28.11.2011, 07:12 Uhr
BI – ohne Flexibilität kein Gewinn
Business Intelligence kann nur dann wirklich helfen, wenn sie auf die richtigen Daten zugreift und auch neue Fragestellungen schnell beantwortet. Swisscom und eBay haben dies erfolgreich umgesetzt.
Gute Business Intelligence (BI) überzeugt durch nützliche Entscheidungshilfen. Im Gegenzug verlieren die Tools schnell an Akzeptanz, wenn sie die Businessfragen der Anwender nicht wirklich beantworten. Das kann mehrere Ursachen haben: eine mangelhafte Datenbasis, ein radikal veränderter Informationsbedarf, aber auch eine schwierige Verständigung zwischen den Fachabteilungen und der hauseigenen IT. Beide Seiten müssen deshalb organisatorisch enger verzahnt werden. Ein leistungsfähiges Enterprise Data Warehouse schafft zudem die Grundlage, auf der sich die Business Intelligence elegant weiterentwickeln lässt. Werden BI-Tools von den Mitarbeitern weniger als erwartet genutzt, stellt man oft zuerst die Bedienerfreundlichkeit der Frontends infrage: Erschliessen sich dem Nutzer die Oberflächen, sind sie ergonomisch? Berechtigte Fragen, doch sollten diese nicht den Blick verengen, denn die Ursache für die fehlende Begeisterung liegt häufig ganz woanders. Wenn nämlich die verfügbaren Tools den tatsächlichen Informationsbedarf gar nicht befriedigen, dann verlassen sich die Mitarbeiter mangels Alternative auf ihre herkömmlichen Entscheidungsgrundlagen – auch wenn diese nur sehr begrenzte Einsichten erlauben, geschweige denn die Handlungsoptionen erweitern.
Worauf es dabei ankommt, lässt sich sehr anschaulich anhand des Lieferkettenmanagements zeigen. Hier sollen die benötigten Waren oder Bauteile zwischen zahlreichen Start- und Zielorten mit möglichst geringem Aufwand termingerecht bewegt werden. Eine komplexe Aufgabe, bei der sich der Ressourceneinsatz mit der passenden Business Intelligence erheblich optimieren lässt. Das setzt aber voraus, dass die verfügbare Datenbasis die tatsächlichen Prozesse auch detailgetreu abbildet. Lassen sich beispielsweise auf einer Route regelmässig anfallende Extratouren in den verwendeten Datenmodellen nicht als solche ausweisen, sondern nur der planmässigen Lieferung zuschreiben, bleiben sie dem System dauerhaft verborgen. Die Folge: Die Routenplaner können den analytischen Fähigkeiten ihres Tools nicht im vollen Umfang vertrauen und halten deshalb teure Einsatzreserven bereit. Neben mangelnder Detailtreue führen auch inkonsistente Daten dazu, dass vorhandene Werkzeuge ineffektiv bleiben. Werden etwa in zwei Lagern die Bestände in unterschiedlichen Perioden erfasst, kann ein und dasselbe Objekt in beiden Lagern gemeldet sein. Fliessen solche Daten ohne weitere Aufbereitung in Analysen ein, erhält man schnell widersprüchliche Ergebnisse. Nicht zuletzt entscheidet auch die Schnelligkeit über den tatsächlichen Wert von Entscheidungshilfen: Ein Kurierdienst etwa muss seine Routenplanung an neu eingehende Lieferaufträge sofort anpassen. Eine mangelnde Datenaktualität und zu lange Response-Zeiten würden hier die Nutzung der intelligenten Systeme unterminieren und damit auch den optimalen Ressourceneinsatz.
Getrennte Welten vereinen
Technisch lassen sich die oben genannten Anforderungen durchaus erfüllen. Doch zu guter Letzt ist es die organisatorische und kommunikative Herausforderung, die über den Erfolg entscheidet. Denn Anwender und IT müssen gemeinsame Ziele formulieren – obwohl sie oft gegensätzliche Mentalitäten und Interessen haben. Die Anwender kennen ihr Geschäft, haben aber oft nur eine vage Vorstellung, wie ein geeignetes BI-Tool beschaffen sein müsste. Die Entwickler hingegen erwarten ein Pflichtenheft mit fest definierten Vorgaben, an die sie sich halten können. Die IT wiederum ist aus Effizienz- und Managementgründen auf eine möglichst einheitliche Umgebung bedacht und erlässt entsprechende Vorgaben. Die Fachabteilungen fühlen sich dann schnell eingeengt, weil sie ihren Informationsbedarf ständig überprüfen müssen. Im schlimmsten Fall führen allzu starre Vorgaben zu einem teuren Wildwuchs dezentraler Systeme – was die IT ja gerade vermeiden wollte. Es kommt deshalb gleichermassen auf ein geeignetes datentechnisches Fundament wie auf eine passende Organisationsstruktur an. Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie Swisscom und eBay diese Anforderungen gemeistert haben.
