29.10.2013, 15:14 Uhr

NZZ schaltet Zeitungsarchiv auf

Die NZZ gilt neuerdings als Pionierin im Bereich Paywall in der Schweiz. Jetzt hat das Traditionsblatt ihr Zeitungsarchiv freigeschaltet - nachdem es 8 Jahre in der virtuellen Schublade verstaubte
Die erste Ausgabe der 1780 erschienenen Zürcher Zeitung. Der Postillon ist nach wie vor Bestandteil des Logos der NZZ-Gruppe.
Die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) ist die älteste deutschsprachige Zeitung Europas, die seit 1780 ununterbrochen erscheint (teilweise mit drei Ausgaben täglich) und inzwischen den stolzen 233. Jahrgang trägt. Dieser Umstand trägt auch dazu bei, dass das Printprodukt von der Zürcher Falkenstrasse liebevoll «Alte Tante» genannt wird. Doch auch die alte Tante bleibt von den aktuellen Entwicklungen in der Medienbranche nicht verfolgt. Der in der Internetgemeinde bekannte Peter Hogenkamp, der seine Demission als Leiter Digitale Medien bekanntgab, versuchte die Zeitung für die digitalen Vertriebskanäle fit zu trimmen. Er schuf ein Geräte unabhängiges Webpaper und zog im Auftrag vom damaligen CEO Albert «Polo» Stäheli eine «Metered Paywall» nach dem Vorbild der New York Times auf. Die Begeisterung bei der Einführung des digitalen Abos war so gross, dass sogar die NZZ-Titelseite im Binrcode gedruckt wurde. Doch wie aus internen Quellen zu erfahren war, waren das äusserst kostspielige IT-Projekte. Ein weiteres angedachtes Projekt, die Ablösung des Content Management Systems, wird Hogenkamp seinem Nachfolger überlassen.

NZZ Zeitungsarchiv für Publikum freigegeben

Heute hat die NZZ bekanntgegeben, dass das kostenpflichtiges Archiv der gedruckten Zeitung aufgeschaltet wurde. Endlich, neigt man zu sagen, denn das Archiv existiert seit 2005. Zusammen mit dem Frauenhofer Institut digitalisierte die NZZ rund zwei Millionen Zeitungsseiten und produzierten 70 Terabytes Daten (PDF). Die Lösung gewann 2006 sogar den IT-Oscar des «Computerworld Honors Program» in der Kategorie «Media, arts and Entertainment». Doch die Hoffnung der Dokumentalisten, dass die Lösung einem breiten Publikum zugänglich gemacht wird, zerschlug sich schnell. Das Archiv verstaubte in einer virtuellen Schublade, genoss keine Priorität im schnelllebigen Mediengeschäft. Und da man sich bei der NZZ mit einem eigenem Webarchiv und dem Vertrieb von Dossiers schon früher im Wild Wild Web finanziell die Finger verbrannte, hatte wohl niemand in der Geschäftsleitung Lust, einen weiteren Online-Flop zu verantworten. Inzwischen scheint der Wind gedreht zu haben. Das intern schon länger benutzte Archiv bietet durchwegs Trouvaillen aus über 240 Jahren Zeitgeschichte. Ob man mit dem doch eher hohen Preis von CHF 3.50 pro gescannte Seite bzw. Artikeltreffer eine vernünftige Preisgestaltung betrieben hat, sei dahingestellt. Vermutlich wird auch diese Lösung kurzfristig nicht dazu beitragen, die wegbrechenden Erträge aus dem Anzeigengeschäft zu kompensieren.



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