Reputationsmanagement
15.06.2020, 09:16 Uhr
Was Unternehmen für den guten Ruf tun können
Ein gutes Reputationsmanagement kann für ein besseres Unternehmens-Image sorgen. Ist der Ruf hingegen schlecht, kann das massiv negative Auswirkungen haben.
Ist der Ruf erst einmal ruiniert, lässt er sich im Web nicht mehr so einfach wiederherstellen
(Quelle: 13_Phunket/shutterstock.com)
Anfang dieses Jahres stand die Welt in Stockdorf plötzlich Kopf. Webasto, ein mittelständischer Hersteller von Schiebedächern und Standheizungen für die Automobilindustrie, war ins Zentrum der Krise rund um das Coronavirus geraten, die die Welt immer noch in Atem hält. Am 27. Januar wurde an seinem Hauptsitz in Stockdorf vor den Toren Münchens die erste Infektion mit SARS-CoV-2 (allgemein bekannt als Coronavirus) bei einem der Mitarbeiter des Unternehmens nachgewiesen. Er hatte sich auf einer Fortbildungsveranstaltung bei einer aus China angereisten Kollegin angesteckt. Damit war das Virus offiziell in Deutschland angekommen. Insgesamt infizierten sich in diesen Wochen acht Mitarbeiter von Webasto und vier Angehörige mit dem Virus.
Gegenüber dem Magazin «Spiegel» äusserte sich der Webasto-Chef Holger Engelmann betrübt darüber, «dass die Ängste vieler Menschen dazu führen, dass eine ganze Reihe von Mitarbeitern und deren Angehörige ausgegrenzt werden, obwohl sie nicht zur Risikogruppe gehörten». Webasto war auch das erste Unternehmen in Deutschland, das mit einer vorübergehenden Schliessung des Standorts reagierte und viele Mitarbeiter ins Homeoffice schickte. Den möglichen wirtschaftlichen Schaden durch das Coronavirus konnte Engelmann in den ersten Wochen nach der Erstinfektion noch nicht beziffern. Unklar sind derzeit auch noch die Langzeitauswirkungen auf den Ruf des Unternehmens.
Informationspolitik
Webasto reagierte mit einer offenen Informationspolitik auf die Krise und machte damit vieles richtig. «Wir hatten von Anfang an die Bereitschaft in unserem Unternehmen, offen und transparent zu kommunizieren - intern wie extern», sagte Pressesprecherin Antje Zientek dem «Handelsblatt». Die Krisenkommunikation von Webasto habe dadurch die nötige Glaubwürdigkeit erhalten, schreibt die Wirtschaftszeitung. DAX-Konzerne und andere Grossunternehmen haben in der Regel Richtlinien für Krisen ausgearbeitet und Krisenstäbe vorbereitet. In Stockdorf gab es nichts davon.
“Die Ängste vieler Menschen haben dazu geführt, dass Mitarbeiter und deren Angehörige ausgegrenzt werden, obwohl sie nicht zur Risikogruppe gehörten.„
Holger Engelmann, Vorstandsvorsitzender Webasto
Innerhalb kürzester Zeit richtete das Unternehmen eine Taskforce ein, zu der zwei Dutzend Mitarbeiter aus verschiedenen Abteilungen gehört haben sollen. Man habe sich sehr schnell eine Struktur erarbeitet, erklärte Zientek gegenüber dem «Handelsblatt». Laufend seien neue Pressemitteilungen und Informationen für die Mitarbeiter verfasst und veröffentlicht worden. Teilweise seien mehrere Dutzend Anfragen von Medien innerhalb weniger Stunden eingetroffen, die bearbeitet werden mussten.
Mittlerweile scheint Webasto aus dem Gröbsten heraus zu sein. Bei vielen anderen Unternehmen, die von der Corona-Krise getroffen werden, ist das noch nicht der Fall. Nach Informationen von Heiko Schwarz, Chief Revenue Officer und Mitgründer des Münchner Risikomanagementspezialisten Riskmethods, haben 81 Prozent der produzierenden Unternehmen Versorgungsprobleme in ihren Supply Chains. «Risiken wird es immer geben, seien sie durch Pandemien, Naturkatastrophen oder wirtschaftliche Krisen verursacht. Wichtig ist, vorbereitet zu sein, wenn der Krisenfall eintritt. Je mehr Automation, desto mehr Zeit ist zum proaktiven Handeln», erläutert Schwarz.
