27.11.2012, 14:30 Uhr
Mobile Business Intelligence
Damit Smartphones, Tablets und Co. im Unternehmen sinnvoll genutzt werden können, müssen auch die Anwendungen mobiltauglich sein – das gilt vor allem für Business Intelligence.
Thomas Bieri ist studierter Informatiker mit langjähriger Erfahrung in den Bereichen Data Warehouse BI und mobile BI. Er ist bei Trivadis als BI-Consultant tätig, mit Fokus auf Oracle-Produkte. Daniel Liebhart ist Dozent für Informatik an der ZHAW und Solution Manager bei Trivadis. Er ist Autor des Buches «SOA goes real» (Hanser Verlag) und Co-Autor verschiedener Fachbücher. Die Zahlen sprechen für sich. Während die Verkäufe von Desktops und Notebooks zurückgehen, sind Smartphones und insbesondere Tablets mehr und mehr gefragt. Gemäss den Marktforschern von Gartner werden dieses Jahr 98 Prozent mehr Tablets verkauft als im letzten Jahr, Tendenz steigend. Auch in den Unternehmen setzen sich Tablets und Smartphones zunehmend durch. Folglich müssen die gängigen Unternehmensanwendungen auch auf diesen Geräten zur Verfügung stehen. Ob und unter welchen Voraussetzungen mobile BI-Anwendungen praxistauglich sind, hat Trivadis an einem Prototyp untersucht.
Spezielle MobilAnforderungen
Nicht jede Anwendung eignet sich für die mobile Nutzung. CAD-Software wäre zum Beispiel kein geeigneter Kandidat für eine Tablet-Version, für die Erstellung komplexer Modelle sind die mobilen Bildschirme schlicht zu klein. Dagegen eignen sich Anwendungen, die Informationen lediglich präsentieren, sehr gut. Dies gilt insbesondere für Business-Intelligence-Systeme, die KPIs, Tendenzen und andere Fakten darstellen und als Entscheidungsgrundlage aufbereiten. Denn gerade Entscheider sind in der Regel viel mobil unterwegs. Im Allgemeinen werden Mobile Devices hauptsächlich dazu genutzt, sich schnell einen Überblick über eine Sachlage zu verschaffen. Arbeiten wie Detailanalysen oder Datenexporte bleiben weiterhin vorzugsweise den Desktop-Varianten der Software vorbehalten. Mobile BI-Lösungen müssen daher vor allem in drei Bereichen spezielle Anforderungen erfüllen: bei der einfachen Bedienung, bei der Darstellung und punkto Sicherheit. Hauptaufgabe der mobilen Geräte ist es, geschäftliche Kennzahlen transparent und übersichtlich darzustellen. So aufbereitet, dienen die Daten als Diskussionsgrundlage bei Gesprächen oder bei Kundenpräsentationen. Vor allem für Letzteres spielt das Präsentieren der Daten eine grosse Rolle. Die wichtigsten Anforderungen an das Layout sind Übersichtlichkeit, Farbkontrast und Eindeutigkeit. Dies gilt insbesondere für das Report-Layout. Farbkontraste kommen beispielsweise auf einem schwarzen Hintergrund besser zur Geltung als auf einem weissen. Für die Anzeige der Daten eignen sich vor allem Diagramme. Sie lassen sich mit Animationen optisch aufwerten und sollten möglichst viele Funktionen beinhalten. Dazu zählen beispielsweise Drill-Down-Menüs auf Hierarchieebenen oder das Aufklappen von Hierarchien in Tabellen, um Daten in einer feineren Detaillierung darzustellen. Eine weitere Möglichkeit ist das Animieren von Diagrammen über Slider, um zum Beispiel die Veränderungen der Daten über einer Zeitachse zu zeigen. Sicherheitsaspekte nehmen im Rahmen der mobilen Nutzung eine besonders wichtige Stellung ein. Die Daten auf mobilen Geräten sind grossen Gefahren ausgesetzt, da die Geräte leichter entwendet werden können. Hier sind zwei Aspekte zu beachten: einerseits die Sicherheit während der Kommunikation und andererseits der Zugriff auf die im Gerät selbst gespeicherten Daten. Auf der nächsten Seite: Der Praxis-Check.
Der Praxis-Check
In der Praxis zeigt sich, dass mobile BI für Tablets und Smartphones heute bedingt einsetzbar ist. Die Erfahrungen aus der Umsetzung eines Prototyps (siehe Textbox rechts) verdeutlichen beispielhaft das aktuelle Angebot von BI-Standardsystemen. Die Anbieter liefern entsprechende Mobile-Apps zusammen mit ihrer konventionellen BI-Software aus. Diese Apps haben bei näherer Betrachtung meist eingeschränkte Darstellungsmöglichkeiten im Vergleich zur Browser-Darstellung. Animationen können zum Beispiel nicht auf allen mobilen Geräten ausgeführt werden, da HTML5 nicht von allen Anbietern unterstützt wird. Als Alternative zu Animationen stehen standardmässige Objekte wie Drop-Down-Menüs anstelle einer Slider-Bar zur Verfügung. Ein Drop-Down-Menü stellt Ausprägungen (eine Jahreszahl) einer Dimension (alle Jahre) dar. Eine Slider-Bar zeigt dagegen die Gesamtheit aller Jahre an. Mit einem Schieberegler kann ein gewünschtes Jahr direkt angewählt werden, um die entsprechenden Werte anzeigen zu lassen. Standardmässige Objekte erlauben zudem das Anwählen eines einzelnen Balkens innerhalb eines Diagramms. Mithilfe eines eingeblendeten Buttons lässt sich eine weitere Detaillierung innerhalb dieses Balkens darstellen. Somit kann diese Hauptfunktion, die aus Desktop-BI-Systemen bekannt ist, auch mobil genutzt werden.
