Infrastruktur 05.11.2012, 09:18 Uhr

HP, IBM oder EMC - wer ist besser?

Das Infrastrukturmanagement frisst Schweizer Unternehmen die Haare vom Kopf. Neue IT wird immer komplexer und immer teurer. Wer hat die besseren IT-Management-lösungen: HP, EMC oder IBM?
Welches Unternehmen löst die neuen Infrastruktur-Probleme am effizientesten?
Die IT-Infrastruktur ist das Rückgrat der meisten Schweizer Unternehmen. Server, Storage, Netzwerktechnologie, Business-Applikationen und Mobile Devices sollen performant zusammenarbeiten und das Geschäft optimal unterstützen. Eine gewaltige Herausforderung: Stellen Sie sich vor, Sie sind Direktor des Zürcher Zoos und sollen Ihre tierischen Mitbewohner dazu bewegen, in geordneter Formation die Bahnhofstrasse entlang zu marschieren – und das für zehn Jahre oder mehr, ohne nennenswerte Unterbrechungen, versteht sich. Nun, genau darin besteht die Aufgabe.
Normalerweise lesen Sie in Computerworld über Kunden-Cases, erfolgreich durchgeführte, komplexe IT-Projekte, Success Stories mit Leuchtturmeffekt, sozusagen Templates für den eigenen Geschäftserfolg. Punkto IT-Infrastrukturmanagement haben wir den Spiess einmal umgedreht und zeigen Ihnen Anbieter-Cases zum kritischen Mitdenken auf, namentlich der Storage- und Infrastruktur-Anbieter EMC, Hewlett-Packard und «Big Blue» IBM. Die von diesen grossen «Alles aus einer Hand»-Konzernen offerierten Erfolgsmodelle setzen im Wesentlichen drei IT-Strategien um: «converged infrastructure», End-to-End-Management und Automatisierung. Reicht das aus, um den IT-Infrastrukturzoo unter Kontrolle zu bringen und effizient zu managen?

Fatale Lücken beim IT-Management

 Der Lösungsvorschlag von EMC besteht in konvergenten, virtualisierten Storage Appliances. Die sollen helfen, Storage-Infrastrukturen in den Griff zu bekommen und die Kosten besser zu kontrollieren. Denn das wird immer schwerer. Der prinzipielle Kanthaken: Virtualisierungstechnologie macht IT nicht nur flexibler und nutzt vorhandene Hardware-Ressourcen wie Server und Storage besser aus. Sie hat auch einen schweren Nachteil: Das Management der Storage-Infrastruktur wird durch das zusätzlich eingezogene Virtualisierungslayer immer komplexer. EMC hat daher eine veritable Managementlücke ausgemacht, die sich von Jahr zu Jahr weiter aufspreizt (vgl. Grafik rechts). In Folge wird der Anteil am Gesamtbudget, den der Posten «Management und Administration» für sich beansprucht, immer grösser. Infrastrukturmanagement frisst der IT die Haare vom Kopf. Lesen Sie auf der nächsten Seite: EMC: vBlock als Königsweg

EMC: vBlock als Königsweg

EMCs Ausweg aus der Misere: Der Speicher­konzern offeriert vorkonfigurierte Storage-Appliances, welche die Managementlücke schliessen und den Aufwand reduzieren: die sogenannten vBlocks. vBlocks gibt es in mehreren Konfektionsgrössen. Sie enthalten, aufeinander abgestimmt, Storage-Medien von EMC, Virtualisierungstechnologie von VMware und Netzwerktechnik von Cisco. Von IDC-Marktforschern hat EMC anhand von fünf Kunden-Cases einmal ausrechnen lassen, wie hoch die durch konvergente Storage-Architekturen erzielbaren Benefits in der Praxis ausfallen (IDC-Whitepaper: Converging the Datacenter Infrastructure, Mai 2012). Alle fünf analysierten Kunden setzen seit Jahren vBlock-Storage-Architekturen ein und haben dadurch ihre Infrastrukturkosten (im Durchschnitt) punkto Storage um 60 Prozent, punkto Netzwerk-Hardware um 63 Prozent und punkto Server um 41 Prozent reduziert. Zusätzlich steigen Ausfallsicherheit und Zuverlässigkeit der IT-Systeme. Bei einer angenommenen Investition von 53289 US-Dollar pro 100 User, so das Rechenbeispiel der IDC-Analysten, werde der Break-even nach 16,2 Monaten erreicht. Das ist der Zeitpunkt, an dem die kumulativen Benefits die Höhe des Anfangs-Investments erreichen. Im dritten Jahr steht der Kunde im Kosten-Nutzen-Vergleich mit 79086 US-Dollar (pro 100 User) im Plus, resümiert IDC. Fazit: vBlock-Architekturen sind Prä-vBlock-Plattformen und traditionellen Speicherlandschaften klar überlegen.

