UBS Companion
03.07.2018, 15:02 Uhr
UBS Schweiz virtualisiert den Chefökonomen
UBS testet während des Sommers zwei digitale Avatare für das Wealth Management. Der virtuelle Chefökonom Daniel Kalt vertritt die Hausmeinung, «Fin» kennt den Finanzmarkt.
Der Avatar von UBS-Chefökonom Daniel Kalt kann in die Kundenberatung einbezogen werden
(Quelle: UBS Schweiz)
Die Grossbank UBS testet im Heimmarkt Schweiz zwei Computer-Avatare für das Wealth Management. Die virtuellen Experten sollen den Kundenberater bei der Anlageberatung unterstützen. In einer Versuchsreihe mit 100 freiwilligen Kunden will die Bank die Akzeptanz und den Nutzen der Avatare prüfen, sagte UBS-Projektleiter Matthias Koller an einem Medienanlass am Dienstag in Zürich. Bei dem Projekt handle es sich allerdings lediglich um ein «Experiment». Ein Einsatz in den rund 300 Filialen oder 40 Ländern sei nicht geplant, doppelte Anton Simonet, Leiter Wealth Management Schweiz bei UBS, nach.
Als einen der beiden Avatare hat UBS in Kooperation mit IBM und der neuseeländischen Agentur FaceMe den Schweizer Chefökonomen Daniel Kalt digitalisiert. Kalt wurde fotorealistisch als 3D-Modell gescannt. Der Avatar vertritt in der Beratungssituation die Hausmeinung von UBS Schweiz – wenn es der Kundenberater oder der Kunde wünscht. «Ich absolviere 200 Kundenanlässe pro Jahr. In einigen Fällen gebe ich nur die Hausmeinung wieder», sagte Kalt an dem Anlass. Für ihn sei es vorstellbar, dass ihm der Avatar in Zukunft zumindest einen Teil seiner Arbeit abnimmt.
Der zweite Avatar, «Fin», ist eine rein fiktive Figur in der Gestalt eines Emojis. Er wurde von UBS mit Finanzkennzahlen und Marktdaten gefüttert, die er auf Anfrage wiedergibt oder auch in Charts visualisiert. In der traditionellen Gesprächssituation würde der Kundenberater das iPad oder den Laptop verwenden, um die Informationen abzurufen. Oder dem Kunden würden anschliessend Broschüren zugeschickt. Laut Simonet könnte der Avatar zukünftig am ehesten das iPad oder den Laptop ersetzen. Der menschliche Berater stehe für UBS nicht zur Disposition, betonte er.
Hightech im Beratungszimmer
Die zwei Avatare werden den Kunden auf einem Bildschirm im Beratungszimmer präsentiert. Speziell geschulte Kundenberater rufen die virtuellen Assistenten via einem Trackpad auf dem Beratungstisch oder der Bewegungssteuerung Kinect von Microsoft mit ins Gespräch. Dazu sei eine explizite Einwilligung der Kunden erforderlich, sagte Projektleiter Koller. Auch würden sich die Avatare nur dann zu Wort melden, wenn sie dazu aufgefordert werden.
Während den bis anhin absolvierten circa 20 Kundenberatungen hat UBS bereits erste Erkenntnisse gesammelt. Bei den Kunden sei der Versuch auf positive Resonanz gestossen, sagte Simonet. Allerdings hätten auch einige Vorbehalte wegen der Privatsphäre und dem Schutz ihrer persönlichen Daten.
Die Berater lobten nach den Worten des Leiters Wealth Management Schweiz die Geschwindigkeit der Informationsbeschaffung. Auch sei die Stimme ein gutes Medium für die Kundeninteraktion, da das Gespräch nicht für die Datenbeschaffung unterbrochen werden müsse. In einer Live-Demonstration erwies sich die Spracherkennung allerdings als fehleranfällig: Bei einer Kreditkartenbestellung verstand der Computer «Seat Ibiza» statt «Charity» (für UBS Optimus Foundation Charity Cards).
Im weiteren Verlauf der Versuchsreihe soll der von IBM gelieferte und implementierte Erkennungsalgorithmus stetig verbessert werden, sagte IBMs Deutschland-Chef Matthias Hartmann. Auch wenn bei dem Projekt die Watson Conversion API in der Cloud verwendet wird, blieben alle Kundendaten und auch die UBS-Hausmeinung vertraulich, betonte er. Sie würden weder von IBM noch für andere Bank-Projekte verwendet. Big Blue arbeite auch bei anderen Finanzinstituten mit Avataren und Chatbots, aber eher im Retail Banking, sagte Hartmann auf Anfrage von Computerworld. Mit der Anwendung im Wealth Management sei UBS der Vorreiter weltweit, bestätigte Nick Sololich von FaceMe auf Anfrage.