12.12.2016, 09:00 Uhr

Sorry, there was some noise on the line

Smart Working&Collaboration versuchen, Arbeitsmethoden im globalen Umfeld in Begriffe zu stecken. Die Wortwahl ist schön, löst ohne Nachfrage eine Assoziation aus. Neue Tools lassen sich damit verkaufen für effizientes Arbeiten und ausgeglichene Mitarbeiter.
Abb. 1: Traditionelle Kommunikation
Im letzten Satz steckt die Annahme, dass es sich um Begriffe handelt für die Optimierung in einem Unternehmen. Wie sieht es in unternehmensübergreifenden Projekten aus, wenn Menschen aus unterschiedlich smarten Unternehmen, Kulturkreisen oder Zeitzonen zusammenarbeiten?

Einleitung 

Eben nur noch kurz in der Gondelbahn die Telefonkonferenz beenden und schon geht es die Piste runter. Oder sitzen wir lieber in Hawaii und springen nach dem Software-Rollout auf das Surfbrett?
Projekte mit Kunden in den USA, Entwicklungs-Partnern in Indien – als Sub-Lieferant ist der Kontakt zum Haupt-Auftraggeber in England beschränkt. Kommunikation ist so einfach, dass komplexe Geschäftsmodelle gar kein Problem darstellen. Wir können täglich mit jemanden zusammenarbeiten; wir kennen nur die Stimme, ein Bild braucht es nicht.
Was ist das Salz in der Suppe, das alles zusammenhält? Die Tools, das gemeinsame Ziel, oder doch der persönliche Kontakt?

A fool with a tool is still a fool

Ausser Frage, es sind die technischen Möglichkeiten, die uns dieses Arbeiten heute ermöglichen. Und unsere Fähigkeit, die Technik optimal in der jeweiligen Situation einzusetzen. Seit der ersten Telefonkonferenz 1928 und der Erfindung des Datenaustausches zwischen Rechnern 1969 wurde viel in die Kommunikation investiert.
  • 1971 Erfindung der E-Mail
  • 1998 ICQ – 2003 Skype
  • 1998 Bugzilla – 2002 Jira/Confluence
  • 1990 Lotus Notes – 2001 Sharepoint
  • 1998 VNC – 2005 TeamViewer
In einem internationalen Projekt vor 10 Jahren benutzten wir EMail, Excel und Telefonkonferenzen. Erfolgreich waren wir aber erst nach einem persönlichen Treffen. Heutzutage läuft ein Grossteil der Kommunikation noch immer über EMail ab. Manchmal finden sich über 10 Namen im An-Feld, noch mehr im CC. Warum befinden wir uns technologisch noch immer im Jahre 1971? 

Der kleinste gemeinsame Nenner der Zusammenarbeit

Für eine Zusammenarbeit braucht es eine gemeinsame Sprache und ein gemeinsames Medium. Englisch ist gesetzt aufgrund seiner Einfachheit und weiten Verbreitung. Was im Deutschen schon Schwierigkeiten bereitet, gibt es auch im Englischen, die Dialekte. Indisches Englisch ist ein anerkannter Dialekt, der von einer grossen Bevölkerung gesprochen wird, aber leider nicht von jedem verstanden wird. Der kleinste gemeinsame Nenner findet sich im Geschriebenen.
Collaboration bedeutet im wörtlichen Sinne die Zusammenarbeit. Dabei ist der Austausch von Informationen wichtig. In grossen Projekten tritt vor dem Informationsaustausch die Suche nach einem Informanten. Im klassischen Sinne würden wir uns auf den Markt stellen und mit einem Megaphon in die Menschenmenge brüllen (s. Abb 1).
Heute schreiben wir etwas gesitteter eine EMail an alle uns bekannten Personen, die unsere Frage beantworten könnten. Die EMail ersetzt das Megaphon, der Marktplatz ist das Internet. Kennt ein Empfänger einen potentiellen Informanten, so wird die EMail an alle beantwortet (Reply-All) und das Empfänger Feld erweitert. Informationen werden nur einmal niedergeschrieben und stehen allen zur Verfügung, auch wenn sie erst später ins An-Feld rutschen. Rückfragen können klar und gezielt gestellt werden, das Dialekt Problem gibt es nicht. Der persönliche Kontakt tritt langsam in den Hintergrund.
Und das schönste ist, es gibt keinen internationalen EMail-Knigge. Wer einmal auf einen solchen EMail-Verteiler gerutscht ist, kennt den Business-Spam. Kollegen aus den USA pflegen einen komprimierten Stil, deutsche einen Fakten-Betonten. An einem schlechten Tag ärgere ich mich schnell über den schlechten Stil, obwohl die EMail vom Verfasser korrekt formuliert wurde, aber leider ganz anders ankommt, in verschiedenen Teilen der Welt.
Collaboration im engeren Sinne meint die Kooperation. Die EMail ist aufgrund ihrer Einfachheit und vielen Vorteile das zentrale Mittel in der Zusammenarbeit, eine Kooperation kann sie aber nicht sicherstellen.

Und was kommt nach der EMail?

