IDC-Prognosen 2016
04.12.2015, 15:02 Uhr
Ohne Cloud, Analytics, IoT und Robotics läuft bald nichts mehr
Das nächste Jahr wird turbulent. Die digitale Transformation rollt auf uns zu. Das sollten Schweizer IT-Chefs im kommenden Jahr unbedingt anschauen.
Ein Team von 30 Analysten hat sich Gedanken über das Jahr 2016 gemacht, und gibt Handlungsempfehlungen. Die digitale Transformation (DX) rollt auf uns zu. Big Data, Cloud, Internet der Dinge, Analytics - alles schön und gut. Eins können die Technologien aber nicht ersetzen: Smarte, innovative Entwickler, die Trends ausnutzen, um für ihr Unternehmen Mehrwert zu generieren.
Die zehn IDC-Prognosen 2016
#1: CEOs starten durch - zwei Drittel stellen die digitale Transformation (DX) ins Zentrum ihrer Unternehmensstrategie
43 Prozent des IT-Budgets wird bis 2020 direkt in DX-Projekte fliessen. Die IT wird dabei ein Stück weit entmachtet. Die Budgetkontrolle wandert weg von der IT hin zu LOB-Executives (Line of Business). LOBs kontrollieren 45 Prozent des IT-Budgets ihres Unternehmens, in den USA sind es sogar 65 Prozent.
Ein Drittel der Top-20-Firmen in jeder Industrie/Branche wird durch Konkurrenten wie Uber und Airbnb massiv unter Druck geraten. Traditionelle Firmen laufen Gefahr, dass ihnen agile DX-Konkurrenten mit neuen Geschäftsmodellen die Umsätze streitig machen.
Als Branchen, die mit der digitalen Transformation bereits begonnen haben, nennt IDC den Handel, die Hersteller, das Gesundheitswesen und Government. Der Einsatz von Mobile, Big Data, Cognitive Computing, Augmented Reality und sogenannten Cloud Mashups (sinnvolle Kombinationen mehrerer Einzel-Clouds) werde zu Produktivitätsschüben führen.
Handlungsempfehlung: IT-Leader und CIOs müssen die digitale Transformation zu ihrer Herzensangelegenheit machen. Ein technisch versierter COO oder ein business-versierter CIO halten das Unternehmen auf Erfolgskurs. Die Position des Chief Digital Officers (CDO) neu einzuführen ist eine Überlegung wert.
#2: Die dritte Plattform erobert die Unternehmen - 2017 mit 50%, 2020 mit über 60%
IDC fasst den Begriff der "dritten Plattform" recht weit und zählt dazu: Cloud, Mobile, Big Data, IoT, kognitives Computing, Robotics, Augmented Reality, 3D-Druck, und die sogenannte Next-Gen Security. Das Budget, das Firmen für diese Technologien locker machen, wird bis 2020 jährlich um etwa 13 Prozent steigen. Die Aufwendungen für die zweite Plattform (Client-Server) dagegen werden pro Jahr um fast fünf Prozent sinken.
Die Technologien der dritten Plattform bilden die Grundlage für DX-Applikationen/Dienste, die nur dort möglich sind. Die IT der Unternehmen wird sich daher mehr und mehr auf diese Kerntechniken konzentrieren. Die zweite Plattform ist dafür nicht geeignet.
Handlungsempfehlung: IT-Anbieter sollten ihre Services fuer die dritte Plattform entwickeln. Die Kunden werden folgen. Die Umstellung alter Legacy-Systeme ist aufwendig und bremst. Sie sollte zwar nicht vernachlässigt werden, aber auch nicht an oberster Stelle stehen, empfiehlt IDC.
#3: Die Cloud wächst - 60 Prozent aller Infrastruktur und fast 70 Prozent aller Software wird bis 2020 aus der Cloud bezogen
Für IDC ist sonnenklar: Es reicht nicht aus, Cloud-Kompetenz nur aufzubauen. Unternehmen müssen die Cloud meistern und souverän beherrschen. Die weltweiten Ausgaben werden sich bis 2020 verdreifachen und die 500-Milliarden-Dollar-Marke knacken.
Die grosse Mehrheit der Next-Gen-Apps, mit denen Uber und Airbnb den Markt aufgerollt haben, wird in der Cloud laufen - und nur dort. Jedes Unternehmen wird zum Anbieter von innovativen Cloud-Services im eigenen Markt. Die Cloud ist nicht mehr nur ein IT-Thema, sondern gehört zum operativen Business-Kern jeder Firma.
