IDC
14.03.2012, 10:30 Uhr
Client-Virtualisierung wird in der Schweiz salonfähig
Das Interesse der Schweizer Unternehmen an Client-Virtualisierung hat zugenommen, denn die Technologie verspricht niedrige Betriebskosten und mehr Kontrolle. IDC hat in einer neuen Studie den aktuellen Status, die Trends und die zu erwartenden Entwicklungen untersucht.
Die Marktforscher von IDC haben insgesamt 146 Schweizer Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitenden aus zehn verschiedenen Branchen sowie der Öffentlichen Hand befragt. Dabei hat sich gezeigt, dass die Virtualisierung im Serverumfeld bei den meisten Unternehmen bereits abgeschlossen respektive Standard ist. Auch in den Bereichen Storage und Netzwerk ist die Virtualisierung bereits in vollem Gang.
Im Vergleich dazu hat sich Virtual Client Computing (VCC) – worunter IDC alle Technologien versteht, die zur Virtualisierung auf der Enduser-Seite beitragen – noch nicht flächendeckend durchgesetzt. Die Analysten beobachten in diesem Marktsegment derzeit aber viel Bewegung und sind davon überzeugt, dass VCC in den nächsten 12 bis 24 Monaten deutlich zunehmen wird. Zum einen ist der Nachholbedarf nach Modernisierung im Bereich Client-Infrastruktur gross und die IT-Entscheider denken verstärkt über Alternativen zum traditionellen PC nach. Zum anderen stehen die Unternehmen, dank positiver Erfahrungen im Serverumfeld, neuen Virtualisierungs-technologien offener gegenüber. Aufgrund der Komplexität und der Vielfalt der Angebote ist der Bedarf an Aufklärung über die Technologien und deren Nutzen allerdings noch hoch.
Lesen Sie auf der nächsten Seite: Nachfrage noch verhalten
Nachfrage noch verhalten
In Schweizer Unternehmen ist VCC derzeit nicht so weit verbreitet wie in anderen europäischen Staaten: Ein Grossteil der Befragten misst anderen Projekte noch eine höhere Priorität zu oder sieht keinen grossen Nutzen. Trotzdem planen 30 Prozent, für 2012 ihr Budget für Client-Virtualisierung zwischen 10 und 25 Prozent zu erhöhen, 11 Prozent sogar bis zu 50 Prozent. 17 Prozent wollen heuer erstmals in VCC investieren. Zudem hat sich gezeigt, dass die Anwender unter Client-Virtualisierung nicht unbedingt das Gleiche verstehen wie die Hersteller, da es keine einheitlichen Begriffe und Standards gibt.
Am häufigsten ist derzeit die Applikations-Virtualisierung – das Bereitstellen von Anwendungen, losgelöst vom darunter liegenden Betriebssystem (vgl. Grafik 1). 33 Prozent setzen Applikations-Virtualisierung in der Variante «Übertragung aus einem Rechenzentrum» ein, 28 Prozent betreiben sie lokal auf einem Desktop. 27 Prozent setzen auf Desktop-Virtualisierung, bei der mithilfe eines Hypervisors die Client-Umgebung von der Host-Hardware losgelöst wird. Dabei wird zwischen Virtual Desktop Infrastructure (VDI) und Distributed Virtual Desktop (DVD) unterschieden.
Letztere Variante nutzen derzeit 11 Prozent der Befragten. Virtual User Session und User-Virtualisierung sind mit 23 und 18 Prozent bis dato am wenigsten verbreitet. Bei der Virtual User Session, die der klassischen VDI sehr ähnelt, handelt es sich um eine zentrale IT-Bereitstellung, die für Terminal-Server-Infrastrukturen genutzt wird. Im Gegensatz zu VDI ist weder ein Hypervisor nötig noch für jeden Nutzer ein eigenes Betriebssystem, ein einziges genügt für alle. Die Leistungsfähigkeit der Virtual User Session ist jedoch begrenzt. Die User-Virtualisierung schliesslich entkoppelt die Enduser-Daten und Anwendungen vom darunter liegenden Betriebssystem.
Lesen Sie auf der nächsten Seite: Je grösser, je mehr
Je grösser, je mehr
Grundsätzlich scheint Client-Virtualisierung vornehmlich für grosse Firmen interessant zu sein (vgl. Grafik 2). So nimmt die Verbreitung von Desktop- und Applikations-Virtualisierung mit zunehmender Mitarbeiterzahl zu. 57 Prozent der Unternehmen mit über 5000 Beschäftigten setzen VDI oder DVD ein, während es bei den Firmen mit 100 bis 200 Mitarbeitenden nur 33 Prozent sind. Noch deutlicher wird der Unterschied beim Einsatz von Applikations-Virtualisierung. Diese wird von 95 Prozent der grossen, aber nur 39 Prozent der kleineren Unternehmen genutzt.
