15.02.2013, 11:05 Uhr

Kompetenz auf Abruf

Consulting ist nicht gleich Consulting. Wie muss eine IT-Beratung gestaltet sein, damit sie den Nutzen bringt, den man von ihr erwartet?
Consulting ist nicht gleich Consulting
Peter Gassmann ist Head of IT-Consulting bei der AdNovum Informatik AG. Dr. Tom Sprenger ist CTO der AdNovum Informatik AG.
Die Fragestellungen in der IT-Beratung haben sich mit der technologischen Entwicklung der letzten 30 Jahre gewandelt. Ging es früher um relativ überschaubare Client-Server-Systeme, hat man es heute mit komplexen Lösungslandschaften zu tun. Verschiedene Programmiertechnologien, Protokolle, Security-Mechanismen, zu integrierende Systeme, Benutzergruppen, Verfügbarkeit gekoppelt mit Mobilität und den Erwartungen aus dem Business ergeben eine hochkomplexe Maschinerie. Um für die mehrdimensionalen Fragestellungen adäquate Lösungsansätze identifizieren zu können, braucht es unterschiedlichste Fähigkeiten und ein tiefes Verständnis der darunterliegenden Technologieschichten.

Nachweisbare Kompetenz ist gefragt

Der Beratermarkt reagiert auf diesen Trend: Die Nachfrage bewegt sich weg vom reinen Body-Leasing- und Commodity-Consulting als kurzfristige Überbrückung von Personalengpässen hin zu einer wertsteigernden Beratung. Als Anbieter von IT-Consulting-Dienstleistungen reicht es heute nicht mehr, nur ein gutes Netzwerk zu haben. Gefragt sind nachweisbare Kompetenzen, dass der Anbieter den Kunden nachhaltig weiterbringen kann. Neben den
methodischen Skills gewinnen so die fachliche Expertise und vor allem die praktische Erfahrung auf einem nachgefragten Thema an Bedeutung. Deshalb spüren neben den grossen klassischen Anbietern zunehmend auch IT-Consulting-Boutiquen Aufwind. Ein weiterer Aspekt betrifft die Zusammen­arbeit zwischen Anbieter und Kunde. Beratung als Geschäft basiert nach wie vor sehr stark auf Vertrauen. Der Kunde erwartet einen konkreten Ansprechpartner, eine fachlich kompetente Bezugsperson. Dass aber ein IT-Consultant die heute typischen hochkomplexen Fragestellungen im Alleingang löst, ist zunehmend unwahrscheinlich. Viele Kunden beginnen sich auf diese Tatsache einzustellen und erkennen, dass ein Teamapproach notwendig ist. Doch welche Elemente gehören zu einem erfolgreichen IT-Consulting-Projekt? Lesen Sie auf der nächsten Seite: Ingenieurprinzipien

Ingenieurprinzipien

Im Engineering-Ansatz, wie er in Software-Projekten zur Anwendung kommt, findet sich ein Set von Grundprinzipien, das sich auch im IT-Consulting bewährt: kompaktes Kernteam, strukturiertes nachvollziehbares Vorgehen, reproduzierbare Resultate, definierte Lieferobjekte und eine kontinuierliche Verbesserung des Prozesses durch das Ableiten wiederverwend­barer Elemente. Die Lieferobjekte sind im Fall eines IT-Consulting-Projekts entweder eher reflektiv wie Assessments und Reviews oder eher konstruktiv wie Strategien, Konzepte und Architekturen. Für das Gelingen des Projekts müssen besonders die Aspekte Phasenplanung, Staffing und Qualitätssicherung beachtet werden.

Phasenplanung

Ein IT-Consulting-Projekt wird mit einer Startphase (Inception) initiiert. In dieser ersten Phase werden in Zusammenarbeit mit dem Kunden die Projektziele, benötigten Mittel und Personen sowie der Projekt-Setup definiert. Zur Dokumentation des gemeinsamen Verständnisses werden die konkrete Dokumentenstruktur und das Inhaltsverzeichnis für den Schlussbericht erstellt. Wird dieser Schritt über­sprungen oder abgekürzt, besteht das Risiko, dass die Resultate am Ende des Projekts nicht oder nur ungenügend den Erwartungen des Kunden entsprechen. Die Hauptphase des Projekts (Elaboration) beinhaltet die eigentliche Erarbeitung der Resultate. Hier hat sich die Sequenz Ist-Analyse, Soll-Analyse, Gap-Analyse, Lösungsfindung sowie Lösungsbewertung und Handlungsempfehlung bewährt. Je nach Projekttyp und konkreter Fragestellung können die einzelnen Schritte mehr oder weniger wichtig und umfangreich sein. Die Phasen und Resultate bauen aufeinander auf. Eine zentrale Stärke des Phasenmodells besteht darin, dass es zwischen den Phasen explizit Raum für Kunden-Input und -Reviews lässt. IT-Consulting-Projekte können deshalb nicht beliebig komprimiert werden. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Staffing und Know-how-Transfer

