18.05.2011, 06:00 Uhr
Storage-Trends 2011
Zurzeit fahren Speicheranbieter Rekordgewinne ein. Welche Storage-Provider haben die Nase vorn und welche Technologietrends prägen die Speicherlandschaften der nächsten Jahre?
Selbst in der Krise legte der Storage-Markt noch zu, jetzt geht er ab wie eine Rakete. Gartner meldet für externe Speichersysteme 2010 ein neues Rekordniveau: 19,4 Milliarden US-Dollar setzte die Branche weltweit um, ein sattes Plus von 18,4 Prozent im Vergleich zum vorangegangenen Geschäftsjahr 2009. Auch die Erlöse liegen mit 1,4 Milliarden Dollar über dem letzten Rekordwert aus dem Jahr 2008. Den grössten Zuwachs im Jahresvergleich 2009 zu 2010 erzielte NetApp mit einem weltweiten Wachstum von knapp 51 Prozentpunkten (Marktsegment externe Speichersysteme). Recht ordentliche zweistellige Zuwachsraten erreichten Konkurrenzanbieter wie IBM, HP und HitachiHDS (jetzt Western Digital). EMC konnte mit einem Riesenplus von 32,4 Prozent weltweit seine Marktführerschaft weiter ausbauen. Wesentlich dazu beigetragen hat EMCs Königsklasse, die VMAX-Produktserie, deren Prozentanteile von 3,4 auf 26,9 anzogen. Auch in der Schweiz liefen die Geschäfte für das Unternehmen hervorragend. EMC Schweiz halte einen Marktanteil von 52 Prozent, sagt EMC-CEO Jaques Boschung. Die Schweizer Niederlassung liegt mit diesem Geschäftsergebnis 2010 weit über dem weltweiten Landesdurchschnitt.
HP gibt Gas
Der Branche geht es blendend, aber in welche Richtung marschiert der Trend, der die Abverkäufe von morgen antreibt? Ins Auge sticht, dass mit Storage-Software erzielte Erlöse mittlerweile ein Riesenstück des Gesamtkuchens ausmachen. Zwei Zahlenbeispiele: NetApp setzte im vierten Quartal 2010 mit Total-Disk- Storage-Systemen weltweit 630 Millionen Dollar um (Factory Revenue), mit Storage-Software 311,7 Millionen. Bei EMC gehen 1,582 Milliarden auf das Konto von Total Disk Storage (Q4 2010), 866 Millionen US-Dollar spülte die Software in die Kassen des Unternehmens. Hewlett- Packard, mit 1,587 Milliarden noch hauchdünn Markführer im Total-Disk-Storage-Segment, taucht in der IDC-Hitparade der fünf grössten Storage-Software-Anbieter gar nicht auf. HP nervt das gewaltig, arbeitet aber mit Hochdruck an seinem Defizit. Neben weiteren strategischen Massnahmen nahm vor einigen Monaten der Ex-SAP-Mann Léo Apotheker auf dem Chefsessel des Unternehmens Platz. «Software macht heute den Unterschied auf dem Storage-Markt», unterstreicht EMC-Chef Jaques Boschung, und nennt als Beispiel «Fully Automated Storage Tiering» (FAST). Die Software-Technologie verteilt Unternehmensdaten dynamisch je nach Zugriffsmustern und vereinbarten Service Level Agreements auf unterschiedliche Typen von Speichermedien. Hochverfügbare, geschäftskritische Daten landen auf schnellen, teuren Medien wie Solid State Disks (SSD), selten aufgerufene Informationen werden auf langsamen, aber kostengünstigeren SATA-Festplatten aufbewahrt. Den typischen Anteil von Hochgeschwindigkeits-SSDs am gesamten Speicherpark gibt Boschung mit (bis zu) 5 Prozent an. FAST erlaube dadurch eine beträchtliche Reduktion der Beschaffungskosten. Ein weiteres Beispiel: Allein durch Software-Optimierung hat EMC die Performance seiner Symmetrix VMAX nahezu verdoppelt, zumindest, was die Anzahl der OLTP-Transaktionen und Query-Anfragen angeht. «Wir haben unsere Cache-Architektur verbessert und unsere Caching-Strategien optimiert», präzisierte Patrick Gelsinger, President und COO von EMC, gegenüber Computerworld. Bestandskunden kostet die Performance-Steigerung keinen Rappen, denn der Storage-Krösus verteilt das Update kostenfrei.