Handlungsempfehlung: Meistern Sie die Integration und das Management hybrider Cloud-Szenarien und von Multi-Cloud-Szenarien. Vor allem Software-Anbieter sollten als Zielmarke anpeilen, bis 2018 nahezu 100 Prozent ihres Portfolios auf Cloud-Betrieb umzustellen.
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#4: Smarte, kreative DX-Programmierer verzweifelt gesucht
Der Geschäftserfolg wird immer stärker davon abhängen, wie geschickt Unternehmen die Dienste der dritte Plattform kombinieren (Mashups), selbst entwickeln und zum eigenen Vorteil nutzen. Dafür gibt es keine Standardrezepte, und eine zentrale Rolle spielt Software-Code. Sourcecode integriert eigene Angebote in die Supply Chains und die Kundennetzwerke der Partner.
Der Erfolg nicht nur von Software-Anbietern , sondern auch anderer Branchen liegt daher noch stärker als bisher in den Händen smarter, talentierter, kreativer Software-Entwickler. Fehlende interne Fachkräfte werden externen Drittanbietern einen gehörigen Auftragsschub bescheren. Der Fokus liegt dabei nicht auf der Erweiterung vorhandener, sondern auf der Neuentwicklung noch nie da gewesener Dienstleistungen.
Handlungsempfehlung: Stellen Sie Talente ein, die sich mit den Technologien der dritten Plattform und möglichst auch mit ihrer Branche auskennen. Hören Sie stärker auf ihren CIO und sein Team, denn diese Mitarbeiter kennen sich mit beidem aus. Entwickeln Sie eine Innovationsstrategie für ihr Unternehmen.
#5: Externe Datenquellen (data pipelines) werden extrem wichtig
Sourcecode ist der Motor, Daten der Treibstoff der neuen digitalen Ökonomie, denn Innovation = Code + Daten. Diese ermüdend oft gehörte Weisheit ist trotzdem wahr. Bis 2018 werden alle Unternehmen (100 Prozent) externe Daten einkaufen. 70 Prozent der Konzerne machen das schon heute. Die Innovativsten unter ihnen werden ganz massiv externe Daten in die eigenen Dienstleistungen integrieren, und dadurch den Mehrwert für den Kunden steigern.
Die zurzeit grössten Cloud-Plattform-Anbieter Microsoft, Google, AWS, Oracle und SAP werden ihre "Data Stores" und ihre "App Stores" sehr schnell erweitern. Bis 2018 werden zwei Drittel der Top-SaaS-Anbieter "Data Feeds" als zusätzlichen Service anbieten. Laut IDC kommen nützliche Daten aus den Bereichen Marketing, Verkauf, soziale Netzwerke, Wetterprognose, Marktentwicklung, Finanzen, News, location-based Data, Verkehr/Logistik, IoT/Sensordaten. Der Datenschutz, also die Sicherheit personenbezogener Daten, kommt dadurch unter Druck.
Handlungsempfehlung: Unternehmen müssen sich überlegen, welche externen Datenquellen für sie nützlich und sinnvoll sind. Die dritte Plattform dient dazu, auf diese externen Daten zuzugreifen. Ein Chief Data Officer kann dabei helfen, die internen Daten im eigenen Unternehmen besser zu kontrollieren und nutzen. Haben Sie dabei ein wachsames Auge auf Compliance-Aspekte und Regularien des Gesetzgebers.
#6: 22 Milliarden IoT-Geräte und 200'000 neue IoT-Services bis 2018
Zurzeit entdecken Unternehmen die Opportunitäten des Internet der Dinge (IoT). Über die nächsten drei Jahre werden sie das IoT erobern. Die stärkere Verbreitung der dritten Plattform und ihrer Technologien wird Software-Programmierer in den nächsten drei Jahren dazu inspirieren, hunderttausende neuer Killer Apps und Killer Services zu entwickeln. Im letzten Jahr hat IDC IoT-Einführungsangebote von wichtigen Marktspielern wie Amazon, IBM, Microsoft, Oracle und SAP vorhergesagt. Das ist grösstenteils passiert. Für App-Entwickler beginnt jetzt der Spass.
Bis 2020 wird es mehr als 250'000 neue IoT-Apps und -Services geben. Bis 2018 werden aber auch zwei Drittel aller IT-Netzwerke Sicherheitsprobleme bekommen, die auf das Internet der Dinge zurückzuführen sind.