HP: Mehrwert durch Software

IT-Mannschaften wenden etwa drei Viertel ihrer Zeit dafür auf, die Systeme am Laufen zu halten. Konvergente Storage-Architekturen können dabei helfen, diesen Zeitaufwand zu reduzieren. Der Mehrwert generierende, zeit- und kosten­intensive Schlüsselbaustein der IT-Infra­struktur aber ist nicht Storage- und Server-Hardware, sondern Software. Hardware ist der Kern. «Die Software an der Peripherie des Kerns ergänzt die Hardware und bringt Mehrwert», sagt Meg Whitman, CEO des Infrastrukturanbieters Hewlett-Packard. HP brüstet sich, der sechstgrösste Software-Anbieter weltweit zu sein, nach Branchengrössen wie Microsoft, Oracle, SAP oder IBM. Im Verlauf der letzten Jahre hat der Konzern sein Infrastruktur-Software-Portfolio konsequent ausgebaut und in der HP IT Performance Suite gebündelt. Diese besteht aus den Hauptkom­ponenten Application Lifecycle Management, Operations Management und Information Mana­gement. «Application Lifecycle Mana­gement ist in der Schweiz der ganz grosse Renner und wird es auch bleiben», sagte Daniel Lamprecht, Country Manager HP Software Schweiz, im Gespräch mit Computerworld. «Im Lösungs­bereich Operations punkten wir mit dem Vorteil, End-to-End-Management anbieten zu können», ergänzt Lamprecht. Zum Lösungsbereich Operations zählt Hewlett-Packard unter anderem die Disziplinen Performancemanagement und Netzwerkoptimierung, die schnellere Einführung neuer Geschäftsprozesse und das Transaktionsmanagement über mehrere (Teil-)Applikationen hinweg. Auch die Vorabidentifikation von Flaschenhälsen in übergreifenden Netzwerk­topologien – auch in mehreren Rechenzentren – gehört in die Riesenkiste Operations. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Kostenreduktion 70 Prozent

Kostenreduktion 70 Prozent

Viele Kunden hätten über die Jahre heterogene IT-Landschaften von mehreren Herstellern aufgebaut, wollen diesen Gemischtwarenladen aber mit einer Referenzarchitektur aus einem Guss konsolidieren, um Kosten und Managementaufwand zu senken, berichtet Lamprecht aus der Praxis. Zwei Beispiele: Die Allianz Shared Infrastructure Services (ASIC), eine der IT-Geschäftseinheiten der Versicherungsgruppe, hat mit HP Network Automation seine Netzwerk­infrastruktur konsolidiert. Die Kosten für Hardware, Wartung und Lizenzen seien um rund 70 Prozent gesunken. «Die vorgegebenen Ziele hinsichtlich Qualität und Kosten lassen sich im Netzwerkmanagement nur durch einen hohen Grad an Standardisierung und Automatisierung erzielen», resümiert Günther Schrödl, Netzwerkverantwortlicher bei ASIC. HP Network Auto­mation hilft, die Prozesse zu industrialisieren. Ein zweites Beispiel: Der Messtechnikspezialist Endress+Hauser hat mit HP Quality Center, einer Komponente des Application Lifecycle Management, sein Testmanagement automatisiert. Damit liess sich das SAP-Upgrade von 23 alten R/3-Systemen auf SAP ERP 6.0 schneller ausrollen. Der Einsatz von HP Quality Center «bedeutet am Ende weniger Fehler, damit geringere Kosten und zuverlässige Geschäftsprozesse», urteilt Ortrud Deutscher, bei Endress+Hauser verantwortlich für Quality, Security und Organisation. Ausserdem lassen sich IT-gestützte Prozesse schneller an neue Marktgegebenheiten anpassen.

Die CIO-Edition

 
Hans-Peter Klaey, Senior Vice President Software bei HP, macht auf eine erfolgskritische Komponente im IT-Infrastrukturmanagement aufmerksam. «Im Gespräch mit Kunden höre ich immer noch von einzelnen Tools, von einzelnen Solo­bereichen, aber langsam findet ein Umdenken statt», berichtet er. «Die HP Performance Suite liefert eine End-to-End-Sicht auf die Infrastrukturkomponenten und die davon abhängigen Geschäftsprozesse», so Klaey. HP hat über die letzten sechs Jahre über 10 Milliarden US-Dollar in sein Apps- und Operations-Portfolio gesteckt. Mit der IT Performance Suite können Kunden ihre Business-Abteilungen und Outsourcing-Anbieter als Unternehmen führen, das heisst End-to-End überwachen, optimieren und automatisieren – ganz konkret per Key Performance Indicators (KPI) und Executive Scorecard für den CIO. Die KPIs der CIO-Edition – im Kern eine zusätzliche, analytische Managementkonsole – kontrollieren Kosten und Projekte, messen die Time-to-Market neuer Produkte bzw. Dienste, überwachen die Auslastung von Ressourcen und werfen auch ein Auge auf die Effizienz und Zufriedenheit der Mitarbeiter. «Ich habe vor HP lange Zeit bei SAP gearbeitet, denke in End-to-End-Prozessen und weiss aus eigener Erfahrung, was ein integrierter, konvergenter Ansatz bringen kann», resümiert HPs Klaey. Lesen Sie auf der nächsten Seite: IBM: 30 Jahre Erfahrung

