Rechenzentren 28.02.2014, 08:45 Uhr

5 Schritte zur Stromreduktion

Zwei Drittel aller Schweizer Datacenter haben Nachholbedarf bei der Energieeffizienz. Dieser Fachbeitrag zeigt, wo angesetzt werden kann.
Von mehr Effizienz könnten zwei Drittel aller Schweizer Datacenter profitieren
Der Autor ist Vice President IT & Power Consultation Business bei Schneider Electric Schweiz. Die Spezialistin für RZ-Infrastruktur zählt zu den Gründungsmitgliedern von «The Green Grid». Stolze 500 Terawattstunden Strom will die EU pro Jahr mit effizienteren Rechenzentren bis ins Jahr 2030 sparen. Dies entspricht mehr als dem siebenfachen jährlichen Gesamtstromverbrauch der Schweiz. Die Regulierung betrifft vorerst die IT-Hardware. Parallel dazu soll in den nächsten Jahren eine Norm für die Power Usage Effectiveness (PUE) erarbeitet werden. Die PUE hat sich zur weltweit akzeptierten Methode entwickelt, mit der Betreiber von Rechenzentren die Energieeffizienz ihrer Infrastruktur messen und verbessern können. Vorangetrieben wird die gross angelegte Effizienzinitiative vom unabhängigen internationalen Konsortium «The Green Grid», das Unternehmen, Behörden und Forschung mit dem Ziel vereint, IT und Rechenzentren ressourceneffizient einzusetzen. In der Schweiz ist die Förderung der Energie­effizienz von Datacentern seit Längerem ein politisches Ziel. Mit dem Programm Pueda (Power Usage Effectiveness in Datacenters) unterstützt das Bundesamt für Energie Effizienz-verbesserungen in bestehenden und neuen Rechenzentren mit je einer Million Franken. Die Förderkampagne läuft noch bis Herbst 2014. Einmal ganz abgesehen von der positiven Umwelt- und Image-Wirkung der «grünen» Datacenter – die Optimierung der Energieeffizienz lohnt sich auch wirtschaftlich –, gibt es doch Rechenzentren, deren Kosten für Strom diejenigen für IT-Hardware übersteigen. Zahlreiche Studien zeigen, dass die Energieeffizienz von Datacentern sehr stark variiert, und zwar auch zwischen vergleichbar ausgelegten Anlagen. Die Hälfte oder mehr des Gesamtstrom­verbrauchs eines Rechenzentrums wird für die RZ-Infrastruktur benötigt. Deshalb liegt hier auch der grösste Hebel, um die Energieeffizienz wirksam zu erhöhen.

PUE als verbindliche Metrik

Die PUE berechnet sich, indem man den gesamten Strombedarf eines Rechenzentrums durch den Strombedarf der IT-Systeme teilt. Zur Netto-IT-Last zählen Server, Storage, Backup, Switches und Router, nicht aber Chiller, Pumpen und ähnliche Infrastrukturanlagen. Da Letztere öfters dazugerechnet werden, resultiert teilweise eine schlechtere PUE, als es tatsächlich der Fall wäre. Je näher der PUE-Wert bei 1 liegt, desto effizienter ist ein Rechenzent­rum. Ältere Rechenzentren haben einen PUE von 2 und mehr. Das heisst, sie brauchen genauso viel Strom für den Betrieb der umgebenden Infrastruktur wie für Server und Netzwerk. Rechenzentren mit integrierter technischer Infrastruktur erreichen PUE-Werte von 1,2 bis 1,3. Lesen Sie auf der nächsten Seite: ohne Messung keine Verbesserung

Ohne Messung keine Verbesserung

Da in einem Rechenzentrum Tausende verschiedener Stromflüsse gleichzeitig statt­finden, ist die PUE-Messung alles andere als einfach. Die PUE lässt sich zudem auf verschiedenen Ebenen erheben. Ein Vergleich mit dem Benzinverbrauch eines Autos veranschaulicht dies: Dort gibt es die Herstellerangabe für den durchschnittlichen Benzinverbrauch in Litern pro 100 Kilometer. Dies entspricht bei einem Rechenzentrum dem Stromverbrauch bei einer IT-Auslastung von beispielsweise 50 und 80 Prozent. Dann gibt es den effektiven Durchschnittsverbrauch eines Autos, etwa über ein Jahr gemessen, sowie den effektiv gemessenen Verbrauch zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt bei einer ganz bestimmten Geschwindigkeit mit einer ganz bestimmten Last – analog auch beim Rechenzentrum. Die Aussagekraft all dieser Angaben variiert stark; am geringsten ist sie bei der situativen Messung. Eine energetische Momentaufnahme, und sei sie noch so präzise, sagt so gut wie gar nichts aus. Für verlässliche Aussagen ist ein mathematisches Effizienzmodell nötig, mit dem die effektive Performance eines Rechenzentrums im Vergleich zu seiner bestmöglichen Performance in einem definierten Zeitraum erhoben werden kann.

