Citrix' Trick
26.06.2012, 20:00 Uhr
Enduser-Cloud für jedermann
Strategisch geschickt setzt Citrix, anders als Microsoft und VMware, auf die 'personal Cloud' der Endanwender. Dem Bottom-up-Entwurf bescheinigt Gartner grosses Potenzial.
Citrix ist bekannt für seine Desktop-Virtualisierungslösungen, aber weniger als Cloud-Anbieter. Auf der TechEx in München präsentierte das Unternehmen deshalb seine Cloud-Strategie und kündigte neue Cloud-Management-Lösungen an. Das Attraktive daran: der berüchtigte Vendor Lock-in fällt aus, Citrix unterstützt gängige Anbieter, und verfolgt diesen offenen Ansatz so konsequent wie kaum ein Mitbewerber. Mit einem bunten Strauss an Cloud-Lösungen für Endanwender besetzt das Unternehmen zudem einen Markt mit Zukunftspotenzial. Zuerst Strategisches: In der Tradition seiner freien Xen-Produktreihe - also XenDesktop, XenServer und XenApp - hat Citrix nun auch den «CloudStack» bei der Apache Foundation als Open-Source eingereicht. Die Orchestrierungs-Software CloudStack bindet HyperVisor wie VMwares ESX, Microsofts Hyper-V, den eigenen XenServer, den virtuellen Linux-X86-Server KVM und Oracle VM an. Vendor Lock-in sieht anders aus.
TechEx: Produkt-Neuheiten
Stolz ist Citrix auf sein Cloud Gateway, eine Management-Konsole für mobile Apps, Cloud-Dienste wie Software-as-a-Service (SaaS) und Windows-Applikationen ? alles unter einem Dach. Aus Sicherheitsgründen laufen alle Anwendungen in sogenannten Sandboxen, also gekapselt. Release 2 des Gateways unterstützt unter anderem natives HTML 5, iOS, Android, Single-sign-on und soll im Juli dieses Jahres auf den Markt kommen. Ebenfalls für Juli kündigte der Software-Hersteller die CloudBridge 2 an, die IPsec-gesichert mehrere Rechenzentren (RZ) über einen OSI-Layer-2-Tunnel miteinander verbindet, und damit auch RZ-übergreifende (private) Clouds ermöglicht. Die Hauptneuheit des CloudGateway 2: ein Self-Services-Katalog für Endanwender. Die Beschaffungszeiten verkürzen sich dadurch erheblich. Für die Vermessung und Abrechnung der derart orchestrierten Services ist das Cloud-Portal zuständig, ein wichtiges Stück Software, das aber vorerst in der alten Version erhalten bleibt. Die wichtigsten Funktionalitäten des Portals sind: Billing & Metering, Account-Management, CRM- und Support-Ticketvergabe, Sharepoint-/Exchange-Anbindung. Auf der nächsten Seite: Persönliche Cloud für End-User.
Persönliche Cloud für End-User
"VMware, Microsoft und Open-Source werden die drei grossen Cloud-Anbieter der Zukunft sein", sagt Olivier Maes, Senior Director Cloud Platform Infrastructure bei Citrix. Mit Open-Source meint Citrix - obwohl es auch noch Open-Source-Anbieter wie Red Hat gibt - natürlich vor allem sich selbst. Gartner sieht fr Citrix grosses Potenzial auf dem Markt der Cloud-Services-Anbieter, weil dort Xen sehr verbreitet sei. Allerdings warnen die Gartner-Analysten gleichzeitig vor übertriebener Euphorie, denn Citrix stehe punkto Open-Source, nun ja, in starker Konkurrenz zu Red Hat. Markterfolg ist oft auch eine Frage der Philosophie, dass heisst wie man als Unternehmen den Markt wahrnimmt. Die Cloud sei kein Top-Down-Entwurf, sondern fange bei den Usern an, betont Oliver Maes und spricht von der "personal cloud" der Endanwender. Mit diesem Ansatz unterscheidet sich Citrix signifikant etwa vom Cloud-Infrastruktur- und Virtualisierungsanbieter VMware, gleichzeitig der Hauptkonkurrent. Zu den End-User-Lösungen, die Citrix auf den Markt gebracht hat, zählen: die Document-Sharing-Lösung Sharefile über alle Devices (Follow-Me-Data), Collaboration aus der Cloud (von der akquirierten Podio), GoToMeeting (auch für iPad) mit Video-Konferenzsystem oder das Mobility Pack für (mobile) Windows-Applikationen. Eine geschickte Strategie, mit der das Unternehmen dem Wettbewerb Marktanteile abspenstig machen kann.
Umsatz & Strategie
Allerdings: Zwar steht die Xen-Produktreihe wie eine feste Bank, aufseiten der End-User-Apps ist eine klare, strategische Linie jedoch noch nicht erkennbar. Citrix sei im Akquisemodus, und das werde auch so weitergehen, sagte Peter Goldbrunner, Director Channel Sales, im Interview mit CW. Wir adressieren die Fachabteilungen und die Endanwender, so Goldbrunner weiter. Citrix online erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2011 weltweit einen Umsatzanteil von 20 Prozent. Den Hauptbatzen des Umsatzes machen zwar mit 58 Prozent XenDesktop/XenServer aus. Mittelfristig, so Goldbrunner, sollen die Produkte der Citrix-online-Welt jedoch in das Enterprise-Angebot integriert werden, sodass ein einheitliches, aufeinander abgestimmtes Lösungsportfolio entsteht.