Was noch fehlt
Obwohl man eher das Gegenteil erwarten würde, sind mobile Geräte im Gegensatz zu den meisten stationären Computern nicht immer online. Das bedeutet, dass die lokale Speicherung von Daten wesentlich für den flexiblen Einsatz dieser Devices im Unternehmensumfeld ist. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Sicherheit der Kommunikation und die Speicherung von Daten auf dem Gerät. Eine sichere Kommunikation sollte in absehbarer Zeit gewährleistet sein
und ist mit entsprechenden Mechanismen teilweise jetzt schon möglich. Die Konzepte zur Gewährleistung der Sicherheit bei der Speicherung und allfälligen Fernsteuerung der Daten auf dem mobilen Gerät stecken jedoch noch in den Kinderschuhen. Hier sind neue Lösungen für das Löschen und Sperren von entwendeten Geräten gefragt. Der Einsatz von mobilen Geräten als Präsentationsinstrument erfordert zudem animierte Diagramme, Drill-Down-Funktionen und innovative Cockpit-Layouts. Auf der nächsten Seite: Tipps für gute BI-Anwendungen und Fazit.
und ist mit entsprechenden Mechanismen teilweise jetzt schon möglich. Die Konzepte zur Gewährleistung der Sicherheit bei der Speicherung und allfälligen Fernsteuerung der Daten auf dem mobilen Gerät stecken jedoch noch in den Kinderschuhen. Hier sind neue Lösungen für das Löschen und Sperren von entwendeten Geräten gefragt. Der Einsatz von mobilen Geräten als Präsentationsinstrument erfordert zudem animierte Diagramme, Drill-Down-Funktionen und innovative Cockpit-Layouts. Auf der nächsten Seite: Tipps für gute BI-Anwendungen und Fazit.
Tipps aus der Trickkiste
Wer bereits heute eine mobile BI-Anwendung bereitstellen will, ist gut beraten, die folgenden Punkte zu beachten:
- Tabellen sind meist zu detailliert für ein Smartphone und können nicht adäquat dargestellt werden. Diagramme eignen sich dagegen hervorragend dazu, dem User die erforderliche Übersicht zu liefern.
- Für eine eindeutige Darstellung der Farben empfiehlt sich ein dunkler Hintergrund. Zudem sollte der Kontrast möglichst hoch sein.
- Meist reicht das Anzeigen der obersten Hierarchieebene.
- Die Texte innerhalb der Anwendung sollten generell möglichst kurz und prägnant sein.
- Report-Applikationen sollten Cockpit-Charakter haben anstatt KPIs detailliert darstellen. Interaktivität, Übersicht und ein tolles Design sind hier Trumpf.
In diesen Punkten unterscheiden sich mobile BI-Anwendungen gegenwärtig noch sehr deutlich vom Anspruch eines unternehmensweit standardisierten Berichtswesens.
Fazit: Noch Potenzial
Die schnelle Verbreitung mobiler Geräte hat die Anbieter von Standard-Software überrollt. Noch können nicht alle Anforderungen an diese Technologie erfüllt werden. So werden zum Beispiel animierte Charts nicht immer unterstützt. Gerade das erwarten die Kunden jedoch. Wenn die mobilen Geräte für Präsentationen und als Diskussionsgrundlage verwendet werden sollen, sind hier noch weitere Verbesserungen nötig. Auch sind nicht alle Cockpit-Layouts in der Praxis sinnvoll einsetzbar und viele wünschenswerte Funktionen für eine verständliche Managementkommunikation nicht verfügbar. Ausserdem ist die Sicherheit auf diesen Geräten ein massgebendes Kriterium: Es ist genau zu überlegen, welche Daten auf den Geräten gespeichert werden und auch der Einsatz von innovativen Sicherheitslösungen sollte erwogen werden. Derzeit ist die Umsetzung eines modernen mobilen BI-Systems nur als Kombination von Standard-Software und Individualentwicklung denkbar. In absehbarer Zukunft könnte sich dies allerdings ändern.
Test: Oracle-Prototyp
Trivadis hat den Stand der Technik von mobile BI und mögliche Umsetzungen der Anforderungen im Rahmen eines funktionalen Prototyps geprüft. Als Tablets setzten die IT-Spezialisten iPad-2-Geräte mit der Mobile-iOS-Version 5.1.1 und dem App Oracle Business Intelligence HD Version 11.1.1.6.2.1140 ein. Eine Oracle DB Version 11.2.1 diente als Datenquelle. Als Business-Intelligence-System kam Oracle BI Enterprise Edition (OBIEE) Version 11.1.1.6.2 zum Einsatz. Ziel war die Erzeugung und Darstellung von Reports für die Entwicklung von Finanzkennzahlen und Tendenzen.