Trend: extreme Kompression
Zwei Storage-Trends identifiziert Stephen Brobst, CTO beim Data-Warehousing-Spezialisten Teradata. «Die Datenvolumina steigen schneller, als die Speicherpreise sinken», unterstreicht er. Extreme Kompressionsraten von 95 Prozent und mehr würden deshalb in Zukunft eine sehr wichtige Rolle spielen. Die Zukunft von Fibre-Channel-Speichernetzwerken dagegen malt Brobst in düsteren Farben. FC-Netze würden verschwinden und durch Solid State Disks ersetzt. Aber auch teure SSDs werden durch hochkomprimierte Daten effizienter genutzt: Weniger Read-Operationen lesen mehr Daten aus. Die Beschaffungskosten sinken, zusätzlich verlängert sich der Lebenszyklus der Hochgeschwindigkeitsspeicher. Gegenüber Computerworld liess Brobst die Katze aus dem Sack. Teradata werde in zwei Wochen in Barcelona eine echt hybride, hierarchische Speicherkonfiguration für Data Warehouses vorstellen, die es in dieser Ausprägung (also inklusive SSDs) auf dem Markt noch nicht gebe. Die OLTP-Maschine Exadata des Konkurrenten Oracle benutzt demgegenüber eine Technik namens «Flash Cache», die nach Bedarf Daten in den Cache kopiert. Teradata speichert sie direkt dort ab.
Der Cache-Trick von EMC
Cache-Optimierung, automatisches Storage Tiering, effektivere Kompressionsalgorithmen – so lauten die aktuellen Storage-(Software-) Trends. Wie ist es aber um das alternative Beschaffungsmodell Storage as a Service bestellt, das es Schweizer Unternehmen erlaubt, Speicher in der Cloud zu mieten? Zwar seien Schweizer Kunden mit Gesamt-Outsourcing-Vorhaben nach wie vor sehr vorsichtig. Selektives Outtasking, das Teile der Wertschöpfungskette auslagere, werde aber gerne erwogen, berichtet EMCs Jaques Boschung. In diesem Kontext stelle Storage as a Service eine interessante Alternative dar, resümiert er. HP traut dem Trend Storage as a Service (StaaS) ein eher noch grösseres Wachstumspotenzial zu. Im März stellte das Unternehmen seine Storage-Lösung «3Par Utility» vor, mit der Cloud-Provider und unternehmensinterne IT-Abteilungen (private clouds) hochskalierbare Speicher-Arrays aufbauen können. Jedes 3Par-System lässt sich in bis zu 1024 logische Domains untergliedern, die unterschiedliche Lastprofile und Kunden bedienen. Grundlage der Produktneuheit ist die Storage-Virtualisierungstechnologie von 3Par, das HP vor fünf Monaten zum Preis von 2,4 Milliarden US-Dollar akquirierte. Nach einer beispiellosen Übernahmeschlacht zog damals Mitkonkurrent Dell den Kürzeren.
Veraltete Datenbunker
Bei Storage as a Service überlegen Schweizer Unternehmen noch genau. Die Untersparte «Backup as a Service» jedoch ist seit Jahren ein in der Schweiz recht gut entwickelter Markt. Einer der Anbieter, Mount10, hat es im Januar dieses Jahres sogar bis in die – nicht gerade als IT-Publikation bekannte – New York Times geschafft. Mount10 nutzt ehemalige Befestigungsanlagen der Schweizer Armee im Bergland von Gstaad (siehe auch Webcode: 51673). Die beiden über Darkfiber miteinander verbundenen Datenbunker Swiss Fort Knox 1 und 2 sind für einen Zeitraum von mehreren Wochen autonom und werden rund um die Uhr von militärischem Personal überwacht. Glasfaserleitungen sichern die Verbindung zu Providern der Aussenwelt, wo in Zeiten von Malware und Hacking wohl die eigentlichen Gefahren drohen. Gleichwohl haben Kunden wie die International School of Zug and Luzern, der Gewerbeverband Basel-Stadt oder die Allfinanz und Treuhandgesellschaft artax dem Backup-Provider Mount10 ihre Daten anvertraut. Für viele Schweizer seien die Anlagen ein Symbol der Unabhängigkeit und Neutralität des Landes und deshalb psychologisch von Bedeutung, vermerkt die New York Times.
Trend: Cloud-Storage
Die Zukunft der Speichertechnologie liegt aber wohl eher nicht in den Gstaader Alpen. Wie eine sichere Speicherinfrastruktur für das Zukunftsmodell Cloud aussehen könnte, daran arbeitet zum Beispiel Wachstumsgewinner NetApp. Das Unternehmen, zurzeit auf Platz vier der von IDC veröffentlichten Storage-Software-Hitliste (IDC Worldwide Storage Software Tracker, March 2011), meldete im Januar die definitive Vereinbarung zum Kauf von Akorri Networks. Akorri hat Management-Software für Performance- und Kapazitätsanalysen in virtualisierten, gemeinsam genutzten Infrastrukturen entwickelt, mit der Kunden Engpässe erkennen und ihre Storage-Kapazitäten optimieren können.