Aktive Reputationspflege
Unternehmen, die sich nicht selbst um die Pflege ihres Rufs in schwierigen Zeiten kümmern wollen oder können, greifen auf die Unterstützung spezialisierter Dienstleister zurück. Dafür muss es nicht erst zu einer existenziellen Krise gekommen sein, wie sie Webasto auf sich zukommen sah.
Heutzutage nutzen viele zufriedene - und vor allem unzufriedene - Kunden die Möglichkeit, ihre Meinung zu einem Anbieter auf Portalen und Plattformen im Internet zu äussern. Dabei können dem Reputationsmanagement-Spezialisten Uberall zufolge bereits minimal verbesserte Kundenbewertungen zu «deutlich mehr Kunden führen». Das Unternehmen, das 2013 von Florian Hübner und David Federhen in Berlin gegründet wurde, betreibt inzwischen auch Standorte in Amsterdam, London, Paris, Kapstadt und San Francisco.
Ende 2019 hat Uberall nach eigenen Angaben mehr als 64.000 Google-My-Business-Profile analysiert und die Ergebnisse in der Studie «Reputation Management Revolution» zusammengefasst. Nach Erkenntnissen des Unternehmens reagieren deutsche Firmen bislang nur auf 12 Prozent aller Kundenbewertungen. Dadurch bleibe das Potenzial vielfach ungenutzt, die Reputation des Unternehmens bereits «zu Beginn der Customer Journey» zu stärken.
Unternehmen, die auf 30 Prozent der Kundenbewertungen reagieren, haben laut Uberall eine doppelt so hohe Conversion Rate wie ihre Konkurrenten, die lediglich auf 10 Prozent reagieren. Mit dem Begriff Conversion Rate wird vor allem im Online-Marketing die Umwandlung von einem Status in einen anderen Status gefasst, zum Beispiel die Umwandlung eines Interessenten in einen zahlenden Kunden.
Kunden mitnehmen
«Vielen Unternehmen mit mehreren Standorten fehlt das passende Wissen, wie sie ihre Online-Reputation und -Bewertungen effizient managen. Somit verpassen sie die Chance, neue Kunden auf sich aufmerksam zu machen», betont Norman Rohr, Senior Vice President Marketing bei Uberall. Wer auf jede dritte anstatt nur auf jede zehnte Rezension antworte, könne die Zahl potenzieller Kunden aber fast verdoppeln. Unternehmen sollten deshalb auf so viele Bewertungen wie möglich reagieren, um «das Engagement der Konsumenten voranzutreiben und diese von Beginn an ganzheitlich abzuholen».
“Wer auf jede dritte anstatt auf jede zehnte Rezension reagiert, kann die Zahl potenzieller Kunden fast verdoppeln. „
Norman Rohr, Senior Vice President Marketing Uberall
Nach Informationen von Uberall vertrauen 88 Prozent der Kunden Online-Bewertungen beziehungsweise Reviews genauso wie einer persönlichen Empfehlung. Der Studie zufolge beeinflussen bei 95 Prozent Online-Reviews die Kaufentscheidung. Rund 86 Prozent kaufen demnach am liebsten dort ein, wo auf Kommentare reagiert wird.
Anhand der mittlerweile bei Bewertungen üblichen Sterne veranschaulicht das Unternehmen seine Thesen mit einer einfachen Faustregel: «Mehr Sterne führen zu mehr Konversionen.» Davon gebe es nur eine Ausnahme: Bei vollen 5,0 Sternen würden die Kunden eher zu Misstrauen neigen und der Bewertung nicht glauben. Die höchste Conversion Rate würde deswegen bei 4,9 Sternen erzielt. Eine weitere Möglichkeit zur Steigerung der Conversion Rate ist, beim Review-Management auf eine höhere Antwortrate zu achten.
Klassisches Consulting
Neben kleineren Anbietern gibt es zahlreiche grosse Consulting-Firmen, die Unternehmen und anderen Organisationen beim Reputationsmanagement zur Seite stehen. So entschied sich vor ein paar Jahren die FDP für die Hilfe der Boston Consulting Group, um das Image der in eine tiefe Krise geratenen Partei aufzupolieren, ein neues Bild zu entwerfen und damit die «Marke zu revitalisieren». Die Unterstützung durch eine der grossen Unternehmensberatungen ist aber nicht grade billig. Für den Tipp, in Zukunft «lösungsorientiert, mutig, optimistisch und empathisch» aufzutreten, berechnete die Boston Consulting Group rund 30.000 Euro. Bezahlen mussten die Liberalen diese Summe wohl nicht. Sie soll als Parteispende verbucht worden sein.