IBM: 30 Jahre Erfahrung

EMC führt den Infrastrukturmarkt in einer Spezialdisziplin an: den konvergenten, virtualisierten Storage-Appliances. Hewlett-Packard hat sich in den letzten Jahren ein beeindruckendes Software-Portfolio zusammengebaut. Zum Schweizer Kundenstamm der HP IT Performance Suite gehören Unternehmen wie Nestlé, Novartis, Roche, die SBB, Migros sowie die beiden Grossbanken UBS und Credit Suisse. «Big Blue» IBM hat den strategischen Schwenk, den HP derzeit Richtung Software vollzieht, schon längst vollzogen. «IBM ist auf dem Infrastruktur-Software-Markt seit über 30 Jahren unterwegs», sagt Roland Hänggi, Software Client Architect bei IBM Schweiz, gegenüber Computerworld. Und der Anteil der Software-Erlöse am Gesamtumsatz steigt: von 27 Prozent im Jahr 2000 auf 44 Prozent 2011. Dazu zählen Software-Lösungen für verteilte Serversysteme (Unix/Linux/Windows) und für Mainframes. Denn die Mainframes sind und bleiben für IBM eine wichtige Komponente im Gesamtportfolio. Zwar beträgt nach Einschätzung von Marktbeobachtern deren Anteil am Gesamtumsatz zurzeit nur etwa 4 Prozent. Rechnet man aber auf Mainframes gemünzte Software, Services und Storage mit hinzu, addiert sich der Anteil der grossen Eisen am Gesamtumsatz auf etwa 25 Prozent. Mainframes punkten mit extrem hoher Zuverlässigkeit und Ausfallsicherheit, laut Hänggi liegt die Verfügbarkeit bei 99,999 Prozent. Banken, Versicherungen, Kreditkarten-dienstleister und Telekommunikationsunter­nehmen schwören darauf. In der Praxis sei eine verteilte Serverinfrastruktur komplexer zu managen, berichtet der IBM-Software-Architekt. «Der Mainframe hat immer noch seine Berechtigung, aber nicht mehr so ausschliesslich wie früher», relativiert Hänggi. Im April hat IBM daher die PureSystems-Familie angekündigt. Die integrierten Systeme sollen die Komplexität senken. Das Design kombiniert Server, Speicher und Netzwerkkomponenten wie auch Middleware-Software in einer Lösung und vereinfacht so das In­frastrukturmanagement.

IBMs Top-Stacks

Die beiden Haupt-Stacks der Infrastruktur-Software bei IBM seien die Portfoliobereiche «Accelerate product and service information» und «Optimize IT and business infrastructure». Dazu zählen unter anderem das Application Lifecycle Management (ALM), Cloud- und IT-Optimierung, das Asset und Facilities Management und das Enterprise Endpoint Management (vgl. Übersicht links unten). Sicherheits- und GRC-Lösungen (Governance, Risk, Compliance) gehören für jedes Unternehmen zur obligatorischen Standardausstattung. Einige Schweizer Kundenreferenzen: Die Zürcher Kantonalbank erhöht mit IBM Tivoli zSecure den Schutz für ihre Mainframe-Umgebung, KPT/CPT integriert seinen Mainframe in eine Cloud-Lösung und die Schweizer Krankenversicherung Visana berschleunigt mit IBM Cognos Business Intelligence und Cognos TM1 ihre Analysen und Berichte. «Automatisierung beschäftigt mich seit 25 Jahren», berichtet IBMs Hänggi. Jedes Schweizer Unternehmen hat IT-Güter, die es optimal nutzen will. Das spannendste Thema punkto Infrastrukturmanagement sei jedoch das «Internet of things» und die damit einhergehenden, immer stärker genutzten Mobile Devices. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Neue Gefahr: Mobile Devices

Neue Gefahr: Mobile Devices

Mobility-Experten raten häufig, sich aus Sicherheitsgründen auf ein, maximal zwei mobile Betriebssysteme und Gerätetypen zu beschränken. Für internationale Konzerne ist das jedoch keine praktikable Strategie. Sie kommen an den Smartphone-Betriebssystemen iOS, Android, BlackBerry und Windows nicht vorbei. Je mehr Mobile Devices man einsetze, desto kritischer sei es um die Sicherheit bestellt, sagt Hänggi. Insbesondere bei gerouteten oder freigeschalteten, «jail breaked» Geräten, die mobil über einen VPN-Tunnel (Virtual Private Network) auf die Firmen-IT zugreifen, lauere ein erhöhtes Risiko. Mit der BYOD-Managementplattform von IBM könne man freigeschaltete Mobile Devices ausser Funktion setzen, sodass sie im Firmennetz keinen Schaden mehr anrichten können. Die Konkurrenz sei mit ihren BYOD-Plattformen oft noch nicht so weit, sagt Hänggi. Das allerdings könnte sich ändern.


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