ZHAW
17.08.2012, 10:30 Uhr
Mit BPMN in die Zukunft
Die Zürcher Fachhochschule ZHAW wechselt bei der Beschreibung ihrer Geschäftsprozesse von einem herkömmlichen Flussdiagrammsystem auf die Spezifikationssprache BPMN und schafft damit die Voraussetzung für transparente Prozesse.
Der Autor ist Schweizer Niederlassungsleiter der Press'n'Relations in Zürich. Der Beitrag entstand im Auftrag der Soreco.
Die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) ist 2007 aus der Fusion von vier Hochschulen entstanden und unter anderem auch deshalb in den letzten Jahren stark gewachsen. Studierten im Jahr 1998 noch 1800 Personen an der Fachhochschule, so sind es aktuell 9700, hinzu kommen über 4000 Teilnehmende im Bereich Weiterbildung. Damit ist die ZHAW mit ihren acht Departementen an den drei Standorten Winterthur, Wädenswil und Zürich heute eine der grössten Mehrspartenfachhochschulen der Schweiz. Für das Jahr 2016 rechnet die Hochschule mit rund 12000 Studierenden.
Die ZHAW verfügte bisher über ein sogenanntes Schulführungssystem, mit dem unter Zuhilfenahme herkömmlicher Flussdiagramme die departements-übergreifenden Prozessen modelliert, dokumentiert und publiziert wurden. Die verschiedenen Abteilungen nutzten diese Plattform unterschiedlich intensiv, weshalb heute vor allem hochschulweite Prozesse und Hilfsmittel darauf zu finden sind. Einzelne Departemente nutzten die Plattform stärker und entwickelten zum Teil eine eigene Systematik.
Um für die Zukunft gerüstet zu sein und endlich auch von einem hochschulweiten und koordinierten Prozessmanagement profitieren zu können, leitete die ZHAW eine Erneuerung des Geschäftsprozessmanagements in die Wege.
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Wechsel auf BPMN 2.0
Einer der Hauptgründe für die Neubeschaffung lag in der notwendig werdenden Umstellung der Prozessdarstellung auf Business Process Model and Notation (BPMN Version 2.0), eine grafische Spezifikationssprache für Geschäftsprozesse und Arbeitsabläufe, die ihrerseits neue Anforderungen an eine unterstützende Software-Lösung stellt. Mittels einer gemeinsamen Lösung sollten ZHAW-weite Prozessabläufe, ein standardisiertes Vorgehen, ein uniformer Zugriff auf Prozessinformationen sowie eine vereinheitlichte Dokumentation erreicht werden.
Da das nationale eGovernment-Standardisierungsgremium eCH (eGovernment Strategie Schweiz) BPMN 2.0 als Standard definiert hat, lag dessen Wahl für den Generalsekretär der ZHAW, Professor Matthias Elmer, klar auf der Hand: «Wir sind ständig mit Bund und Kantonen in Kontakt. Damit ein künftiger Datenaustausch über eGovernment-Prozesse abgewickelt werden kann, muss unser System zwangsläufig dieselbe Sprache wie das unserer Partner auf Verwaltungsebene sprechen», erklärt er. Man komme, so Elmer, aber auch aufgrund der Wirtschaftlichkeit nicht darum herum, gewisse Abläufe von Massengeschäften systemunterstützt zu gestalten. Als Beispiel dafür nennt er die Rechnungsstellung an die Studierenden oder die Leistungsvereinbarungen mit Dozierenden. Sowohl die Erfüllung der BPMN-Standards als auch die Möglichkeit zur späteren Integration und Umsetzung von automatisierten Workflows waren damit die wichtigsten Voraussetzungen an die neu zu beschaffende Geschäftsprozess-Management-Lösung. Die Wahl fiel nach einem mehrstufigen Auswahlverfahren auf die Module Modeller und Publish der BPM-Suite Xpert.ivy des Schwerzenbacher Software-Hauses Soreco.
Sprachregelung definieren
Die Umsetzung des Projekts begann im April dieses Jahres. Als Erstes mussten die Konzepte und Konventionen der Notation erarbeitet werden. Dabei wurde festgelegt, mit welchem Set der durch die BPMN bereitgestellten Vielfalt an Symbolen gearbeitet wird. «Aus dem ganzen Set wurde lediglich ein kleiner Teil an Symbolen definiert, wobei es sich vor allem um administrative und nicht um technische Elemente handelt, die für uns infrage kommen», so Elmer. Der Vorteil der Notation sei es, dass mit der vereinheitlichten Vorgehensweise der Anschluss an die Vorgaben von eGovernment gewährleistet werde. Und dass darüber hinaus auch die acht Departemente, Rektorat, Finanzen und Services sowie Ressorts und deren Querschnittsfunktionen die gleichen, ZHAW-weiten Prozessvoraussetzungen besitzen werden. Dazu mussten Standards festgelegt werden, damit neben den bereichsspezifischen auch alle ZHAW-weiten Prozesse besser zu steuern sind. Die Definition der einzelnen Prozesssymbole geschah durch Soreco-Berater in enger Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden in den Bereichen.
