenigen Monaten nach der Implementierung von Voip keine Seltenheit.
Mike Lange