30.01.2013, 13:27 Uhr

Blackberry 10 wird gut ? aber nicht gut genug

Heute wird RIM sein lange angekündigtes neues Betriebssystem vorstellen, mit dem der Turnaround geschafft werden soll. Doch auch wenn die Kritiken positiv sind, der Rückstand auf die Konkurrenz ist nicht mehr aufzuholen.
Heute wird bekannt, woran RIM in den letzten Jahren (Bild: Hauptsitz in Waterloo) gebaut hat. Reicht es, um den Smartphone-Thron zurückzuerobern?
Anstatt zu sprechen hätte RIM-Chef Thorsten Heins im letzten Jahr auch ein Tonband abspielen können. «Blackberry 10 wird ein Erfolg», «wir haben alles investiert, um Blackberry 10 erfolgreich zu machen» oder «Blackberry 10 wird uns wieder zu einem wichtigen Player im Smartphone-Markt machen» sind Sätze, die Heins mantramässig herunterbetete. Und wollte damit auch sagen: Blackberry 10 ist RIMs letzte Hoffnung. Und diese Hoffnung wird heute vorgestellt. Zeit wird?s. Denn eigentlich hätte Blackberry OS 10 bereits im Oktober 2011 erscheinen sollen. Für den neutralen Beobachter ist das schön, denn diese Verzögerung fasst wunderbar zusammen, wie RIM in die jetzige Situation kam: Das alte RIM-Management war so überzeugt von ihrem Blackberry, dass sie eigentlich keine Lust hatten, es neu zu erfinden. Android und iOS seien ohnehin nur Modeerscheinungen, dachten sie. 2009 kaufte man dann trotzdem QNX, auf deren Software das erste RIM-Tablet basierte, das PlayBook. Es war ein riesiger Flop, auch weil es zum Start überhaupt nicht marktreif war und zahlreiche grundlegende Funktionen fehlten. Trotzdem sollte QNX die Basis für die neue Generation an Blackberrys werden, keine Gedanke der zu Freudensprüngen verleitet. Darum machten einige bei RIM den Vorschlag, stattdessen im Sommer 2011 Blackberry OS 7 zu launchen, das ebenfalls bereits ein Jahr Verspätung hatte, obwohl es sich vom Vorgänger kaum unterschied. Die Folgen waren abzusehen: Alle Geräte mit diesem Betriebssystem floppten, von diesem Schlag erholte sich RIM seither nicht mehr, verlor alleine im letzten Jahr 30 Prozent seiner Kunden und kommt heute auf nicht einmal mehr 5 Prozent Marktanteil. Im Herbst 2011 entschlossen sich die RIM-Gründer endlich, zurückzutreten, um Platz für ein neues Management zu machen, das den Blackberry wieder salonfähig machen sollte. Der neue CEO Thorsten Heins gab sich zu Beginn versöhnlich mit der «alten Garde» von RIM und hielt an ihrem QNX-basierten Betriebssystem fest, gab allerdings sofort bekannt, dass Blackberry 10 um ein weiteres Jahr verzögert wird, damit die Entwickler auch eine Chance haben, ein marktreifes Produkt zu kreieren. Heins versuchte sogar, das Playbook zu «reparieren» und brachte im Februar 2012 ein umfassendes Update heraus, mit mässigem Erfolg. Doch eigentlich konzentrierte sich die neue RIM-Führung bereits darauf, mit der Vergangenheit abzuschliessen und den Blackberry neu zu erfinden. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Das kann Blackberry 10

Das ist der Blackberry 10

Geht es nach der Meinung von Testpersonen, ist der Versuch in eine neue Ära aufzubrechen, gelungen. Das neue OS müsse sich nicht hinter Android und iOS verstecken, ist immer wieder zu lesen. Doch genau das könnte zum Problem werden: es ist nicht mehr der Blackberry, den die Nutzer kennen. Stattdessen ist es, was bisher durchsickerte, ein komplett touch-basiertes mobiles Betriebssystem, wie es eben auch die Konkurrenz hat. Chance und Gefahr also zugleich, denn warum sollten Nutzer auf etwas wechseln, das sie bereits in den Händen halten? Weil es einiges bietet, dass die anderen nicht haben. Vor allem auf den Messaging Hub von BlackBerry 10 richten sich die Erwartungen. Er vereint Mails, Facebook-Nachrichten, Twitter-Nachrichten, SMS und alle andere Nachrichtenoptionen. Alle Nachrichten können von diesem einen Hub aus gelesen und beantwortet werden. Man benötigt keine separaten Apps mehr für Mail, Facebook & Co. ? BlackBerry 10 trennt zudem klar zwischen privatem und dienstlichem Gebrauch. Das erhöht deutlich die Sicherheit der Unternehmenskorrespondenz über das RIM-Smartphone. Die Tester lobten zudem die flotte Navigation und die hohe Performance ihrer Geräte. Trotzdem dürften sich Unternehmenskunden am neuen OS stören, besonders die IT. Denn der Blackberry Enterprise Server (BES) 5, den die meisten Unternehmen für die Verwaltung der Blackberrys einsetzen, funktioniert mit Blackberry-10-Geräten nicht mehr. Stattdessen muss ein neues Management-Tool ? Blackberry Enterprise Service 10 oder BES 10 ? gekauft werden. RIM hofft, dass dies nach anfänglichem Murren kein Problem sein wird, da die neue Plattform erstmals auch andere Betriebssysteme untersttzt, namentlich iOS- und Android. Dies bringt aber nur etwas, wenn die Nutzer zum Blackbery zurückkehren, denn dann wird es auch die IT tun. Und RIM versucht vieles, um die User zu begeistern. Nebst dem angesprochenen Messaging Hub wird es zum Start 70 000 Apps und in der Blackberry World die Mglichkeit zu Musik- und Filmdownloads geben. Heins und seine Kollegen haben also alle getan, was sie tun konnten. Trotzdem muss ein für RIM traurigen Fazit gezogen werden: Obwohl sie es geschafft haben, ein Betriebssystem zu bauen das sich nicht vor der Konkurrenz verstecken muss und ihr in gewissen Teilen sogar überlegen ist, wird das nicht reichen, um Kunden zu überzeugen. Einige werden zu RIM zurückkehren, Blackberry kann wohl überleben, auch wenn die Unternehmung aller Voraussicht nach aufgekauft wird. Aber RIM wird nicht mehr zu alter Stärke zurückfinden, dafür ist die Konkurrenz bereits viel zu gut positioniert. Diese Chance wurde bereits vor einigen Jahren verpasst, als man sich auf vergilbten Lorbeeren ausruhte. Der gleiche Fehler, den momentan brigens Apple zu begehen scheint.



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