Die Düsseldorfer Firma Revolvermänner wurde schon 2007 als Agentur für Online-Reputationsmanagement gegründet. Seitdem hat der Anbieter seine Services stetig weiterentwickelt. Mittlerweile bietet Revolvermänner einen Reputationsschutz für Unternehmen, Institutionen und auch für Privatpersonen an. Zu den verfügbaren Dienstleistungen gehören ein kontinuierliches Monitoring und Controlling der Online-Reputation eines Unternehmens oder einer Person, der Fach- und Führungskräfte in Firmen sowie der angebotenen Produkte und Services. Werden dabei rufschädigende Einträge, Negativbewertungen oder Kommentare in Blogs, Online-Foren oder anderen Portalen bemerkt, wird darauf teilweise auch mit Unterstützung von Juristen reagiert.
“Wichtig ist, vorbereitet zu sein, wenn der Krisenfall eintritt.„
Heiko Schwarz, Chief Revenue Officer und Mitgründer Riskmethods
Darüber hinaus bietet Revolvermänner an, Profile über Personen zu erstellen, die sich im Internet über einen Kunden äussern. So soll unter anderem festgestellt werden, ob ein Konkurrent Gerüchte im Internet streut. Hinzu kommen Leistungen wie das Coaching von Führungskräften, die Pflege der Einträge in Online-Diensten wie Facebook oder Xing und ein Shitstorm-Simulator.
Aber nicht nur Unternehmensberater sind in diesem Umfeld tätig. Auch viele PR-Agenturen bieten mehr als nur das Verfassen und Verbreiten von Pressemitteilungen an. Ein Beispiel ist die Münchner Agentur Vibrio, die auch Dienste zum Reputationsmanagement im Portfolio hat. Sie bestehen im Kern aus drei Komponenten: dem Image-, Issue- und Influencer-Monitoring. Beim Image-Monitoring geht es teils um die klassische Medienbeobachtung, aber auch um die Beobachtung des Wettbewerbs und ein Tracking von Kampagnen. Aktivitäten, die dem Image von Marken und Unternehmen schaden können, sollen so schneller entdeckt werden. Die beiden anderen Bereiche umfassen das Monitoring von viralen Themen und aktuellen Krisen. Dazu kommen Kontakte zu Bloggern und Video-Bloggern, die dann «für eine gezielte Ansprache und Zusammenarbeit» genutzt werden können.
Reputations-Tools
Zu den von Agenturen wie Vibrio verwendeten Werkzeugen gehört die Social-Media-Monitoring-Plattform Brandwatch. Damit lässt sich in Echtzeit verfolgen, welche Meinungen über eine Firma oder eine ihrer Marken im Netz kursieren. Brandwatch spürt etwa Kommentare im Internet auf, sodass sie sich durch einen eigenen Mitarbeiter oder eine beauftragte Agentur beantworten lassen.
Teils geht es beim Reputationsmanagement aber auch um klassische Suchmaschinen-Optimierung, wenn etwa ein negativer Artikel von der ersten Trefferseite bei Google verdrängt werden soll. Bei einem Beitrag auf einem kleinen Blog ist das naturgemäss leichter als bei einem Bericht auf einer grossen Nachrichtenseite. Mit dem Analyse-Tool Fresh Web Explorer lassen sich zudem Erwähnungen von Marken oder anderen Schlüsselwörtern im Internet nachverfolgen.
Agenturen wie Vibrio wollen nach eigenen Angaben über die rein technische Betreuung eines Social-Media-Monitoring-Tools hinausgehen. Ebenso wichtig sei ihnen eine «kommunikationsstrategische Analyse der per Online-Monitoring ermittelten Daten».
Dabei gehe es dann auch um die folgenden Fragen:
- Welche Folgen ergeben sich für die Kommunikationsarbeit?
- Wo bestehen Chancen oder Risiken, wo Verbesserungspotenzial?
- Welche Themenfelder sollten im Rahmen einer Storytelling-Strategie besetzt, welche Influencer zusätzlich adressiert werden?
Es nütze nichts, etwas zu finden, wenn man daraus keine Handlung ableite, ist die Agentur überzeugt.
Tipps
Vertrauen gewinnen
Der Berliner Marketingspezialist Uberall hat vier Maximen formuliert, mit denen Unternehmen ihre Vertrauenswürdigkeit optimieren können.
