07.07.2005, 11:07 Uhr
Schrittmacher fürs Oberstübchen
Mit elektronischen Impulsen auf einen der Hauptnerven des Hirns lassen sich Krankheiten wie Epilepsie und Depression behandeln.
Mit dem Hirnschrittmacher lassen sich neben Epilepsie auch Depressionen ohne Medikamente behandeln. (Bild: pd)
Mit einer Art elektronischem Stimmungs-Schrittmacher will die US-Firma Cyberonics Leuten helfen, die an Depressionen leiden. Das Gerät ist so gross wie eine Armbanduhr und funktio-niert wie ein Herzschrittmacher. Nur dass es statt der Blutpumpe den Vagusnerv stimuliert. Dieser steuert eine grosse Anzahl von Vorgängen im Körper wie die Funktion der in-neren Organe und des Kehlkopfes. Er ist aber auch für den Elektrohaushalt des Hirns verantwortlich und kontrolliert das Stimmungs- und Schlafverhalten.
Entwickelt wurde VNS Therapy (Vagus Nerve Stimulation) ursprünglich für die Behandlung von Epileptikern, die auf entsprechende Medikamente nicht ansprachen oder deren Nebenwirkungen nicht mehr ertragen konnten. Dabei wird das Gerät in der Brust eingepflanzt und die Drähte in den Nacken gelegt, wo sie um den Vagus gewickelt werden. Dort sorgen milde elektrische Impulse, deren Frequenz vorprogrammiert oder durch den Patienten selbst mit einem Magneten beeinflusst wird, für elektrisches Gleichgewicht im Hirn und verhindern somit die Fallsuchtattacken, die die Folge einer elektrischen Entladung im Oberstübchen sind.
Bei klinischen Tests hat sich nun gezeigt, dass der Hirnschrittmacher auch bei Depressionen helfen kann. «Im Ge-gensatz zur Behandlung mit Antidepressiva steigt die Wirksamkeit des Geräts mit der Dauer der Behandlung und die Nebeneffekte klingen allmählich ab», erklärt Cyberonics-Chef Robert Cummins. Zu den Nebenwirkungen zählen eine heisere Stimme, Husten und Kurzatmigkeit.
Während in Sachen Epilepsie neben der US-Gesundheitsbehörde Food and Drug Administration (FDA) auch das europäische Äquivalent ihr Plazet zu dem Verfahren gegeben hat, ist die Effizienz von VNS Therapy bei der Behandlung von Depressionen umstritten. So bemängelt die FDA die entsprechenden Testreihen. Dabei seien die Test- und Placebogruppen zu klein gewesen. Cyberonics verweist dagegen auf Erfolgszahlen. So seien 18 Prozent der Patienten depressionsfrei, bei 35 Prozent habe sich die Anzahl der Stimmungstiefs halbiert und 57 Prozent sprechen von einer Linderung.