08.09.2011, 06:00 Uhr

Perfekte Vorbereitung

Ob eine M&A-Transaktion zum Abschluss kommt und wie hoch das davon betroffene Unternehmen bewertet wird, hängt unter anderem von der genauen Prüfung der rechtlichen Aspekte, der sogenannten rechtlichen Due Diligence, ab. So bereiten Sie sich darauf vor.
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Der Autor ist auf IT-Recht spezialisierter Rechtsanwalt bei Wenger & Vieli in Zürich. Der Ausdruck «Due Diligence» stammt aus dem amerikanischen Rechtskreis und kann mit «gebührender Sorgfalt» übersetzt werden. Im Hinblick auf M&A-Transaktionen (z.B. Firmenkäufe) ist damit in erster Linie ein Verfahren gemeint, mit dem Unternehmen auf verschiedene Faktoren geprüft werden, zum Beispiel hinsichtlich ihrer Produkte, Marktstellung, Marktchancen und Kundenbeziehungen. Von Bedeutung sind dabei insbesondere strategische, finanzielle, steuerliche, personel-le, technologische und rechtliche Aspekte. Ziel der Due Diligence ist es, die Stärken und Schwächen des betroffenen Unternehmens he­rauszufinden, um so entscheiden zu können, ob die Transaktion durchgeführt werden soll. Besondere Bedeutung kommt dabei den «Deal Breakern» zu, also Sachverhalten, welche die Transaktion im konkreten Fall verhindern. Eine Due Diligence kann auch grossen Einfluss auf die Festlegung des Unternehmenswerts haben. Sie erfolgt übrigens nicht nur bei M&A-Transaktionen, sondern auch bei Börsengängen und grösseren Investitionen in ein Unternehmen.

Was geprüft wird

Oft wird vertreten, es reiche aus, bestehende Risiken aus der Sicht des betroffenen Unternehmens zu minimieren. Das trifft nicht zu. Im Hinblick auf eine M&A-Transaktion, Börsengänge oder eine Investorensuche ist vor allem wichtig, dass in objektiver Hinsicht keine grös­seren Risiken bestehen. Ob dies der Fall ist, wird in der Regel von spezialisierten Beratern beurteilt. Wer künftig sein Unternehmen verkaufen will oder auf Investoren angewiesen ist, sollte also frühzeitig klären lassen, woran sich Wirtschaftsanwälte stören. Denn hat eine Due Diligence einmal begonnen, lassen sich rechtliche Risiken und Mängel teilweise nicht mehr oder nur noch mit viel Aufwand beheben. Wirtschaftsanwaltskanzleien, die regel­mässig zur Durchführung einer rechtlichen Due Diligence beigezogen werden, untersuchen bei vergleichbaren M&A-Transaktionen weitgehend dieselben rechtlichen Aspekte. Oft wird mit standardisierten Checklisten gearbeitet. Diese führen typischerweise folgende Prüfungsfelder auf: - Gesellschaftsrechtliche Angelegenheiten (z.B. Aktienzertifikate/-buch, Statuten und Protokolle der Generalversammlung der letzten fünf Jahre)
- Finanzielle Aspekte (z.B. Kreditverträge und Geschäftsberichte der letzten fünf Jahre)
- Steuern und Sozialversicherungen
- Grundeigentum und Mietverträge
- Geistiges Eigentum
- Wichtige Verträge
- Arbeitnehmer (insbesondere mit Schlüsselfunktionen) und Mitglieder des Verwaltungsrats
- Behördliche Genehmigungen
- Umweltschutz
- Versicherungen
- Rechtsstreitigkeiten Einige besonders wichtige Prüfungsfelder werden nachfolgend kurz erläutert.

Wichtige Verträge

Fast ausnahmslos werden im Rahmen einer rechtlichen Due Diligence wichtige bestehende Verträge untersucht. Dazu gehören insbesondere die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und andere Standardverträge des betroffenen Unternehmens, bedeutende Lieferanten- und Kundenverträge, Verträge mit unüblichen Konditionen (z.B. bezüglich Garantien oder Zahlungszielen), Verträge mit nahestehenden Personen oder Gesellschaften (z.B. Verträge mit Tochtergesellschaften oder mit dem Haupt­aktionär) sowie Verträge, die ein gewisses Vertragsvolumen überschreiten (oft 20000 oder 50000 Franken) oder eine lange Vertragsdauer (z.B. mehr als ein Jahr) aufweisen. Ein Wirtschaftsanwalt erkennt sofort, ob Standardverträge professionell erstellt worden sind. Ist dies nicht der Fall, wird er die übrigen Dokumente in der Regel umso genauer prüfen. Allgemeine Geschäftsbedingungen sowie weitere Standardverträge sollten daher unbedingt professionell erstellt oder überarbeitet werden. Das scheint an sich selbstverständlich zu sein, wird in der Praxis aber vor allem aus finanziellen Gründen teilweise unterlassen. Bei diversen Geschäftsmodellen ist es zu spät, wenn Standardverträge erst im Hinblick auf eine geplante M&A-Transaktion oder Investorensuche über­arbeitet werden. Denn bei Verträgen ist die Vergangenheit meist wichtiger als die Gegenwart. Die Liste möglicher Fallstricke bei wichtigen Verträgen ist lang. Bei Lieferantenverträgen kann es beispielsweise problematisch sein, wenn grosse Entwicklungskosten angefallen sind, die operative Phase dann jedoch nicht oder nur ungenügend vertraglich abgesichert worden ist (z.B. bei der Beschaffung von IT-Systemen). Überhaupt ist es wichtig, Engpasssituationen bezüglich Produkten und Dienstleistungen, auf die das Unternehmen ange­-
wiesen ist, möglichst weitgehend zu vermeiden. Ist dies aufgrund der konkreten Verhältnisse nicht möglich, muss der Vertrag mit dem entsprechenden Lieferanten besonders sorgfältig ausgehandelt werden.