Weiter konnte in der Studie festgestellt werden, dass der Einsatz von Applikations-Virtualisierung von der Anzahl der PC-Arbeitsplätze abhängt. So nutzen Firmen mit weniger als 49 Arbeitsplätzen zu 50 Prozent Applikations-Virtualisierung, bei jenen mit 300 bis 399 PC-Arbeitsplätzen sind es nur 13 Prozent. Der Anteil steigt bei Unternehmen mit über 1000 Arbeitsplätzen allerdings wieder auf 42 Prozent an.
Lesen Sie auf der nächsten Seite: Mobilität als Triebfeder
Mobilität als Triebfeder
Bei der Frage nach den Endgeräten, die für die Virtualisierung genutzt werden, liegen Notebooks (65%) und Desktops (61%) deutlich vorn. Aber auch das Interesse an Thin Clients wächst: 43 Prozent der Befragten setzen diese bereits ein, 26 Prozent planen den Einsatz. Auch das Thema Mobilität gewinnt an Bedeutung: 28 Prozent der Unternehmen wollen Smartphones, 18 Prozent mobile Thin Clients einsetzen. Die Auguren von IDC gehen davon aus, dass mobile Lösungen immer stärker die Firmen infiltrieren, da sie die Produktivität und Effizienz doch erheblich steigern. Für die Wartung und Verwaltung der mobilen Endgeräte und deren Integration in die Unternehmensinfrastruktur bietet sich ein zentralisierter Ansatz auch mithilfe von Virtualisierungstechnologien an.
Hemmschwellen
Die Hürden für den Einsatz von Client-Virtualisierung sind nicht allzu hoch, die Bedeutung der Hemmfaktoren im Schnitt nicht übermässig stark – auch das hat die Studie ergeben. Bewertet wurden die Hinderungsgründe anhand einer Skala von 5 (sehr wichtig) bis 1 (unwichtig). An erster Stelle mit einem Wert von 3,7 steht die mangelnde Unterstützung geschäftskritischer Ressourcen. Für Schweizer Firmen sind derzeit also solche IT-Projekte interessant und umsetzbar, die das Geschäft direkt verbessern.
Als weitere Hemmfaktoren wurden nicht zu erbringende Kosteneinsparungen, zu hohe Lizenzkosten (je 3,6) sowie unpassende, komplizierte Lizenzmodelle und die aktuelle Budgetsituation (je 3,5) genannt. Budgetäre Faktoren werden also stärker gewichtet als funktionale und operationale. Weitere Gründe, die in den Augen der Befragten gegen Client-Virtualisierung sprechen, sind steigende Storage-Kosten, fehlendes IT-Personal für die Umsetzung sowie eine zu geringe Leistungsfähigkeit oder fehlende Nutzerakzeptanz. Laut IDC werden interne Widerstände, wie die Befürchtung, weniger leistungsfähigere Rechner zu bekommen oder die Angst der IT-Mitarbeiter vor Arbeitsplatzverlust, im Vorfeld von Projekten oft unterschätzt. Sicherheitsbedenken sind mit einem Wert von 3,1 eher im Mittelfeld angesiedelt, spielen bei den Hemmschwellen also eine untergeordnete Rolle.
Lesen Sie auf der nächsten Seite: Die Motivation für Client-Virtualisierung
Antriebsfaktoren
Wahl der Anbieter
Die Hauptkriterien für die Auswahl von VCC-Anbietern sind laut Studienergebnissen die Kompatibilität der Lösungen mit der bestehenden IT-Landschaft, die Zukunftssicherheit der Technologie sowie deren Benutzerfreundlichkeit, Leistungsfähigkeit und der Preis. Eine überwiegende Mehrheit der Befragten ist mit ihren Anbietern zufrieden oder sogar sehr zufrieden.
Wer sich zu einer Client-Virtualisierung entschliesst, sollte seine Infrastruktur möglichst vorher konsolidieren und standardisieren, Kundenreferenzen einholen, die Ziele festlegen und vor allem den eigenen Aufwand nicht unterschätzen. Mit einem sorgfältig ausgewählten, kompetenten Partner und einer ausreichenden Testphase sind Sie bestens vorbereitet.
IDC-Studie: VCC in der Schweiz
Virtualized Client Computing: Anwenderpräferenzen und Trends in der Schweiz 2011/2012. Interessierten Anwenderunternehmen steht kostenfrei eine Studienzusammenfassung zur Verfügung: