Divio 28.03.2014, 08:52 Uhr

Wie ein Schweizer CMS die Welt erobert

Wie kann Software aus der Schweiz auf dem internationalen Parkett punkten? Das Beispiel einer Schweizer CMS-Entwicklung auf Open-Source-Basis zeigt, wie aus einer guten Idee geschäftlicher Erfolg wird.
Wie kann Software aus der Schweiz auf dem internationalen Parkett punkten?
Stefanie Weilenmann ist «django CMS»-Expertin und bei Divio verantwortlich für die CMS-Schulungen. Christian Wild ist Redaktor und freier Autor für verschiedene Portale und Zeitungen.
Weltweit gibt es bereits über 1100 verschiedene Content-Management-Systeme (CMS). Warum also überhaupt ein neues entwickeln und dann auch noch ausgerechnet in der Schweiz? Christian Bertschy, Mitgründer und Geschäftsführer der Zürcher Webagentur Divio,   nennt einen simplen Grund: «In der Entstehungszeit der Agentur gab es für unsere Bedürfnisse noch nicht wirklich ein etabliertes CMS für die Open-Source-Technologien Django und Python.» Das CMS-Projekt entstand also direkt aus der Praxis heraus. «Unser Ziel war es, ein CMS zu entwickeln, das die Bedürfnisse von unterschiedlichen Branchen wie auch von grossen und kleinen Unternehmen abdeckt», erklärt Bertschy. Vor sieben Jahren startete die Webagentur daher mit der Entwicklung eines Open-Source-CMS für das Webframework Django. Die daraus hervorgegangene Software «django CMS» ist heute weltweit im Einsatz. Für Python entschieden sich die Entwickler damals eher aus Intuition – und bewiesen damit den richtigen Riecher. Heute zählt Python laut Tiobe-Index (www.tiobe.com) zu den beliebtesten Programmiersprachen der Welt. Für die beiden Technologien sprach laut Bertschy unter anderem auch, dass sie sich an das «Don’t-repeat-yourself-Prinzip» halten: «So vermeiden wir Redundanzen und kommen mit den Webapplikationen schneller voran», führt er aus.

80 Prozent Schweiz

Die Homebase des Kernteams liegt seit jeher in Zürich, daher fand rund 80 Prozent der Aufbauarbeit in der Schweiz statt. «Der Standort Schweiz ist für uns ideal», betont Bertschy, denn «das innovative, aber auch kompetitive Umfeld hier in der Schweiz bietet spannende Impulse.» Innovation und Offenheit für Neues seien bei der Software-Entwicklung sehr wichtig, meint er. Deshalb ist Divio auch Träger des Labels «Swiss Made Software». Die Kunden der Webagentur schätzen die Vorzüge einer Entwicklungsstätte in der Schweiz. Alex Hildbrand, Head of E-Communications bei der Allgemeine Plakatgesellschaft AG (APG|SGA) begründet, warum: «Wir empfinden die geografische Nähe als angenehm, weil wir mit den Verantwortlichen jederzeit in Kontakt treten oder ein Meeting vereinbaren können. Hinzu kommt, dass die Entwickler in der Schweiz sehr gut ausgebildet sind, was wiederum dem Produkt und schlussendlich uns Kunden zugutekommt.» Der Entwicklungsstart des Projekts erwies sich allerdings als recht anspruchsvoll: «Am Anfang war es schwierig, Python-Programmierer mit Django-Erfahrung zu finden», sagt Christian Bertschy. «Auch wollten wir von Beginn an die Benutzer – und nicht nur die Entwickler – ins Projekt miteinbeziehen, um das CMS bedienerfreundlich zu gestalten.» Ein Plan, der leichter gesagt als umgesetzt war, denn die Community war anfänglich noch klein, weshalb das Team einen grossen initialen Entwicklungsaufwand auf sich nehmen musste. «Heute», sagt Bert­schy, «ist es viel einfacher, wir tauschen uns regelmässig mit der Community aus und sind aktiv an Entwicklerkonferenzen engagiert, was bei der Weiterentwicklung enorm hilfreich ist.» Lesen Sie auf der nächsten Seite: Mehrsprachig & erweiterbar