Kundenverträge

Bei Kundenverträgen sind insbesondere die Laufzeiten und Kündigungsbedingungen von Bedeutung. Es versteht sich von selbst, dass jederzeit kündbare Verträge mit Grosskunden im Rahmen einer M&A-Transaktion weniger wertvoll sind als nur sehr restriktiv kündbare, langfristige Verträge mit einem vergleichbarem Volumen. Gewisse Verträge sind zudem gemäss zwingendem Schweizer Recht jederzeit kündbar. Dazu gehören insbesondere einfache Aufträge. In solchen Fällen steht dem Kunden selbst dann ein jederzeitiges Kündigungsrecht zu, wenn vertraglich anderes vorgesehen worden ist. Entsprechend sollten langfristige und aus der Sicht des Anbieters (also des Unternehmens, das künftig möglicherweise von einer M&A-Trans­aktion betroffen sein wird) gute Verträge nicht als einfache Aufträge im Sinne des Schweizer Rechts abgefasst werden. Vorsicht ist auch bei den ausserordentlichen Kündigungsgründen geboten. Teilweise enthalten Verträge sogenannte Change-of-Control-Klauseln, die dazu führen können, dass der Kunde einen Vertrag bei einem Verkauf des Anbieters mit sofortiger Wirkung kündigen kann. Andere Verträge sehen vor, dass bei jeder (auch noch so geringen) Vertragsverletzung sofort gekündigt werden kann. Wenn immer möglich sollte bei guten Kundenverträgen ein derart einfacher Ausstieg vermieden werden. Weiter können bei Kundenverträgen fehlende oder schlecht abgefasste Bestimmungen betreffend Haftungsbeschränkungen problematisch sein. Die Haftungsrisiken sollten in einem vernünftigen Verhältnis zu den mög­lichen Erträgen aus einem Vertragsverhältnis mit einem Kunden stehen. Gleiches gilt für die Gewährleistungsbestimmungen. Grössere Abweichungen von den hier allenfalls bestehenden Branchenstandards sollten vermieden werden.

Geistiges Eigentum

In Verträgen über geistiges Eigentum (beispielsweise Marken) werden teilweise viel zu weitgehende Gewährleistungen abgegeben. Das kann bedeutsame finanzielle oder sogar existenzielle Folgen für das betroffene Unternehmen haben. Wird beispielsweise unbedacht garantiert, ein Unternehmen verfüge über weltweiten Markenschutz, so kann dies zu einer Verpflichtung führen, unzählige Marken anzumelden, was wiederum Kosten von Hundert­tausenden von Franken zur Folge haben kann. In der Praxis finden sich erstaunlich oft Verträge mit Arbeitnehmern oder Auftragnehmern, die keine oder zumindest keine genügenden Klauseln betreffend der Abtretung von Rechten an geistigem Eigentum enthalten. Das kann zu Rechtsunsicherheiten führen. Wer beispielsweise einen Auftragnehmer mit der Entwicklung von Software beauftragt, darf nicht in jedem Fall davon ausgehen, dass er durch die Bezahlung der Arbeitsresultate ohne entsprechende vertragliche Grundlage die weltweiten und auch in sonstiger Hinsicht uneingeschränkten Rechte daran erhält. Besonders herausfordernd kann es werden, wenn die Rechte für das zu verkaufende Unternehmen einen zentralen Vermögenswert darstellen, deren Übertragung aber nicht sauber geregelt wurde. Ein derartiges Versäumnis kann bereits ein Deal Breaker sein.
Gut zu wissen: Due Diligence
Folgende Aspekte sollten Sie beachten: - Die rechtliche Due Diligence hat Einfluss darauf, ob eine M&A-Transaktion zum Abschluss kommt und wie hoch das betroffene Unternehmen bewertet wird. Was geprüft wird, ist weitgehend vorhersehbar. - Rechtliche Mängel und Risiken sollten nicht erst unmittelbar im Hinblick auf eine M&A-Transaktion behoben werden. Oft ist es weniger aufwendig und bedeutend kostengünstiger, wenn dies möglichst frühzeitig getan wird. - Verträge, insbesondere solche, die für das Unternehmen wichtig sind, sollten vor der Unterzeichnung fachmännisch überprüft werden.


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