14.11.2013, 12:00 Uhr

Weichen stellen mit hybrider Maillösung

Die Deutsche Bahn hat ihre interne Kommunikation auf eine hybride Mail­lösung umgestellt. Das Prinzip: Die Mitarbeitenden entscheiden selbst, welche Dokumente sie digital und welche sie physisch zugestellt haben möchten.
Der Autor ist PR & Content Manager bei der Compart AG. Rund 280000 Mitarbeitende beschäftigt die Deutsche Bahn weltweit. Leicht vorstellbar, wie hoch das Dokumentenaufkommen allein im internen Bereich ist. Man denke nur an die monatlichen Gehalts­bescheinigungen, die auf einem virtuellen Mitarbeiterportal als Download-Datei zur Verfügung stehen. Das Problem: Nur ein kleiner Teil der Mitarbeitenden nutzt das Portal. Manche haben keinen regelmässigen Internetzugang, andere bevorzugen die herkömmliche Briefzustellung. Eine ernstzunehmende digitale Alternative zum physischen Versand ist das Portal daher nicht. Der Bahnkonzern suchte deshalb eine «aktive» Hybridmaillösung, die alle Mitarbeitende erreicht, unabhängig von ihren IT-Voraussetzungen und Präferenzen. Dabei sollten die bereits existierenden E-Mail-Adressen der Mit­arbeiter als Basis dienen, um separate Accounts, wie bei vielen digitalen Maillösungen üblich, zu vermeiden. Gefunden hat die Deutsche Bahn ein solches System in einer Entwicklung der Schweizerischen-Post-Tochter Swiss Post Solutions. Bei ePostSelect bestimmt der Empfänger den Versandkanal selbst. Grundprinzip ist, dass jedes Dokument, unabhängig vom Format, sicher und nachweisbar zugestellt wird, ohne dass Versender und Empfänger ihre bestehende Infrastruktur verändern müssen. Egal, welchen Kommunikationskanal der Empfänger bevorzugt, der Absender kümmert sich nur um die Übermittlung der Daten. Investi­tionen in fünf- oder sechsstelliger Höhe, wie sie bei der ständigen Anpassung und Erweiterung von Output-Management-Strukturen (z.B. durch neue Kommunikationskanäle) nicht selten sind, entfallen damit. Nächste Seite: Eine Lösung für alle Kanäle

Eine Lösung für alle Kanäle

Das System fungiert quasi als Dispatcher, der die Dokumente als Druckdaten entgegennimmt und sie für die entsprechenden Kanäle aufbereitet. Durch die Kopplung der E-Mail-Adresse mit der Hausanschrift ist zudem gewährleistet, dass der Adressat in jedem Fall erreichbar ist – wenn nicht auf elektronischem Weg, dann eben auf physischem. Selbst sensible Schriftstücke mit hohem Rechtscharakter, deren Zustellung dokumentiert werden muss, lassen sich so versenden. Für die notwendige Datensicherheit sorgt die patentierte Techno­logie der Maillösung IncaMail, die über einen hohen Verschlüsselungsstandard verfügt, sowie die hohen Sicherheitsstandards der Produk­tionszentren von Swiss Post Solutions, die unter anderem nach ISO 27001 und PCI DSS (Sicherheitsnorm für Kreditkartenunternehmen) zertifiziert sind.
Anders als bei vergleichbaren digitalen Postlösungen wie E-Postbrief oder De-Mail benötigt IncaMail keine separaten E-Mail-Adressen.
Ausserdem müssen Anwender kein aufwendiges Authentifizierungsverfahren durchlaufen. Eine einmalige digitale Registrierung mit Benutzernamen und Passwort genügt, nach Bedarf ergänzt um eine Domizil- oder Personenverifikation. Urs Fischer, Leiter Security & Identity Produkte bei Swiss Post Solutions, betont die «bewusst benutzerfreundlichen Identifizierungsabläufe, um die Hürde für den digitalen Postversand niedrig zu halten». Beim klassischen Versand müsse der Empfänger sich ja auch nicht vorher bei der Post ausweisen, um seine Briefe zugestellt zu bekommen, so Fischer. Gerade die gebotene Datensicherheit, die auch eine Einschreibefunktion enthält, überzeugte Management und Betriebsrat der Deutschen Bahn. Die privaten E-Mail-Adressen der Mitarbeiter sollten nicht beim Konzern selbst, sondern bei einem Externen gespeichert werden, lautete eine der Hauptanforderungen an das neue System. Ausschlaggebend für die Entscheidung war zudem die Internationalität der Lösung, die sich nicht auf bestimmte eDelivery-Angebote einzelner Länder beschränkt, sondern offen für alle Kanäle ist. Auch internationale E-Post-Lösungen/-kanäle lassen sich in ePostSelect bedienen bzw. integrieren. Im Januar 2012 wurde das System bei der Deutschen Bahn gestartet. Ein Grossteil der Mitarbeitenden ist inzwischen an das System angebunden, infolgedessen wächst auch die Akzeptanz des digitalen Kanals. Nächste Seite: Formatunabhängige Ausgabe

Formatunabhängige Ausgabe

Die Lösung basiert in Teilen technologisch auf DocBridge Pilot, einer plattformunabhängigen Software, mit der Dokumente jeden Formats zu portooptimierten Sendungen gebündelt und für die Ausgabe über verschiedene physische und digitale Kanäle aufbereitet werden. Das Prinzip: Der Import der zu verarbeitenden Dokumente ist von der Ausgabe der Sendungen getrennt. Die von Compart, einem Anbieter von multikanalfähigen Dokumenten-Management-Systemen, entwickelte Lösung übernimmt die Daten und konvertiert sie, wobei die Formatierung der Datei erhalten bleibt. Das Dokument kann nun je nach Bedarf modifiziert, verteilt, klassifiziert, indiziert und in verschiedene Formate umgewandelt werden. Dadurch lassen sich die Schriftstücke nahezu überall darstellen, drucken, archivieren und weiterverarbeiten. Die dafür notwendigen Informationen werden als Metadaten extrahiert. Während die Software die Daten einem zentralen Pool zuordnet, legt sie die Metadaten in einer relationalen Datenbank ab. Auch beim ePostSelect-Projekt der Deutschen Bahn kommt diese Fähigkeit der Compart-Software zum Tragen: Diese nimmt die Druck­daten des Versenders entgegen und bereitet sie für die Ausgabe empfängerspezifisch, sprich kanalgerecht, auf. Die Software entscheidet also automatisch, ob ein Dokument als E-Mail-Anhang (beispielsweise ein PDF), verschlüsselt (per IncaMail) oder als Druck versendet werden soll. Das System entnimmt dem Dokument die Hausanschrift des Empfängers und führt sie mit einer hinterlegten E-Mail-Adresse – falls vorhanden – zusammen. Dazu erfolgt automatisch eine Anfrage an die integrierte Profildatenbank, ob der Adressat das jeweilige Dokument digital oder physisch zugestellt haben möchte. Liegt keine Zustimmung für den elektronischen Versand vor, erfolgt automatisch die Auslieferung per Post. In diesem Fall wird das Dokument mit dem Hinweis versehen, dass der Empfänger sich seine Post künftig auch via IncaMail zusenden lassen kann. Doch die Entscheidung liegt letztlich beim Empfänger selbst. Nächste Seite: Ausbau geplant Beteiligt am Projekt war zudem das Unternehmen Docucom, Spezialist für Integrations­lösungen in der Dokumentenverarbeitung und langjähriger Vertriebspartner von Compart. Docucom nahm die kundenspezifischen Anpassungen und Modifizierungen von DocBridge Pilot vor und entwickelte eine speziell auf die Anforderungen von Swiss Post Solutions und Deutsche Bahn zugeschnittene Benutzeroberfläche.Für die Post-Tochter hat Docucom bereits zahlreiche Projekte erfolgreich umgesetzt, vor allem im Bereich der Konvertierung und Formatierung. So lag es für Urs Fischer von Swiss Post Solutions nahe, auch bei der Entwicklung von ePostSelect mit dem Anbieter zu kooperieren – zumal mit Compart ein weiterer Output-Mana­gement-Spezialist ins Boot kam. «Mit dieser Dreier-Allianz ist eine ideale Partnerschaft für die Realisierung von solch komplexen und vi­sionären Projekten entstanden», so Fischer.

Ausbau geplant

Demnächst sollen über ePostSelect weitere Prozesse laufen, die auch gleich eine Antwort auf dem digitalen Weg erlauben. Ein Beispiel könnte unter anderem die Bearbeitung der «Jobticket-Anträge» für die Fahrausweise der Bahnmitarbeitenden sein. Dann könnte künftig jeder Mitarbeiter per IncaMail einen entsprechenden Antrag erhalten, der bereits vorausgefüllt ist (aktives Onlineformular). Der Mitarbeiter ergänzt oder bestätigt das Formular und schickt somit strukturierte Daten zurück an das System. Damit entfällt die physische Verarbeitung der Anträge mittels Scannen und OCR-Lesung.


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