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Rollen, Pilotversuch und Schulung
Gleichzeitig mussten Organisationskonzepte aufgesetzt werden, um die Rollen der verantwortlichen Personen zu definieren. Diese regeln die inhaltlichen und formalen Aufgaben der verschiedenen Rollen. So tragen zum Beispiel die Hauptprozesseigner die Verantwortung, dass die Geschäftsprozesse gemeinsam mit den Teams abgestimmt, definiert und auch gelebt werden. Um die Praxistauglichkeit zu testen, wurden in einem Pilot die Software-Module auf einer durch Soreco betriebenen SaaS-Plattform (Software as a Service) installiert und erste Benutzertests durchgeführt. Dazu wurden einige Modellprozesse abgebildet und auf ihre Einsatzfähigkeit geprüft.
Weiter müssen die Prozesseigner entsprechend in der Notation geschult werden, damit sie befähigt sind, die Prozesse zu lesen und zu beschreiben. Die auf Papier definierten Abläufe werden schliesslich von Editoren, die ihrerseits in der Tiefe mit dem System vertraut sein müssen, in Xpert.ivy umgesetzt. Nach erfolgreichem Abschluss des Pilots wird die flächendeckende Ausbreitung der Plattform über die gesamte Fachhochschule vorgenommen. Gleichzeitig werden die Benutzer (Editoren) auf das für die Hochschule angepasste System geschult. Geplant ist, dass Anfang Oktober die Umsetzung soweit fortgeschritten ist, dass in den verschiedenen Departementen mit der Erfassung der Prozesse begonnen werden kann.
Transparenz, Sicherheit und Wissen
Der Vorteil der neuen Lösung liegt gemäss Elmer darin, dass jederzeit ersichtlich ist, welche Rolle auf Hochschul- oder Departementsebene innerhalb eines Prozesses betroffen ist. Während die inhaltliche Prüfung von Prozessschritten weiterhin von Hand erfolgen wird, schaffe die Beschreibung der Prozesse mittels der neuen Notation sowohl Transparenz (ich weiss, wo ich stehe und was mein Beitrag ist) als auch Sicherheit (ich weiss, welches meine Dokumente sind, die ich brauche). Zudem stelle das neue System die Bewahrung von Wissen sicher, weil die Prozesse dokumentiert und nachvollziehbar sind.
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Das Ziel: Workflow-Automatisierung
Der Hauptgrund für die Umstellung auf die neue Software-Lösung: Der Wechsel auf die Spezifikationssprache BPMN wird der ZHAW über die eGovernment-Fähigkeit hinaus weitere Möglichkeiten eröffnen. So werden unter Einsatz von weiteren Tools Arbeitsabläufe nicht nur dargestellt und mit den auf einer ECM-Plattform (Enterprise Content Management) abgelegten Dokumenten verlinkt, sondern Workflows auch automatisiert werden können. Während heute, beispielsweise bei Leistungsvereinbarungen mit wissenschaftlichen Mitarbeitenden und Dozierenden, Links zu Formularen für die Jahresplanung per Mail verschickt werden und die Freigabe manuell ausgelöst wird, sollen solche Abläufe künftig systemunterstützt ausgeführt werden. Dies, indem etwa alle Meldungen und Rückmeldungen zur Freigabe von Prozessschritten im Hintergrund automatisch ausgeführt werden. Diese vorausschauende Betrachtung bei der Beschaffung der neuen Lösung war ein wichtiger Grund, weshalb man sich für Xpert.ivy entschieden hat, verfügt doch die BPM-Suite über Tools zur Workflow-Automatisierung, die sich nahtlos in die bestehenden Werkzeuge integrieren lassen.
Das Projekt
Projektdauer: 12 Monate
Eingesetzte Software: Xpert.ivy Modeller und Xypert.ivy Publish von Soreco
Abgelöste Software: Schulführungssystem SCODi 4P
Systemlandschaft: Microsoft Windows 7 und XP, Mac OS, Windows Server 2008, Webserver IIS 2007, MS-SQL Server 2008, Schnittstelle für die Anbindung der Webservices der ZHAW.