Staffing und Know-how-Transfer

Aus Überlegungen der Arbeitsteilung sowie Qualitätssicherung bietet sich für IT-Consulting-Projekte ein Tandem-Setup an. Ein Lead-Consultant übernimmt die fachliche und administrative Leitung des Mandats. Er ist Hauptleistungserbringer und direkter Ansprechpartner für den Kunden. An seiner Seite bringt ein Peer-Consultant im Sinne der Qualitätssicherung und zur besseren Aufteilung der Arbeiten eine zweite fachliche Sicht ein. Bei Bedarf sollten die Consultants rasch und un­bürokratisch auf einen Pool von Spezialisten zurückgreifen können. Daraus ergeben sich die folgenden Vorteile: - Wenn IT-Consultants und Fachspezialisten gemeinsam am selben Problem arbeiten, wird ein grösserer Lösungsraum berücksichtigt und eine höhere Qualität erreicht. - Fachspezialisten sind oft in diverse Projekte eingebunden. Mit einem Time-Sharing-Ansatz ist es einfacher und schneller möglich, ein Team mit den geforderten Fähigkeiten zusammenzustellen. - Die Projektdauer kann damit in vielen Fällen verkürzt werden.

Umsetzbarkeit sicherstellen

Für den Wert einer IT-Beratungsdienstleistung ist es zentral, dass die empfohlenen Massnahmen umsetzbar sind. Für IT-Consulting-Projekte werden deshalb mit Vorteil IT-Consultants eingesetzt, die als Ingenieure selber schon Software-Engineering-Projekte realisiert haben und die Potenziale und Tücken der Technologien, aber auch die sonstigen Herausforderungen bei der Umsetzung kennen. Um die wertvolle Hands-on-Erfahrung aktuell zu halten, arbeiten IT-Consultants am besten regelmässig in Umsetzungsprojekten mit. Dadurch wird zusätzlich der kontinuierliche Know-how-Transfer unterstützt. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Qualitätssicherung

Qualitätssicherung

Ein nachhaltiger Projektansatz umfasst eine fortlaufende interne Qualitätssicherung, auch im IT-Consulting. Ein zentrales Element ist das besagte Staffing mit einem Lead- und einem Peer-Consultant. Die Rolle des Peer-Consultants beinhaltet das kontinuierliche kritische Hinterfragen der erarbeiteten Lösungskonzepte. Dieselbe Rolle übernehmen bei kritischen fachlichen Aspekten zusätzliche Experten. Am Ende der beiden Hauptphasen Inception und Elaboration wird in sogenannten Sign-offs ein unabhängiger Senior Consultant involviert, der die Qualität des Arbeitsresultats vor der Lieferung an den Kunden prüft. Als Instrument werden dabei Checklisten eingesetzt.

Laufende Weiterentwicklung

Jedes Projekt bringt wieder neue Anstösse mit sich und birgt damit fachliches und metho­disches Potenzial für eine kontinuierliche Verbesserung der Consulting-Dienstleistung. Diese Erkenntnisse können in sogenannten Wrap-up-Sessions aufbereitet und dem Team zur Verfügung gestellt werden. Tools und Checklisten werden angepasst, wiederverwendbare Elemente identifiziert und für den Einsatz in anderen Projekten aufbereitet. Entscheidend bleibt jedoch letztlich, ob sich die Empfehlungen und Überlegungen auch beim Kunden bewähren.

Mit der Zeit gehen

Von IT-Consulting erwarten Kunden Grund­lagen für wertsteigernde und zukunftstaugliche Entscheide und Lösungen. Gute IT-Beratungsleistungen sind im heutigen Umfeld nicht einfach zu erbringen. Anbieter von IT-Consulting können dies aber leisten, wenn sie sich richtig aufstellen und nicht nur beim Projekt-Setup und -Vorgehen aktuelle Best Practices anwenden, sondern auch bezüglich der Technologie einen weiten Horizont pflegen und sich laufend weiterentwickeln.


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