Mehrsprachig & erweiterbar

Das Kernentwicklerteam setzte von Anfang an bewusst auf Mehrsprachigkeit und nutzte dazu den Heimvorteil: «Wer für Schweizer Kunden arbeitet, denkt automatisch daran, dass Web­seiten mehrsprachig sein müssen. Das ist sicher ein Vorteil gegenüber einsprachigen Mitbewerbern, da damit die Basis für die Erweiterung durch zusätzliche Sprachen geschaffen wird», so Bertschy. Die Verpflichtung zur Mehrsprachigkeit habe aber auch einen Haken: «Sie war und ist in den USA, dem Kernmarkt der CMS-Programmierung, kein so grosses Thema. Deshalb musste unser Team zuerst die dafür notwen­digen Grundlagen schaffen, diese Elemente selber ent­wickeln und anschliessend Open Source stellen.» Ganz im Sinne des Open-Source-Gedankens legten die Entwickler auch Wert auf eine fortlaufende Erweiterbarkeit. Ein wesentlicher Vorteil ist, dass django CMS als Grundlage ein Web­framework – eben Django – hat und man so auf Tausende andere Apps zurückgreifen kann, die auf Django basieren und sehr einfach in die Seite und das CMS zu integrieren sind. Diese Erweiterbarkeit dürfte zum Erfolg der Software beigetragen haben, sodass die Anhängerschaft in der Django-Community stetig wuchs. Bis Februar  2014 wurde das Open-Source-Programm rund 250000 Mal heruntergeladen und ist damit eines der meistgenutzten CMS auf Django-Basis. Mit dieser Flexibilität kann die Software bei ihren Kunden punkten. Markus Schärer, Geschäftsführer der Zürcher Kommunikationsagentur Jung von Matt/next, setzt auch aus diesem Grund auf die Software mit Schweizer Wurzeln: «django CMS bietet uns die Möglichkeit, unsere Ideen so umzusetzen, wie wir sie angedacht haben. Egal, wie ausgefallen sie sein mögen.» Zu den Grossunternehmen, die das Schweizer CMS einsetzen, zählen der Mobilfunk- und Kommunikationsdienstleister Orange, die Verit Immobilien AG und die Verit Investment Management AG, die ETH Zürich und der Automobilhersteller Mercedes-Benz.

Stete Weiterentwicklung

Trotz der anfänglichen Hürden, gibt das Projekt den Entwicklern inzwischen viel zurück. «Das CMS ist mittlerweile so ausgereift, dass wir uns dank der Technologie heute viel stärker auf die spezifischen Anliegen unserer Kunden konzent­rieren können», sagt Geschäftsführer Bertschy. Die Projekte liessen sich daher immer schneller und effizienter durchführen, und aus der täg­lichen Arbeit ergäben sich wichtige Impulse für die iterative Verbesserung der Software, was durch Updates und Releases wiederum den Benutzern zugutekomme. Derzeit wird «django CMS» in mehreren Bereichen verbessert. Beispielsweise soll das In­s­tallieren und der Einstieg ins CMS vereinfacht werden. Ausserdem stehen mehr Flexibilität bei Layout, Responsiveness und Mehrspaltigkeit sowie ein automatischer Übersetzungs-Workflow auf der Agenda. Aus der Community werden zudem oft eine Cloud-Lösung und Enterprise-Services nachgefragt, «weshalb wir alle diese Punkte mit dem Release der Version 3.0 im zweiten Quartal des laufenden Jahres lösen werden», verspricht Bertschy. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Tipps für Open-Source-Programmierer
Tipps für den Open-Source-Programmierer
Divio-Geschäftsführer Christian Bertschy gibt Unternehmen mit ähnlichen Projekten vier Tipps auf den Weg: - Zusammenarbeit an­streben und auf integrierbare Lösungen achten. - Vertrauen in ein Open-Source-Projekt schaffen, indem man sich als Unternehmen für Open Source einsetzt. - Sich so früh wie möglich aktiv in einer Community engagieren und deren Entwicklungen fördern.
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Das Projekt
Aufgabe:
CMS-Entwicklung auf Open-Source-Basis Software: Python/Django Sprachen: über 40 Zeitrahmen: seit 2007 Beteiligte Personen: ein Kernentwicklerteam bei Divio in Zürich, verstärkt durch über 250 Autoren weltweit Ergebnis: über 250000 Downloads (ca. 10000 pro Monat), im Einsatz bei grossen und kleinen Firmen auf der ganzen Welt


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