5 Schritte zu mehr Energieeffizienz

Im Folgenden sollen die fünf wichtigsten Schritte aufgezeigt werden, mit denen sich die Energieeffizienz der RZ-Infrastruktur erhöhen lässt.
Schritt 1? Datacenter «aufräumen» und Zonen kühlen:
Heterogene Serverlandschaften mit unterschiedlichen Leistungsdichten sind Gift für die Energieeffizienz. Erst mit Density-spezifischen Zonen (von High Density bis Low Density im Connectivity-Bereich) ist eine effi­ziente Kühlung möglich. Der Pod-Ansatz eignet sich besonders gut dafür. Schritt 2? Warm- und Kaltluft komplett trennen: Je grösser die Differenz von Zu- und Abluft im Rechenzentrum, desto effizienter arbeitet die Kühlanlage. Mit dem HAC-System (Hot Aisle Containment) werden die Racks eingehaust und luftdicht abgeschlossen, sodass Warm- und Kaltluft komplett getrennt sind.
Dadurch ist im Vergleich zur herkömmlichen Raumkühlung eine Energieeinsparung von bis zu 30 Prozent möglich. Einen zusätzlichen grossen Einspareffekt bringt das Free Cooling, also die Nutzung der kalten Umgebungsluft für die Kühlung. Da es in der Schweiz bloss an ca. 70 bis 80 Tagen tagsüber wärmer als 23 Grad ist, lässt sich der Stromverbrauch der Kältekompressoren stark reduzieren. Schritt 3? Basistemperatur erhöhen: Viele der gängigen Annahmen zur Hitze- und Feuchtigkeitsempfindlichkeit von IT-Geräten sind jahrzehntealt. Studien von Green Grid zeigen, dass Rechenzentren problemlos bei Tempera­turen von 23 Grad betrieben werden können. Schritt 4? Integriertes Management von IT und Infrastruktur: Beinahe identische Rechenzentren können höchst unterschiedliche Effizienzwerte aufweisen. Der Grund dafür ist oft der Faktor Mensch. So wie der eine sportlich und der andere sparsam Auto fährt, lassen sich auch Datacenter unterschiedlich effizient betreiben. Der Einsatz einer DCIM-Software (Data Center Infrastruktur Management) sorgt dafür, dass die Effizienz stets am Optimum gehalten werden kann. Schritt 5? Metriken etablieren: Spezialisierte Unternehmen unterstützen Datacenter-Betreiber dabei, ihr individuelles Effizienz­modell zu entwickeln und damit ihre PUE dauerhaft unter Kontrolle zu halten. Lesen Sie auf der nächsten Seite: weniger Strom, mehr Leistung

Fazit: Weniger Strom, mehr Leistung

Hocheffiziente Datacenter erlauben nicht nur die Senkung des Stromverbrauchs, sondern ermöglichen zudem eine viel höhere Leistungsdichte (bis zu 30 kWh pro Rack) im Vergleich zu älteren Anlagen. Dadurch lässt sich die Rechenleistung auf derselben Fläche vervielfachen. Ein Drittel der Schweizer Datacenter besitzt schon heute eine hohe Energieeffizienz. Bei den restlichen zwei Dritteln ist grosses Potenzial für die Erhöhung der Energieeffizienz vorhanden.
Effizienz- und Kostenvorteile durch «Podifizierung»
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Dank der weitgehenden Standardisierung bietet der Pod-Ansatz auch kostenmässig grosse Vorteile: Die Betriebskosten liegen deutlich tiefer und die RZ-Leistung lässt sich bedarfs­gerecht und modular ausbauen. Nicht zuletzt sinkt dank des Baukastensystems auch die Zeit für die Inbetriebnahme neuer Einheiten markant.


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