Handlungsempfehlungen: Schauen Sie sich jedes neue (mobile) Device an und stellen Sie sich die Frage: Wie können wir dieses Gerät nutzen, um zusätzlichen Mehrwert für unsere Kunden zu generieren und uns stärker von der Konkurrenz abzusetzen. IT-Anbieter sollten IoT-optimierte Dienstleistungen in ihr Angebot aufnehmen.
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#7: Cognitive Computing hält Einzug in Business-Applikationen
Bis 2018 werden die Hälfte aller Entwickler-Teams Cognitive Computing und kognitive Dienste (künstliche Intelligenz, Machine Learning) in ihre Applikationen integrieren. Heute machen das lediglich 1 Prozent. Cognitive Computing (CC) wird heute noch unterschätzt. Über die nächsten zwei Jahre könnte sich das ändern. Die Bedienung der Systeme wird sich durch Spracherkennung und andere Techniken deutlich vereinfachen.
Nützliche Anwendungsgebiete für Cognitive Computing sieht IDC in der medizinischen Diagnose und Therapie, in der Verbrechensbekämpfung, der Risikoanalyse und -beratung der Finanzhäuser, bei automatisierten "Customer Service Agents". 2020 werde es Dienstleistungen geben, die Cognitive Computing mit Robotics, smarten Fahrzeugen, IoT und Mikroanalysen kombinieren.
Für CC-Anbieter wie IBM, Microsoft oder SAP entscheiden die Jahre 2016 bis 2018 über Erfolg oder Misserfolg. Sie sollten in den nächsten zwei Jahren eine starke Positionierung am Markt anstreben.
Handlungsempfehlung: Suchen Sie ihren PaaS-Provider danach aus, wie gut er "Cognitive Computing" und "Machine Learning" unterstützt.
#8: Industrielle Cloud-Plattformen
Bis 2018 wird die Anzahl industrieller Cloud-Plattformen von heute 100 auf 500 ansteigen. Über 90 Prozent wird auf den Mega-Cloud-Marktplätzen (PaaS) der Markthirsche AWS, Google, IBM, Microsoft und Salesforce.com aufsetzen. Industrielle Cloud-Plattformen werden zur bevorzugten Markteinstiegsstrategie neuer Technologieanbieter und Industrieunternehmen.
#9: Bis 2018 sprechen Unternehmen 1000x bis 10'000x mehr Kunden an
Neue Technologien wie CRM kombiniert mit Analytics/Machine Learning, Mobile und Cloud gestatten eine weitgehend automatisierte, gleichwohl individuelle, auf den jeweiligen Kunden und seine Bedürfnisse zugeschnittene Ansprache.
Handlungsempfehlung: Die Kundenansprache im Zeitalter der digitalen Transformation gehört zu den komplexesten Themen von Unternehmen. Sie erfordert in der Regel weitreichende kulturelle und organisatorische Veränderungen.
#10: Überdenken Sie ihr Partner- und Zulieferer-Netzwerk
Bis 2020 gibt es mehr als ein Drittel aller IT-Anbieter/Dienstleister nicht mehr oder nicht mehr in der heutigen Form. Der PaaS-Markt (Platform as a Service) wird sich stark konsolidieren. Sechs oder sogar weniger PaaS-Anbieter teilen 75 bis 80 Prozent des Gesamtmarktes unter sich auf.
Die Industrie-Cloud-Anbieter (siehe #8) werden sich vervier- bis verfünffachen.
Chinesische Wettbewerber drängen auf den Cloud-Infrastruktur-Markt (IaaS). Sie profitieren von geringen Margen, aber wachsender Nachfrage.
Heute begeistert gefeierte Märkte wie IoT und Wearables konsolidieren sich. Bis 2020 sind die Hälfte der heutigen Anbieter verschwunden.
In technologisch noch nicht ausgereiften Märkten, wie dem 3D-Druck, werden neue Firmen den Markt beherrschen, die heute noch kaum jemand kennt. 2020 geben im 3D-Druck vier, fünf Firmen den Ton an, die heute noch gar nicht existieren.
Passen Sie auf: DX-Startups kommen in jeder Branche viel schneller auf den Markt als bislang. Sie sind für ihr Unternehmen in Zukunft wichtiger als Partner, Zulieferer und Konkurrenten.
Handlungsempfehlung: Verfolgen Sie eine Multi-Source- und Open-Sourcing-Strategie, auch um dem Vendor Lockin vorzubeugen. Investieren Sie in ihr Vendor- und Partner-Management, um im Ernstfall schneller auf alternative Strategien umschalten zu können.