Das Versprechen machen: Informieren Sie Ihre Kunden so gut wie möglich darüber, wann, wo und wie sie mit Ihnen interagieren.
Klarheit schaffen: Verdeutlichen Sie auf Review-Plattformen, Online-Verzeichnissen und Ihrer Website, was Kunden von Ihnen erwarten dürfen. Dadurch vermeiden Sie unzufriedene Kunden.
Das Versprechen halten: Stellen Sie sicher, dass das Offline-Erlebnis dem Online-Versprechen gerecht wird.
Das Gute hervorbringen: Machen Sie aus zufriedenen Kunden starke Influencer: Ermutigen Sie Ihre Kunden, eine gute Online-Bewertung zu hinterlassen. Bieten Sie auch Lösungen für weniger positive Reviews an.
Fazit & Ausblick
Der amerikanische Börsenguru Warren E. Buffet hat es auf den Punkt gebracht: «Es braucht zwanzig Jahre, um einen guten Ruf aufzubauen, aber nur fünf Minuten, um ihn zu zerstören.» Das gilt umso mehr in der digitalisierten Wirtschaft mit dem Internet und all seinen Möglichkeiten für Verbraucher, ihren Unmut kundzutun. Unternehmen benötigen daher nicht nur in Krisenzeiten ein fundiertes Reputationsmanagement, etwa um zügig auf sonst unbemerkte Kommentare im Internet oder anderweitige negative Berichterstattung reagieren zu können. Allein ist das oft gar nicht zu stemmen.
Die Dienstleister können aber keine Wunder vollbringen. Wenn etwa ein Unternehmen mehrfach wegen seiner unfreundlichen Mitarbeiter kritisiert wurde, dann sollte zunächst dieser Punkt korrigiert werden, bevor an einer Wiederherstellung des Rufs gearbeitet werden kann. Dasselbe gilt für ein fehlerhaftes Produkt. Konkrete Gründe für negative Berichte und Bewertungen sollten zuallererst behoben werden. Verdrängen oder Leugnen zahlt sich auf Dauer nicht aus. Gutes Reputationsmanagement muss grundsätzlich durch begleitende oder vorausgehende Massnahmen ergänzt werden.
Anbieter Reputationsmanagement (Auswahl)
Anbieter | Services |
Boston Consulting Group | Eine der grössten Unternehmensberatungen weltweit; bietet auch Reputationsmanagement an |
Dr. Kraus und Partner |
Baden-württembergisches Unternehmen; bietet neben |
Kloos | Münchner Agentur, die sich auf Online-Reputationsmanagement spezialisiert hat |
MSO Digital | Neben Reputationsmanagement ist der Osnabrücker Anbieter auf Marketingleistungen ausgerichtet |
Reputation.com | Auf Online-Reputationsmanagement spezialisierter US-Anbieter mit Niederlassung in Deutschland |
Reknova | Dortmunder SEO-Spezialist, der auch Online-Reputationsmanagement anbietet |
Revolvermänner | Düsseldorfer Agentur mit umfangreichen Beratungsangeboten |
Trustpilot | Internationales Beratungsportal, das schon 2007 in Dänemark gegründet wurde |
Uberall | Berliner Anbieter mit internationalen Standorten in Ländern wie USA, England und Frankreich |
Vibrio | PR-Agentur, die auch Reputationsmanagement anbietet |
Anbieter Reputationsmanagement (Auswahl)
Anbieter | Services |
Boston Consulting Group | Eine der grössten Unternehmensberatungen weltweit; bietet auch Reputationsmanagement an |
Dr. Kraus und Partner |
Baden-württembergisches Unternehmen; bietet neben |
Kloos | Münchner Agentur, die sich auf Online-Reputationsmanagement spezialisiert hat |
MSO Digital | Neben Reputationsmanagement ist der Osnabrücker Anbieter auf Marketingleistungen ausgerichtet |
Reputation.com | Auf Online-Reputationsmanagement spezialisierter US-Anbieter mit Niederlassung in Deutschland |
Reknova | Dortmunder SEO-Spezialist, der auch Online-Reputationsmanagement anbietet |
Revolvermänner | Düsseldorfer Agentur mit umfangreichen Beratungsangeboten |
Trustpilot | Internationales Beratungsportal, das schon 2007 in Dänemark gegründet wurde |
Uberall | Berliner Anbieter mit internationalen Standorten in Ländern wie USA, England und Frankreich |
Vibrio | PR-Agentur, die auch Reputationsmanagement anbietet |
Autor(in)
Andreas
Fischer