Zusammen-Arbeiten heisst nicht automatisch, ein gemeinsames Ziel haben. Die Anfrage per EMail nach einer verbindlichen Zusage kann leicht im Spam-Ordner landen. Ein Projektplan ist nicht dadurch akzeptiert, dass er an alle verschickt wird.
Abb. 2: Web-Konferenz
Das Kommitment sollte noch immer in einem Gespräch abgeholt werden. Durch direkte Rückfrage wird sichergestellt, dass alle das gleiche Bild im Kopf haben. Die persönliche CO2 Bilanz im Kopf, organisieren wir solche Meetings heutzutage online. Tools gibt es genügend, über das gesamte Preis/Leistung Spektrum, einen Standard leider nicht. So ist es auch nicht verwunderlich, dass solche Konferenzen noch immer per Telefon abgehalten werden. Der Organisator spricht in sein Smartphone (das Tippen der Einwahlnummer über das Telefonkonferenzsystem ist zu mühsam), mehrere Leute sitzen in unterschiedlichen Abständen drum herum, und die Teilnehmer am anderen Ende der Leitung haben Mühe mit der Informations-Aufnahme und schaffen kaum die Informations-Verarbeitung.
Trotz aller Hürden, ist ein Web-Konferenzsystem (z.B. Skype, WebEx, Teamviewer) ein Muss. Zum Informationsaustausch gehört aber auch die Visualisierung. Ein Meeting-Protokoll, das Tage nach dem Meeting verschickt wird, erfährt selten eine kritische Hinterfragung. Ein Protokoll, das im Meeting für alle sichtbar aufgeschrieben wird, wird implizit von allen Beteiligten akzeptiert. Fehler im Verständnis werden sofort korrigiert. Konferenzsysteme sind im Unternehmen häufig anzutreffen. Unternehmensübergreifend erschwert sich der Einsatz aus unterschiedlichen Gründen. Hier gilt, stetig Tropfen höhlt den Stein. Eine Web-Konferenz zu organisieren ist leichter, als die Konferenznummer auf dem Smartphone zu wählen.
Abb. 3: Kaffeküchengespräch
Konferenzen werden fürs Zusammentragen von Informationen benötigt, nicht für die Informations-Speicherung und –Verteilung. Collaboration-Plattformen gibt es ebenfalls in allen Kategorien. Tools wie Sharepoint, Confluence, Redmine treffen wir jedoch selten im unternehmensübergreifenden Einsatz, da häufig unternehmensinterne Informationen darin gespeichert werden. Verständlich, dass nicht jeder Externe darauf Zugriff bekommt. Hier hilft nur das alte Mantra «keine doppelte Datenhaltung » über Bord zu werfen.
Collaboration-Plattformen in der Grundfunktionalität ermöglichen den einfachen Zugriff auf Dokumente und ein Ticket-System. Ein Dokument in einer Collaboration-Plattform abzulegen anstatt es per EMail zu versenden, hat auch den Vorteil, dass neue Projektmitglieder, welche die EMail nicht bekommen haben, ebenfalls Zugriff auf das Dokument erhalten.

A fool with a tool … (Revised)

Smart Working&Collaboration sind aktuelle Schlagwörter, die aus einer veränderten Arbeitswelt hervorgehen. Das wertvolle Kaffeeküchengespräch in einer globalen Umgebung kann es so nicht geben. Wichtig bleibt es trotzdem. Daher kommen mit den geänderten Arbeitsbedingungen auch neue Begriffe, welche den alten «best practices» einen modischen Namen geben und standardisieren. Agile Methodiken, Daily Standups sind nicht nur Modewörter. Der Einsatz muss genauso kritisch hinterfragt werden, wie die Anschaffung eines Tools. Ein neues Tool erfordert meist auch eine Änderung in der Arbeitsweise, um dieses optimal zu nutzen. Also braucht es bald keinen persönlichen Kontakt mehr? Der Business-Lunch kann durch eine Web-Konferenz ersetzt werden. Statt entspannender asiatischer Hintergrundmusik gibt es Tasturanschläge als Grundrauschen. Vielleicht, wenn eine Methode für die Abarbeitung von EMails bei Managern Einzug findet. So lange Schlüssel-Personen mit 100 und mehr EMails am Tag geflutet werden, so lange wird der persönliche Kontakt wertvoller sein, als Reminder-EMails mit roten Ausrufezeichen.
Zum Autor
Rico Gaudlitz
Rico Gaudlitz Teamleiter/PL/Entwickler bei der Intersys AG, arbeitet seit 2005 in internationalen Soft- und Hardware Projekten. Nicht hinterm PC verstecken; ein gesunder Mix aus Tools und persönlichem Kontakt ist Smart Working&Collaboration heutzutage.
Die Firma: Seit 1999 unterstützt Intersys Firmenkunden im In- und Ausland bei der Erstellung, Lieferung und im Betrieb von anspruchsvollen Softwareapplikationen. Wenn Zuverlässigkeit, Nähe und Flexibilität für Sie wichtig sind, besuchen Sie uns unter www.intersys.ch.
Dieser Beitrag wurde von der Firma Intersys AG zur Verfügung gestellt. Computerworld übernimmt für dessen Inhalt keine Verantwortung.

Autor(in) Intersys AG


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