Case Study 27.06.2012, 14:50 Uhr

Mobile-Banking-Portal der PostFinance

Für ihr neues mobiles Bankingportal waren der Schweizer PostFinance vor allem zwei Dinge wichtig: Ein geräteunabhängiges System, das zudem flexibel genug für künftige Erweiterungen ist. Die Lösung: eine Multichannel-Plattform.
Glaubt man den Werbeclips der Finanz­institute, dann ist das mobile Erledigen von Bankgeschäften heute bereits Realität: Bankkunden fragen ihren Kontostand an der Bushaltestelle ab oder sitzen im Café und tätigen Überweisungen. Die tatsächliche Verbreitung mobiler Bankdienste ist davon allerdings noch ein gutes Stück entfernt. Aber auch wenn derzeit die Mehrheit ihre Bankgeschäfte am Bankschalter oder am heimischen PC erledigt, so ist der Trend zu mobilen Lösungen doch unverkennbar. Je mehr die mobilen Geräte zu einem Massenphänomen werden, je flächendeckender und leistungs­fähiger die Datennetze werden, desto mehr verlagern die Nutzer ihre Onlineaktivitäten ins mobile Web. Das Potenzial ist riesig: Mittlerweile gehen in der Schweiz, Österreich und Deutschland fast 20 Millionen Internetnutzer mit ihrem Mobil­telefon ins Netz. Die Schweiz übertrifft in Mitteleuropa dabei alle anderen Mobilmärkte. Während in Deutschland knapp 30 Prozent der Internetnutzer auch mobil surfen, ist in der Schweiz schon jeder Zweite mit einem mobilen Endgerät online. Die mobile Nutzung beschränkt sich dabei nicht allein auf das beherrschende Thema Kommunikation – 50 Prozent der mobilen User besuchen und verwenden Social Networks –, sondern umfasst nach und nach immer mehr Bereiche des Alltags, sei es das mobile Shopping oder eben das Erledigen der Bank­geschäfte von unterwegs. Wenn also Banken mit mobilen Lösungen aktiv werden, so antizipieren sie nur die sich wandelnden Nutzungsgewohnheiten ihrer Kunden.
Für Finanzdienstleister ist es daher früher oder später unvermeidlich, entsprechende Dienste anzubieten. Die PostFinance, die Finanzdienstleisterin der Schweizerischen Post, hat sich dabei für das Früher entschieden.

Früher Start

Schon im September 2010 stellte die Post­Finance eine erste iPhone-App vor, die rasch grosse Verbreitung fand. Seit Ende 2011 bieten die neuen E-Finance-Apps für iPhones und Android-Geräte zusätzliche Funktionen. Zeitgleich startete die Bank eine mobile Webseite für alle Endgeräte, die nicht mit den Betriebssystemen iOS und Android korrespondieren und für Nutzer, die keine Apps verwenden wollen. Damit ist ein Banking-Portal für alle mobilen Devices verfügbar. Die PostFinance kann so ein sehr breites Spektrum von Devices abdecken. Eine besonders nützliche Funktion der Post­Finance-App ist Scan+Pay, die Direktüberweisungen via Handy unterstützt: Nach dem Login öffnet der Nutzer Scan+Pay, scannt mit der eingebauten Kamera die Codierzeile des Einzahlungsscheins und bestätigt die Zahlungsdetails. Der Bankkunde muss dabei nichts ausfüllen oder eintippen. Die Bezahlungen können in der Höhe des verfügbaren Guthabens oder der vorhandenen Kontolimite erfolgen. (Anm. der Redaktion: Credit Suisse und UBS bieten ihren Kunden inzwischen ebenfalls eine solche Funktion an, unterstützen allerdings nicht alle Devices). Auf der nächsten Seite: Mobiler Proxy als Killer-App.

Multichannel-Plattform

Bei der Realisierung dieser Anwendung wurde die Technologielösung inMotion der adesso mobile solutions GmbH verwendet. Diese konvertiert Inhalte beliebiger und auch unstruk­turierter Quellen in ein beliebiges Ausgabe­format. Dabei ist das Zusammenführen von Informationen aus mehreren Quellen zu einer einheitlichen Ausgabe (Content Aggregation) ebenso wie die Ausgabe eines Inhalts in verschiedene Ausgabekanäle (Multichannel Publishing) möglich.
Wichtig war für die PostFinance insbesondere, dass sich sowohl zukünftige Erweiterungskosten als auch laufende Betriebskosten durch den Einsatz einer Multichannel-Plattform als Standardlösung möglichst niedrig halten lassen. Das komponentenbasierte Transformations-Framework wurde dabei in die IT-Architektur der PostFinance integriert und übernahm hier die Rolle des mobilen Proxys. Die bereits existierenden HTML-Seiten dienen als Content-Quelle. Dadurch wird die Administration aller Prozesse und Funktionalitäten stark vereinfacht. Über die im mobilen Proxy hinterlegten Device Templates werden die klientenspezifischen Transformationen vorgenommen und die Inhalte jeweils im gewünschten Ausgabeformat ausgeliefert. Der integrierte Device-Detector identifiziert dabei das anfragende Endgerät anhand von bis zu 500 verschiedenen Attributen wie Bildschirm­auflösung, Script-Unterstützung oder Touchscreen und bereitet den Inhalt automatisch entsprechend auf. Neue Endgeräte spricht die Lösung über denselben Modus an, dadurch wird die Anwendung gerätetypunabhängig. So ist die Entkopplung von den Spezifikationen der Mobilgeräte ebenso sichergestellt wie eine einheitliche Darstellung. Eine Browserweiche sorgt für die automatische Umleitung aller mobilen Klienten bei Aufruf der herkömmlichen Desktop-Banking-URL auf die mobile Version. Auf der nächsten Seite: Parallele native App-Entwicklung. Die Entwicklung der PostFinance-Apps für die Plattformen iOS und Android erfolgt parallel zur Entwicklung der mobilen Browserversion. Daten und Prozesse des Mobile Banking werden für die Apps durch das inMotion-Framework generiert. Änderungen wie das Anbinden neuer Content-Quellen, das Hinzufügen neuer Funktionen oder das Ändern des Layouts können schnell und ohne grossen Aufwand vorgenommen werden. Für die Betriebssysteme Apple iOS und Android werden in den Applikationen die Servicebereiche Vermögen, Zahlungen, Verwaltung und allgemeine Services angeboten.

Teamarbeit

Für das gesamte Projekt wurden Teams der PostFinance aus der Applikationsentwicklung, dem Betrieb und dem Produktmanagement sowie die Teams der Implementierungspartner in die Entwicklung der Lösung eingebunden. Damit fand auch ein Know-how-Transfer statt, der auf fachlichen und technologischen Schulungen aufbaute und sich im Weiteren auch über die gesamte praktische Realisierung erstreckte. Die PostFinance hat damit eine zukunfts­sichere Lösung für das Mobile Banking ent­wickelt und implementiert, die den hohen Anforderungen von mehr als 200'000 Nutzern und mehreren Millionen jährlichen Zahlungsvorgängen gerecht werden kann. *Der Autor ist als Fachjournalist u.a. für adesso tätig.


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