Abacus verklagt St. Gallen 14.04.2016, 13:46 Uhr

Die ganze Geschichte

Diese Woche war in den Medien zu lesen, dass Abacus St. Gallen verklagt. Dabei wurde aber vergessen, die Meinung der Stadt einzuholen. Wir haben das nachgeholt und eine Geschichte gefunden, die weniger eindeutig ist, als sie den Anschein machte.
Abacus verklagt die Stadt St. Gallen wegen wiederholter Rechtsverweigerung. Man warte seit 150 Tagen darauf, von der Stadt Antwort auf ein Gesuch zu erhalten, das die Offenlegung von Akten verlangt, heisst es in einer Mitteilung. Dabei würde das entsprechende Bundesgesetz missachtet, welches Behörden für diesen Schritt maximal 20 Tage Zeit lässt. Auch eine Anweisung des Departements des Innern im September 2015, ##{"type":"__invalid__InterRed::Userlink","linktype":"e","linkoffset":0,"ziel_ba_name":"","bid":0,"cid":0,"extern":"http:\/\/www.computerworld.ch\/news\/it-branche\/artikel\/st-galler-departement-gibt-abacus-im-streit-mit-vrsg-recht-mehr-als-ein-etappensieg-ist-das-aber\/","fragment":"","t3uid":0,"page":0,"text":"das Gesuch unverz\u00fcglich zu behandeln","target":"_top","alias":"","_match":"","_custom_params":[]}#!, habe bislang nichts gebracht. «Mit diesem Vorgehen versucht die Stadt zu verhindern, dass aktenkundig wird, was schon lange vermutet wird: seit Jahrzehnten wird das Beschaffungsrecht auf Kosten des Steuerzahlers systematisch missachtet», schreibt Abacus weiter. Hintergrund: Der Business-Software-Hersteller wirft verschiedenen St. Galler Gemeinden vor, die Ausschreibungspflicht umgangen und Software-Aufträge direkt an die Verwaltungsrechenzentrum St. Gallen AG (VRSG) vergeben zu haben. Das ist brisant, weil 70 Gemeinde- und Stadtverwaltungen zu den Aktionären der VRSG gehören. Sie alle arbeiten mit VRSG zusammen, von den insgesamt 77 St. Galler Gemeinden kann Abacus nur bei dreien ihre Gesamtlösung anbieten. Die Gemeinden schreiben die Aufträge nicht aus, sondern vergeben sie freihändig. Dagegen laufen bereits rund 70 Verfahren beim Verwaltungsgericht, weil sich Abacus auf den Standpunkt stellt, dass dies ungesetzlich ist. Zudem möchte Abacus auch Akteneinsicht in Verträge und Kontoblätter erhalten. Diese Woche hat Abacus mit zwei weiteren Rechtsverweigerungsbeschwerden gegen die Stadt St. Gallen ein neues Kapitel der bereits komplexen Geschichte hinzugefügt. Diverse Medien haben es dabei leider unterlassen, das journalistische Objektivitätsprinzip zu beachten. Gegendarstellung gibt es keine, die Stadt wird zum Buhmann abgestempelt.

Falsche Rechtsgrundlage

Dabei ist die Sachlage weniger eindeutig, als sie Abacus darstellen will. Zum einen kommt der zitierte Gesetzesartikel in diesem Fall nicht zur Anwendung, wie Stephan Staub, Rechtskonsulent der Stadt St. Gallen, auf Nachfrage sagt: «Das Bundesgesetz betrifft nur Bundesbehörden. Im Kanton St. Gallen gilt das Öffentlichkeitsgesetz des Kantons. Dieses sieht keine Frist für Verfügungen vor.» Tatsächlich steht im entsprechenden Artikel lediglich: «Die gesuchstellende Person und die angehörte Person können innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt der Stellungnahme den Erlass einer Verfügung verlangen.» Von einer Frist für die Behörden steht nichts, da unterscheiden sich das Bundesgesetz und dasjenige des Kantons. Stephan Staub räumt aber ein: «Wir konnten bei der Beantwortung der beiden Gesuche nicht so speditiv vorgehen wie gewohnt. Einerseits hatten wir personelle Engpässe, andererseits waren es keine einfachen Anfragen.» Bevor die Stadt Abacus antwortet und Dokumente freigibt, muss sie die Drittpartei, also die VRSG, anhören. Diese Frist wäre zwar auch schon lange abgelaufen, Staub nennt allerdings einen Grund für die Verzögerung: «Abacus verlangte von ungefähr 20 Gemeinden Einsicht in Verträge mit der VRSG. Als erstes reagierte die Gemeinde Wittenbach darauf. Weil wir davon Kenntnis hatten, sistierten wir unser Gesuch mit der Begründung, dass die Rechtsfragen beim Gesuch in der Gemeinde Wittenbach und jenem bei uns ähnlich sind.» Diese Antwort akzeptierte Abacus nicht und verlangte mit einem Rekurs beim Kanton, dass die Stadt das Verfahren weiter bearbeite, welchem das Departement des Innern stattgab. Mittlerweile hat die Stadt deshalb der VRSG die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben. In 10 bis 14 Tagen sollen die beiden Verfügungen betreffend Einsicht in die Verträge und die Kontoblätter Abacus zugestellt werden. Der Inhalt: geheim.

Schweigen

Das Gesuch von Abacus an die Gemeinde Wittenbach ist derzeit im Departement des Innern hängig. Wie Gemeindepräsident Fredi Widmer sagt, habe man das Gesuch in Teilen abgelehnt, womit Abacus natürlich nicht einverstanden war. Mehr wollte er nicht sagen, da es «der Sache nicht dienlich» sei. Auch beim Department des Innern gibt man aufgrund des laufenden Verfahrens keine Stellungnahme ab. Es wäre der Sache sicher dienlich, wenn bald entschieden würde. Viele Gemeinden dürften auf den Entscheid des Departements warten und die Gesuche von Abacus entsprechend beantworten.



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