Beispiel Swisscom
Das hat zum Beispiel die Swisscom erfolgreich vorgemacht, als sie Festnetz-, Mobil- und Datendienste kombiniert zu vertreiben begann. Um ihre Kombi-Pakete gezielt und profitabel anbieten zu können, war eine übergreifende Sicht auf die Kunden, Produkte und Prozesse nötig – auch auf die bis dahin selbstständig operierende, nun aber wieder eingegliederte Mobilfunktochter. Folglich reorganisierte die Swisscom ihre BI und konsolidierte ihre acht SAP-BW-Plattformen sowie sechs Data Warehouses in einer einheitlichen Datenbasis. Der Telekomkonzern baute zu diesem Zweck eine bestehende Teradata-Plattform aus, die aufgrund ihrer massivparallelen Prozessorarchitektur auch bei extrem steigenden Datenmengen eine stabile Performance garantiert. Um den Anwendern gerecht zu werden, erkundeten interdisziplinär besetzte Teams den Informationsbedarf der Abteilungen, während ein Governance-Team aus erfahrenen IT-Architekten die letzten Entscheidungen traf. Zwischen diesen und den Teams, die das Projekt durchführten, entspann sich ein rekursiver Prozess aus Entwicklung und Feedback. Im Endeffekt konnte Swisscom nicht nur die Betriebskosten um 40 Prozent senken, sondern auch neue Analysen durchführen, um die Nachfrage und Profitabilität hybrider Produkte zu kalkulieren – eine erfolgreiche Fortentwicklung der BI. Da ein Grossteil der Daten zentral verfügbar ist, lassen sich neue Analysen viel schneller als bei der früheren verstreuten Datenhaltung realisieren.
Beispiel eBay
Die Entwicklung neuer BI-Tools dauert normalerweise ein bis zwei Jahre. Schnelle Veränderungen beim Informationsbedarf stellen die Unternehmen aber vor immer grössere Herausforderungen. Im Fall von eBay muss es besonders schnell gehen, denn der Wissensvorsprung vor Wettbewerbern ist für die Agilität und den Markterfolg des Unternehmens entscheidend. Das Internetauktionshaus verfügt über das grösste kommerziell genutzte Enterprise Data Warehouse (EDW) der Welt, dessen Datenschatz sich immer wieder in neue, wertvolle Informationen ummünzen lässt. Dafür hat eBay den Fachabteilungen ein bis zwei Entwickler zugeordnet, die direkt im EDW virtuelle Data Marts als Testumgebungen einrichten können. Aus aktuellen geschäftlichen Fragestellungen entwerfen diese dann Prototypen neuer Analyse-Tools und verwenden für deren Tests die originalen Unternehmensdaten. Nach 90 Tagen wird der virtuelle Data Mart entweder gelöscht oder der Prototyp anstelle eines Pflichtenhefts der IT überstellt. Durch dieses «Sandboxing»-Verfahren hat eBay die Entwicklungszeit auf etwa sechs Wochen verkürzt – ein gewaltiger Zugewinn an analytischer Flexibilität. Da alles auf der zentralen Datenplattform läuft, ist zugleich jeglicher Wildwuchs von vornherein ausgeschlossen.
Lohnender Ansatz: BICC
Da sich der Informationsbedarf laufend wandelt, ist es sinnvoll, einschlägige Teams dauerhaft zu etablieren. Ein Ansatz dafür ist ein Business Intelligence Competence Center (BICC), wie es einige Unternehmen bereits eingerichtet haben. Es soll als Brücke zur IT dienen, indem es die Fachabteilungen bei der Tool-Nutzung und bei der Definition des Wissensbedarfs berät sowie Best-Practice-Beispiele im ganzen Haus bekannt macht. Der permanente Fortschritt in der BI hat damit seinen eigenen Treiber. Kombiniert mit einem entwicklungsfähigen Data Warehouse ergibt dies beste Bedingungen für die Entwicklung von Entscheidungshilfen, die sich im Geschäftsalltag bewähren. Andreas Geissler ist Vice President Central Europe von Teradata